Ausgebootet - zählt das Boot zum Hausrat?

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Verlassen Sie den „Hafen der Ehe", werden aus Anlass der Trennung und Scheidung die Haushaltsgegenstände aufgeteilt. Sind Sie Eigentümer eines Bootes, ist der Werbespruch aus den 90-er Jahren „Mein Haus, mein Auto, mein Boot“ keine brauchbare Grundlage, bei der Scheidung das Eigentum am Boot zu beanspruchen. Ob ein Boot als Haushaltsgegenstand zählt und den Grundsätzen zur Verteilung des Hausrats unterliegt, hängt davon ab, ob das Boot nach Ihren Lebensverhältnissen dazu bestimmt war, für das eheliche und familiäre Zusammenleben einschließlich der Freizeit- uns Urlaubsgestaltung genutzt zu werden. Damit Sie sich im Streitfall nicht „ausgebootet“ fühlen, sollten Sie die Kriterien kennen, nach denen die Gerichte im Streitfall entscheiden.

Wer bekommt die Yacht, das Schiff, bzw. das Boot?

Haushaltsgegenstände sind sprachlich mit „Hausrat“ gleichzusetzen, den das Gesetz begrifflich aber nicht mehr verwendet (§ 1361a BGB). Geht es um die Frage, wer das Wasserfahrzeug nach der Trennung und Scheidung für sich beanspruchen kann, kommt es auf eine Reihe von Gegebenheiten an. In letzter Konsequenz müsste das Familiengericht Ihren Streit entscheiden. Bei der Verteilung der Haushaltsgegenstände differenziert die Rechtsprechung zwischen mehreren Ansätzen:

Boot im gemeinsamen Eigentum beider Ehepartner

Die entscheidende Frage ist, ob Ihr Boot im Eigentum beider Ehepartner steht oder nicht. In diesem Fall können Sie nur gemeinsam über das Boot verfügen. Vor allem würde das Boot den Grundsätzen zur Verteilung der Haushaltsgegenstände unterliegen:

  • Voraussetzung für ein gemeinsames Eigentum ist, dass das Boot in der Zeit von Ihrer Eheschließung bis zur Trennung für die gemeinsame Lebensführung der Familie angeschafft wurde.
  • Waren Sie sich bei der Anschaffung einig, dass das Boot Ihnen gemeinsam gehören soll, ist das gemeinsame Eigentum offensichtlich.
  • Gab es darüber keine Absprache oder lässt sich eine derartige Absprache nicht beweisen, kommt es darauf an, welche Rolle das Boot in Ihrer gemeinsamen Lebensführung während der Ehe gespielt hat.

Das OLG Brandenburg (Beschluss vom 25.7.2002, Az. 9 WF 118/02) hat hierzu allgemein zur Qualifizierung von Haushaltsgegenständen anschaulich erläutert, dass zu den Haushaltsgegenständen alle beweglichen Sachen gehören, die der gemeinsamen Lebensführung der Familie dienten oder zu dienen bestimmt waren. Als Voraussetzung hierzu sind

  • die Eignung des betroffenen Haushaltsgegenstandes für den Haushalt
  • und die Zweckbestimmung zur tatsächlichen Verwendung im Rahmen der gemeinsamen Lebensführung der Familie

zu betrachten. Anschaffungsmotiv, Anlass der Anschaffung, Herkunft der finanziellen Mittel sowie Wert und Qualität eines Gegenstandes stellt ebenso wie die Eigentumslage keine sachgerechten Kriterien für die Abgrenzung dar.

Bei einem Boot, das nach dem allgemeinen Sprachgebrauch und der Verkehrsauffassung nicht ohne weiteres dem Haushalt zuzuordnen ist, kommt es auf die von den Ehepartnern vorgenommene Widmung an, also darauf, ob das Boot nach den Lebensverhältnissen der Ehegatten ganz oder überwiegend dazu bestimmt war, für das eheliche und familiäre Zusammenleben einschließlich der Freizeit- und Urlaubsgestaltung genutzt zu werden (so konkret zu einem Boot OLG Dresden, Beschluss vom 25.3.2003, Az. 10 ARf 2/03). In diesem Fall vermutet das Gesetz, dass ein derart gewidmeter Haushaltsgegenstand im Miteigentum beider Ehegatten steht. Diese Vermutung des gemeinschaftlichen Eigentums können Sie nur widerlegen, wenn Ihr Alleineigentum feststeht. Dazu genügt es nicht, dass Sie das Boot allein gekauft und mit eigenen Mittel bezahlt oder von Ihren Eltern geschenkt bekommen haben. Es ist auch kein entscheidendes Kriterium, dass Sie allein in der Lage waren, das Boot zu steuern und der Ehepartner immer nur mitgefahren ist.

Beispiel: 

Sie haben gemeinsam als Ehepaar die Welt besegelt und auch sonst vieles gemeinsam mit dem Boot unternommen. Sie betrachteten das Boot als Ihr gemeinsames Boot. In diesem Fall haben Sie die Nutzung des Bootes dem familiären Zusammenleben gewidmet. Daraus lässt sich das gemeinsame Eigentum begründen, und zwar auch dann, wenn Sie das Boot ausschließlich mit eigenem Geld bezahlt haben und das Boot allein auf Ihren Namen angemeldet ist.

