Aufhebungsvertrag und dessen Anfechtung

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Der Aufhebungsvertrag löst das Arbeitsverhältnis im gegenseitigen Einvernehmen der Vertragsparteien zu bestimmten Konditionen auf.

Aber kann der Aufhebungsvertrag nach der Unterzeichnung wieder rückgängig gemacht werden, wenn z. B. der Arbeitnehmer seine Entscheidung zur Vertragsauflösung später bereut? Der folgende Rechtstipp befasst sich mit der Rückabwicklung eines geschlossenen Aufhebungsvertrages, bzw. mit den erforderlichen Voraussetzungen.

I. Grundsätze zum Aufhebungsvertrag?

Der Aufhebungsvertrag dient den Vertragsparteien zur einvernehmlichen Auflösung des zwischen ihnen bestehenden Arbeitsverhältnisses. Der Aufhebungsvertrag muss schriftlich geschlossen werden, sonst ist die Vereinbarung der Parteien unwirksam, § 623 BGB. Der Aufhebungsvertrag unterscheidet sich von der Kündigung maßgeblich durch die Einvernehmlichkeit der Beendigung des Vertrages. Die Kündigung ist im Gegensatz zum Aufhebungsvertrag ein einseitiges empfangsbedürftiges Rechtsgeschäft, welche zu ihrer Wirksamkeit die Schriftform und den Zugang beim Arbeitnehmer erfordert. Nicht selten ist die Motivation des Arbeitnehmers zur Unterzeichnung eines Aufhebungsvertrages die Vereinbarung zur Zahlung einer Abfindung durch den Arbeitgeber bei Vertragsschluss. 

II. Die Rückabwicklung des Aufhebungsvertrages

Die Unterzeichnung des Aufhebungsvertrages führt dazu, dass der Arbeitnehmer bestehende Rechte aus dem Arbeitsvertrag aufgibt. Der Aufhebungsvertrag kann allerdings erhebliche Nachteile für den Arbeitnehmer mit sich bringen, derer sich viele Arbeitnehmer bei Unterzeichnung des Aufhebungsvertrages nicht bewusst sind. Ist der Aufhebungsvertrag erst einmal unterzeichnet und will sich der Arbeitnehmer von dem Aufhebungsvertrag lösen, stellt sich immer die Frage nach der Möglichkeit seine Entscheidung zu revidieren.

Zu prüfende Möglichkeiten um gegen einen Aufhebungsvertrag dann "vorzugehen" sind der Rücktritt, der Widerruf und die Anfechtung.

Es ist allerdings schwierig, sich von einem einmal geschlossenen Aufhebungsvertrag wieder zu lösen, so dass die einvernehmlich vereinbarten Beendigungsbedingungen keine Wirksamkeit entfalten.

Es müssen ganz besondere Umstände vorliegen, um eine Lösung rechtlich zu begründen.

1. Der Rücktritt

Der Rücktritt ist dann möglich, wenn der Aufhebungsvertrag selbst einen solchen vorsieht oder aber ein einschlägiger Tarifvertrag einen solchen Rücktritt ermöglicht. Ein allgemeines Rücktrittsrecht bei Aufhebungsverträgen besteht nicht.

Ein Rücktritt kommt auch dann in Betracht, wenn der Arbeitgeber seinen Pflichten aus dem Aufhebungsvertrag nicht nachkommt, z. B. wenn eine vereinbarte Abfindung nicht fristgerecht oder trotz Zahlungsaufforderung durch den Arbeitnehmer nicht zur Zahlung gelangt. der Arbeitnehmer kann dann vom Aufhebungsvertrag zurücktreten, denn die Einwilligung zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist oft von dem Arbeitnehmer gerade wegen der angebotenen Abfindung erfolgt. Dies gilt hingegen nicht, wenn der Arbeitgeber zahlungsunfähig ist, weil er evtl. die Insolvenz angemeldet hat (BAG Urteil vom 10.11.2011, 6 AZR 357/10). Der Arbeitgeber darf nämlich bei einer Insolvenz über sein Vermögen nicht mehr selber über dieses verfügen.

Auch der Wiedereinstellungsanspruch nach Rücktritt vom Aufhebungsvertrag kommt nur außerhalb einer Insolvenz in Betracht (BAG, Urteil vom 10.11.2011, 6 AZR 357/10).

Ein Rücktrittsrecht bestehen auch, wenn der Arbeitnehmer wegen einer angeblichen Betriebsschließung den Aufhebungsvertrag geschlossen hat, es aber zu der Betriebsschließung gar nicht kommt. Es kann daher oft sinnvoll sein, den Grund und die Motivation für die Vereinbarung eines Aufhebungsvertrages in selbigen aufzunehmen.

