Augen auf in der Bauphase!

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Immer wieder geht es in der Rechtsprechung um Nachtragsansprüche des Auftragnehmers oder der Abwehr von Mängelansprüchen gegenüber dem Auftraggeber. 

Hier lassen sich wieder interessante Fälle finden, die nachfolgend besprochen werden.

Der 1. Fall betrifft die Nachtragsbeauftragung, der vor dem OLG Dresden im Jahr 2018 anhängig war. Dort ging es darum, dass ein Generalunternehmer mit seinem Nachunternehmer über Änderungen der vertraglichen Leistungen während der Ausführungsphase streitet.

Hier sollte ein Nachunternehmer immer größte Sorgfalt walten lassen, da Änderungen des vertraglichen Leistungssolls in der Ausführungsphase unbedingt schriftlich dokumentiert werden sollten, da sich nach Beendigung des Bauvorhabens keiner mehr daran erinnern kann bzw. will.

Hier muss der Auftragnehmer auf jeden Fall von sich aus tätig werden, um seine Vergütungsansprüche zu sichern. Dies wird leider in der Baupraxis oftmals versäumt. Vielmehr vertrauen viele Auftragnehmer immer noch auf das Wort der Gegenseite und solche wesentlichen Änderungen werden nicht schriftlich festgehalten. Auch in diesem Fall ging es darum, dass sich der Nachunternehmer damit verteidigt, dass der Bauleiter des Generalunternehmers mündlich während der Ausführungsphase Leistungsänderungen angeordnet hat. Aus dem Nachunternehmerverhandlungsprotokoll ergibt sich zum Glück, dass der Bauleiter als Ansprechpartner für alle vertragsrelevanten Erklärung gilt. Dies findet man in den Verträgen aber recht selten. Der Generalunternehmer wendet klug ein, das zwar durchaus Gespräche zwischen seinem Bauleiter und dem Nachunternehmer auf der Baustelle stattgefunden haben, es jedoch zu keiner Anweisung zur Ausführung einer geänderten Leistung gegeben hat. Das OLG Dresden stellt fest, dass der Bauleiter des Generalunternehmers aufgrund des Nachunternehmerverhandlungsprotokolls bevollmächtigt ist, ein rechtsgeschäftliches Angebot zur Änderung des Vertrags abzugeben, also Nachträge zu beauftragen. Allerdings war es dem Nachunternehmer in diesem Rechtsstreit nicht gelungen, die behauptete Änderungsvereinbarung auch zu beweisen. Denn der Nachunternehmer hatte die Darlegungs- und Beweislast der Änderungsvereinbarung, wenn er hierfür Geld verlangt. Damit liegt die Darlegungs- und Beweislast allein bei ihm. Leider konnten Zeugen die Behauptung des Nachunternehmers nicht bestätigen. Ergebnis dieses Rechtsstreits war, dass der Nachunternehmer mit seinem Nachtragsanspruch vollständig unterlag und sogar im Gegenzug einen Kostenvorschuss von 190.000,00 € für die Beseitigung der vom Generalunternehmer beanstandeten Mängel leisten musste. Denn durch die Änderung des Bausolls, welches durch den Bauleiter des Generalunternehmers angeordnet wurde, kam es zu einer mangelhaften Leistung des Nachunternehmers, da die ausgeführte Leistung nicht der vereinbarten Leistung entsprach. Mithin muss dem Auftragnehmer bewusst sein, dass jede Leistungsänderung, die durch ihn nicht bewiesen werden kann, sofort zu einem Mangel führt, da es sich bei einer Leistungsänderung immer um eine Abweichung der ausgeführten von der vereinbarten Leistung handelt. Jede Abweichung der Ist-Beschaffenheit von der Soll-Beschaffenheit stellt nach dem Gesetz einen Mangel dar. Dies ist den meisten Auftragnehmer nicht bewusst. Einer solchen Leistungsänderung muss immer eine Leistungsanordnung des Auftraggebers vorausgehen. Diese Leistungsanordnung muss durch den Auftragnehmer bewiesen werden. Nur dann gibt es Geld.

Deshalb sollte der Auftragnehmer niemals eine Leistungsänderung aufgrund einer mündlichen Beauftragung akzeptieren. 

