Aufhebungsvertrag: wirksam nach durchzechter Nacht?

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Der Aufhebungsvertrag ist nach der Kündigung in der Praxis die häufigste Art, ein Arbeitsverhältnis zu beenden. Dabei ist der Aufhebungsvertrag grundsätzlich ein zivilrechtlicher Vertrag wie jeder andere. Er kann also unter Umständen auch nichtig oder anfechtbar sein.

Mit der Frage, ob ein Aufhebungsvertrag nach einer durchzechten Nacht wirksam geschlossen werden kann, hat sich das Bundesarbeitsgericht befasst (BAG, Urteil vom 14.02.1996 – 2 AZR 234/95).

Aufhebungsvertrag: Voraussetzungen und Folgen 

Beim Aufhebungsvertrag handelt es sich um einen Vertrag zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber, der ein bestehendes Arbeitsverhältnis beenden soll. Anders als bei einer Arbeitgeberkündigung ist bei einem Aufhebungsvertrag die Mitwirkung und Zustimmung des Arbeitnehmers notwendig.

Nach § 623 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) muss ein Aufhebungsvertrag schriftlich geschlossen werden. Grundsätzlich lässt sich ein Aufhebungsvertrag nachträglich nicht mehr widerrufen und eine „Aufhebung“ des Aufhebungsvertrages ist nur unter bestimmten engen Voraussetzungen möglich, z. B. bei einer Anfechtung wegen Irrtum oder arglistiger Täuschung.

Der Fall: Aufhebung nach durchzechter Nacht

Im Fall vor dem BAG war der Arbeitnehmer alkoholkrank. Sein Arbeitgeber fand heraus, dass er zwei Jahre zuvor gefälschte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vorgelegt hatte. Daraufhin suchten der Leiter des Personalamts des Arbeitgeberunternehmens und zwei weitere Mitarbeiter den Arbeitnehmer in seiner Wohnung auf. Ziel war es, ihm die Aufhebung seines Arbeitsvertrages anzubieten, statt ihm zu kündigen. Nachdem sie den Arbeitnehmer auf seine Verfehlungen aufmerksam gemacht hatten, unterschrieb er einen vom Arbeitgeberunternehmen vorbereiteten Aufhebungsvertrag.

Im Nachgang war der Arbeitnehmer jedoch der Meinung, der geschlossene Aufhebungsvertrag sei unwirksam, und erhob Klage vor dem Arbeitsgericht.

Der Arbeitnehmer argumentierte, dass er in der Nacht vor Unterschrift des Aufhebungsvertrages große Mengen Alkohol getrunken habe. Aus diesem Grund sei er zum Zeitpunkt der Unterschrift des Aufhebungsvertrages noch alkoholisiert gewesen. Dadurch lag seiner Auffassung nach bei ihm ein Zustand der Bewusstlosigkeit i.S.v. § 105 Abs. 2 BGB vor. Der Aufhebungsvertrag sei deswegen unwirksam, der Arbeitsvertrag würde weiterhin fortbestehen. 

Der Arbeitnehmer war außerdem der Auffassung, dass seinen Arbeitgeber ihm gegenüber eine besondere Fürsorgepflicht treffen würde: Schließlich sei ihm seine Alkoholkrankheit bekannt gewesen und er hätte ihm keine Bedenkzeit eingeräumt. Nicht zuletzt habe der Arbeitgeber ihn nicht auf die nachteiligen Folgen eines Aufhebungsvertrages hingewiesen.

Bundesarbeitsgericht: wirksamer Aufhebungsvertrag

Das Arbeitsgericht wies die Klage des Arbeitnehmers ab und auch das Landesarbeitsgericht entschied zugunsten des Arbeitgebers. Daraufhin legte der Arbeitnehmer Revision zum BAG ein.

Auch das BAG gab letztlich dem Arbeitgeberunternehmen Recht. Die Richter führten an, dass der Aufhebungsvertrag nicht an einer fehlenden Bedenkzeit für den Arbeitnehmer scheitern würde. Insbesondere befinde sich ein Arbeitnehmer gegenüber seinem Arbeitgeber bei Abschluss eines Aufhebungsvertrages nicht in einer strukturell unterlegenen Verhandlungsposition. Der Arbeitnehmer sei nicht verpflichtet, einen Aufhebungsvertrag zu schließen, und könne das „Ob“, das „Wie“ und „Wann“ der Vertragsbeendigung mitbestimmen.  

Auch gingen die Richter nicht davon aus, dass der klagende Arbeitnehmer bei der Unterzeichnung des Aufhebungsvertrages bewusstlos i.S.d. § 105 Abs. 2 BGB gewesen war. Denn das setzt voraus, dass eine Willensbildung völlig ausgeschlossen ist. Eine bloße Abschwächung oder Minderung reiche dabei nicht aus, so die Richter.

Und auch die fehlende Aufklärung des Arbeitgebers über die negativen Folgen des Vertrages (Einschränkungen beim ALG I) reiche nicht für eine Unwirksamkeit bzw. Anfechtbarkeit des Aufhebungsvertrages aus. Die fehlende Aufklärung würde allenfalls Schadensersatzansprüche auslösen.

Anforderungen an Unwirksamkeit / Anfechtbarkeit hoch 

Die Entscheidung des BAG macht deutlich, dass die nachträgliche Loslösung von einem Aufhebungsvertrag schwierig ist. Die rechtlichen Anforderungen sind an dieser Stelle hoch.

Wer darüber nachdenkt, einen Aufhebungsvertrag zu unterzeichnen, sollte daher vorher sehr genau überlegen, ob und unter welchen Voraussetzungen er das tut, und einen Aufhebungsvertrag ggfs. auch anwaltlich prüfen lassen.

Möchten Sie mit Ihrem Arbeitgeber einen Aufhebungsvertrag abschließen? Ich unterstütze Sie gerne! Sie erreichen mich telefonisch oder über das anwalt.de-Kontaktformular.


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