2. Der Widerruf

Aus einem auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifvertrag kann ein Widerrufsrecht bestehen, denn ein allgemeines Widerrufsrecht, wie es oft fehlerhaft zu lesen ist, existiert nicht. Insbesondere ist § 312g BGB nicht anwendbar, der Verbrauchern bei Haustürgeschäften und einer Überrumpelung ein Widerrufsrecht zubilligt (BAG, Urteil vom 27.11.2003, 2 AZR 177/03).

3. Die Anfechtung

Unter bestimmten Voraussetzungen kann aber die Anfechtung des Aufhebungsvertrages erfolgen.

So, wenn eine Partei bei Abschluss des Vertrages einem Irrtum unterlag, § 119 BGB, oder zu dem Vertrag durch widerrechtliche Drohung oder arglistige Täuschung gedrängt wurde, § 123 Abs. 1 BGB. Ist die Anfechtung wirksam, ist die Rechtsfolge die Unwirksamkeit des Aufhebungsvertrages und damit muss der Arbeitnehmer zu unveränderten Bedingungen weiter beschäftigt werden.

Für eine wirksame Irrtumsanfechtung nach § 119 Abs. 1 BGB muss die anfechtende Vertragspartei über den Inhalt ihrer Erklärung im Irrtum gewesen sein oder aber sie wollte eine Erklärung des besagten Inhalts gar nicht abgeben. Oder eine Vertragspartei kann nach § 119 Abs. 2 BGB anfechten, weil sie sich über eine wesentliche Eigenschaft der Person oder der Sache geirrt hat, die aber Gegenstand des anzufechtenden Aufhebungsvertrages ist. So z. B., wenn dem Arbeitnehmer überhaupt nicht bewusst ist, dass er einen Aufhebungsvertrag unterschreibt.

Die Irrtumsanfechtung ist selten berechtigt und führt daher auch nur selten zum gewünschten erfolg, nämlich der Unwirksamkeit des Aufhebungsvertrages.

Auch die Anfechtung wegen widerrechtlicher Drohung durch den Arbeitgeber ist denkbar. Oft drohen Arbeitgeber mit der Kündigung, sollte der Aufhebungsvertrag von dem Arbeitnehmer nicht unterschrieben werden. Im Rahmen der Anfechtung ist dann zu prüfen, ob die Drohung nicht widerrechtlich erfolgte, so wenn die angedrohte Kündigung von einem verständigen Arbeitgeber nicht ernsthaft in Erwägung gezogen worden wäre. Allein die Androhung einer Kündigung, macht diese allerdings nicht per se widerrechtlich. Hier ist genau zu prüfen, ob die angedrohte Kündigung nicht rechtlich möglich gewesen wäre. Nach der Rechtsprechung darf der Arbeitgeber daher mit einer zulässigen Kündigung drohen, sofern das Arbeitsverhältnis nicht durch Aufhebungsvertrag aufgelöst wird (LAG Hessen, Urteil v. 22.3.2010, 17 Sa 1303/09).

Auch eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber kommt in Betracht, und zwar wenn beim Arbeitnehmer absichtlich durch den Arbeitgeber ein Irrtum hervorgerufen wird.

Die Anfechtung bedarf stets einer schnellen Prüfung und der Erklärung der Anfechtung, denn nach § 121 BGB muss die Anfechtung wegen Irrtums unverzüglich, d. h. ohne schuldhaftes Zögern – in der Regel innerhalb von 3–4 Tagen erfolgen. Die Anfechtung wegen Täuschung oder Drohung kann nach § 124 BGB innerhalb eines Jahres erfolgen. Maßgeblich für den Beginn der Anfechtungsfristen ist stets die Kenntnis vom Anfechtungsgrund.

4. Aufklärungspflichten

Verletzt der Arbeitgeber seine Aufklärungspflichten, so führt dies nicht zur Unwirksamkeit des von den Parteien geschlossenen Aufhebungsvertrages, denn die Parteien sind gehalten Ihre Rechte selber zu beachten. Eine Aufklärung über die sozialrechtlichen und finanziellen Folgen des Abschlusses eines Aufhebungsvertrages hat der Arbeitgeber nicht zu leisten. Aber der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmer immer über seine Meldepflicht bei der Agentur für Arbeit zu informieren, wie § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SGB III bestimmt. Denn wenn der Arbeitnehmer dieser in § 38 Abs. 1 SGB III bestimmten Pflicht nicht nachkommt, droht ihm eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld.

Wichtig ist zu wissen:

Der Aufhebungsvertrag bewirkt in der Regel eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld für den Arbeitnehmer. Er wird nämlich i. d. R. wie eine Arbeitnehmerkündigung behandelt.

Wir sind Ihnen sowohl bei der Gestaltung von Aufhebungsverträgen als auch bei deren Prüfung gerne behilflich.


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