Aufgepasst bei Zusage von Sonderzahlungen

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Sonderzahlungen, die zum Teil auch als Gegenleistung für bereits erbrachte Arbeitsleistung gezahlt werden, können nicht mit einer Stichtagsklausel versehen werden. So entschied das Bundesarbeitsgericht mit dem Urteil vom 13.11.2013 (Az.: 10 AZR 848/12).

Gestritten wurde über eine Sonderzahlung aus dem Jahr 2010. Der Kläger war beim Beklagten als Controller beschäftigt. Am 30.09.2010 erhielten die Mitarbeiter wie jedes Jahr ein Schreiben mit der Ankündigung und den Richtlinien einer Sonderzahlung. Diese Richtlinien stellen AGB des Arbeitgebers dar. Die Gratifikation sollte „als Dank“ für den bisherigen persönlichen Einsatz und „als ein Stück Motivation für eine weiterhin loyale und wirkungsvolle Zusammenarbeit“ gezahlt werden. Zur Auszahlung im November sollte es nur kommen, wenn am 31.12.2010 ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis besteht.

Das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers endete jedoch bereits am 30.09.2010 durch Kündigung. Dieser war der Auffassung, dass auch er einen anteiligen Anspruch auf die Zahlung habe.

Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main (Urteil vom 6.7.2011, Az.: 2 Ca 7935/10) und das Hessische Landesarbeitsgericht (Urteil vom 19.04.2010, Az.: 7 Sa 1232/11) gaben dem Anspruch nicht statt.

Denn Prämie ist nicht gleich Prämie

Arbeitgeber gewähren häufig zusätzlich zum normalen Entgelt Sonderzahlungen, zum Beispiel in Form von Prämien, Weihnachts- oder Urlaubsgeldern. Mit dieser zusätzlichen Bezahlung werden verschiedene Zwecke verfolgt. Werden bereits erbrachte Arbeitsleistungen honoriert, so ist diese Zusatzzahlung rechtlich Teil der normalen Vergütung. Zudem können Mitarbeiter auch für ihre Unternehmenstreue belohnt werden. Hierbei wird nur nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit differenziert und tatsächliche Arbeitsleistung nicht vorausgesetzt.

Werden diese beiden Zwecke, wie auch im vorliegenden Fall, miteinander kombiniert, so spricht man von Sonderzahlungen mit „Mischcharakter“.

Langfristige Zahlungsverpflichtungen

Ein Anspruch auf eine Sonderzahlung kann sich aus Betriebsvereinbarung, Gesamtzusage oder betrieblicher Übung ergeben.

Ein Anspruch aus betrieblicher Übung entsteht durch wiederholtes gleiches Verhalten des Arbeitsgebers. Zahlt der Arbeitgeber zum Beispiel drei Jahre hintereinander vorbehaltlos Weihnachtsgeld an seine Arbeitnehmer, so haben diese auch in Zukunft einen Anspruch auf das Weihnachtsgeld.

Gibt ein Arbeitgeber, wie auch in dem kürzlich entschiedenen Fall, einseitig bekannt, er gewähre jedem Arbeitnehmer eine bestimmte Leistung, der die von ihm festgelegten Voraussetzungen erfüllt, so liegt eine Gesamtzusage vor.

Jeder Arbeitnehmer, der diese Voraussetzungen erfüllt, erwirbt einen einzelvertraglichen Anspruch auf diese Leistung. Eine gesonderte Annahme des Arbeitnehmers ist nicht nötig (§ 151 S. 1 BGB).

Nicht nur Nachteile für den Arbeitgeber

Der Arbeitgeber kann solche Ansprüche jedoch auch beschränken oder gar nicht erst zur Entstehung kommen lassen.

Durch einen Freiwilligkeitsvorbehalt kann der Arbeitgeber verhindern, dass Ansprüche auf zukünftige Zahlungen entstehen. Wichtig ist, dass dieser ausdrücklich und nicht mehrdeutig formuliert ist und klar wird, dass eine einmalige Zahlung vorliegt und eine hinausgehende Bindung für die Zukunft nicht gewollt ist.

Auch ein Widerrufsvorbehalt kann eine Möglichkeit der Einschränkung seitens des Arbeitsgebers darstellen. Eine Kombination von Freiwilligkeits- und Widerrufsvorbehalt jedoch stellt einen Verstoß gegen das Transparenzgebot dar und führt zu einer Unwirksamkeit dieser.

Aber nicht alle!

Stichtagsklauseln können einzelne Arbeitnehmer von den Ansprüchen ausschließen. Eine Zahlung scheidet dann aus, wenn der Arbeitnehmer zum vorgegebenen Stichtag nicht mehr im Unternehmen tätig ist oder bereits ein gekündigtes Arbeitsverhältnis vorliegt.

Schon vor zwei Jahren hat das BAG entschieden, dass bei Sonderzahlungen mit Mischcharakter, Stichtagsregelungen unzulässig sind (Urteil vom 18.01.2012, Az.: 10 AZR 612/10).

Auch im vorliegenden Fall stärkte das BAG die Rechte der Arbeitnehmer. Bei Sonderzahlungen mit Mischcharakter führen in AGB enthaltene Stichtagsklauseln zu einer unangemessenen Benachteiligung der Arbeitnehmer. Solche Klauseln sind gem. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam. Dies gilt auch dann, wenn der besagte Stichtag in dem Jahr liegt, in dem die Gratifikation gezahlt werden soll.

Eine solche Regelung entzieht dem Arbeitnehmer einen Anteil seines bereits erarbeiteten Lohns und stellt damit einen Widerspruch zum Grundgedanken von § 611 Abs. 1 BGB dar, dem Austauschcharakter des Arbeitsverhältnisses.

Die Richter entschieden zugunsten des Klägers und verurteilten den Beklagten zur Zahlung der anteiligen Gratifikation.

Fazit

Für Arbeitgeber wird es immer schwerer ihren Arbeitnehmern „freiwillige“ Leistungen zu zahlen, ohne langjährige Bindungen einzugehen. Oft kommt es auf besonders präzise Formulierungen an.

In diesem Zusammenhang kann Sie ihr spezialisierter Anwalt umfassend beraten.

(BAG 10 AZR 848/12; BAG 10 AZR 612/10)


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