Der Auftragnehmer muss in der Baupraxis auf jeden Fall auf eine schriftliche Beauftragung bestehen. Alles andere kann zu einem finanziellen Fiasko führen, wie der Fall deutlich zeigt. Alle Auftragnehmer dürfen darüber Gewissheit haben, dass die Gerichte den Auftragnehmer auch helfen wollen. Nur können sich Gerichte bei bloßer Mündlichkeit einer Vereinbarung über die Zeugenaussagen hinwegsetzen. Er wäre es ein Einfaches gewesen, im Rahmen der Gespräche auf der Baustelle eine solche tatsächliche Leistungsanordnung und Übereinkunft schriftlich zu dokumentieren, sei es durch Protokollierung der Abrede, sei es durch Einzeichnung in die auf der Baustelle vorliegende Werkplanung. Dies wäre schon einmal ein Indiz gewesen. Jedoch halte ich dies für nicht ausreichend. Vielmehr sollte jeder Auftragnehmer hingehen und solche entscheidenden leistungsändernden Gespräche auf jeden Fall schriftlich dokumentieren und seinem Vertragspartner mitteilen und auch um eine dementsprechende Beauftragung bitten. Eine Kommunikation allein mit dem Bauleiter reicht nicht. Vielmehr muss der Vertragspartner informiert werden und auch entscheiden. Ohne eine solche Zustimmung des Auftraggebers zu einer Leistungsänderung, kann es überhaupt nicht zu einer Vertragsverletzung durch den Nachunternehmer kommen. Deshalb ist der Auftragnehmer auch nicht verpflichtet, die Leistungsänderung auszuführen. Vielmehr sollte jeder Auftragnehmer darauf hinweisen, dass er eine Leistungsänderung nur dann ausführen kann, wenn auch eine schriftliche Beauftragung hierfür vorliegt. Wenn der Auftraggeber diese Leistungsänderung schnell ausgeführt haben will, so obliegt es ihm, diese Leistungsänderung auch schnell zu beauftragen. Der Auftraggeber ist hier am Zug. Auf eine andere Verfahrensweise sollte sich der Auftragnehmer nicht einlassen.

Der 2. Fall befasst sich mit der Abwehr von Mängelbeseitigungsansprüchen. Hier ging es um einen Bauträger, der an einen Erwerber in einem sanierten Altbau eine Gewerbeeinheit im Erdgeschoss nebst Kellerraum verkauft hat. In der Leistungsbeschreibung findet sich der Hinweis, dass an den Kellerwänden keine Änderung vorgenommen werden, da sie bereits seit Jahrhunderten bestehen und die Außenwände der Fassade überarbeitet werden. Die Abnahme der Gewerbeeinheit ist erfolgt. Danach treten an den Außenwänden des Erdgeschosses sowie im Keller großflächige Feuchtigkeitsflecken auf. Der Erwerber verlangen Mängelbeseitigung und zwar in der Weise, dass die Außenwände frei zu legen und danach wieder zu verfüllen sind und die Außenfassade entsprechend wiederhergestellt werden muss. Das Landgericht gibt dem Erwerber Recht. Der Bauträger geht in die Berufung und verweist darauf, dass die Art und Weise, also das Wie der Mängelbeseitigung allein Auftragnehmersache ist. Das OLG Nürnberg gibt ihm recht, dass grundsätzlich das Gericht eine bestimmte Art und Weise der Mängelbeseitigung nicht vorgeben kann. In der Sache selbst hilft dem Bauträger dies nicht, da das OLG ihn dazu verurteilt, auf seine Kosten für die Gewerbeeinheit fachgerecht ein Zustand herzustellen, bei dem in die Außenwände der Erdgeschossräume und Kellergeschossräume keine Nässe bzw. Feuchtigkeit sowie Salze von außen und unten eindringen kann. In dem Zusammenhang ist noch lesenswert, dass es auf die anerkannten Regeln der Technik zum Zeitpunkt der Abnahme ankommt und nicht auf den Zeitpunkt der Ausführung. Deshalb muss sich der Auftragnehmer immer im Klaren darüber sein, welche Regeln der Technik zum Zeitpunkt der Abnahme bestehen. Sollten sich die Regeln der Technik kurz vor Abnahme ändern, so schuldet der Auftragnehmer diese entsprechenden neuen Regeln der Technik. Ansonsten liegt ein Mangel vor. Deshalb sollte man bei seinem Gewerk als Auftragnehmer immer unterrichtet bleiben.

Carsten Seeger


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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