Verkauf nur gemeinsam möglich

Steht fest, dass das Boot in Ihrem gemeinsamen Eigentum steht, können Sie das Boot nur gemeinsam verkaufen. Schließen Sie den Kaufvertrag allein, wird der Vertrag erst wirksam, wenn der Ehepartner zustimmt. Stimmt er oder sie nicht zu, können Sie den Kaufvertrag nicht vollziehen.

Praxistipp:

In der Konsequenz kommt es also darauf an, dass Sie im Hinblick auf die Rechtsprechung im Detail vortragen, warum Sie das alleinige Eigentum am Boot beanspruchen und das Boot gerade nicht im gemeinsamen Eigentum steht. Dass Sie dabei möglichst nicht ohne anwaltliche Begleitung argumentieren sollten, versteht sich von selbst. Möchten Sie wegen dem in Ihrem gemeinsamen Eigentum stehenden Boot eine sinnvolle Lösung finden, empfiehlt sich, in einer Scheidungsfolgenvereinbarung zu regeln, wie Sie verfahren wollen. Ihr Boot ist insoweit Teil der Verhandlungsmasse. Erfolgt die Vereinbarung im Rahmen der Vermögensauseinandersetzung vor der Scheidung, müssen Sie die Vereinbarung meist notariell beurkunden.

Boot diente dem persönlichen Gebrauch

Ihr Boot wäre nicht als Haushaltsgegenstand zu qualifizieren, wenn es ausschließlich oder überwiegend für Ihren persönlichen Gebrauch bestimmt war und Ihren individuellen Interessen diente. So hat das OLG Brandenburg klargestellt, dass ein Mountainbike und ein Handy keine Haushaltsgegenstände sind, da beide dem persönlichen Gebrauch und der individuellen Nutzung des betreffenden Ehegatten dienten (Beschluss vom 25.7.2002, Az. 9 WF 118/02).

Boot im Alleineigentum eines Ehepartners

Lässt sich nicht überzeugend begründen, dass das Boot aufgrund seiner Eignung und Zweckbestimmung im gemeinsamen Eigentum beider Ehepartner stand, haben Sie gute Karten, Ihr Alleineigentum zu begründen. Je detaillierter Sie das gemeinsame Eigentum bestreiten, desto mehr spricht für Ihr alleiniges Eigentum.

Bei Haushaltsgegenständen, die im Alleineigentum stehen, ist die Zuweisung meist einfach. Gehört Ihnen das Boot allein, stehen alle Rechte Ihnen allein zu. Voraussetzung ist, dass Sie Ihr alleiniges Eigentum beweisen können. Ein gewichtiges Indiz ist, wenn Sie Yacht/Schiff/Boot auf Ihren Namen angemeldet und ausschließlich oder überwiegend alleine genutzt haben und der Ehepartner kein direktes Interesse am Boot gezeigt hat. Damit lässt sich argumentieren, dass das Boot Ihren persönlichen Interessen diente und nicht für das eheliche und familiäre Zusammenleben bestimmt war.

Beispiel: 

Sie haben sich während Ihrer Ehe ein Boot angeschafft und waren damit allein oder meist allein ohne Ihren Ehepartner auf den Weltmeeren unterwegs. Auch haben Sie sich ausschließlich allein um das Boot gekümmert, es unterhalten und gepflegt.

Boot beim Zugewinnausgleich

Laut §1 Absatz 2 der Binnenschifffahrt-Kennzeichnungsverordnung ist jedes Wasserfahrzeug beim Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt anzumelden, es sei denn, es handelt sich um ein Segelboot bis 5,50 m (Fortbewegung nur mithilfe von Segeln) oder ein Boot mit Antriebsmaschine (effektive Nutzleistung unter 2,21 kW). Das bedeutet, dass Boote mit Außenbordern über 2,21 kW / 3 PS immer angemeldet werden müssen. Alle Boote mit Außenbordern unter diesen Werten brauchen nicht angemeldet werden. Am Boot muss lediglich ein Name angebracht werden.

Gehört Ihnen das Boot allein, kann oder muss es beim Zugewinnausgleich berücksichtigt werden. Hat das Boot während Ihrer Ehe eine erhebliche Wertsteigerung erfahren, ist die Wertsteigerung ein wesentlicher Faktor zur Bemessung der Zugewinnausgleichsforderung.

Wie lösen Sie das Problem mit Ihrem „Scheidungsboot“?

Sie haben folgende Optionen:

Scheidungsfolgenvereinbarung

Die beste Option ist, dass Sie in einer Scheidungsfolgenvereinbarung im Zusammenhang mit eventuell anderen Scheidungsfolgen regeln, wie Sie mit dem Boot verfahren wollen. Im einfachsten Fall verständigen Sie sich, dass Sie das Boot verkaufen und der Verkaufserlös untereinander aufteilen. Genauso gut kann ein Ehepartner das Boot ins Alleineigentum übernehmen und zahlt den anderen aus oder macht wegen einer anderen Scheidungsfolge Zugeständnisse.

Entscheidung des Familiengerichts beantragen

Können Sie sich nicht verständigen, entscheidet auf Antrag eines Ehepartners das Familiengericht. Dazu sollten Sie wissen, dass das Gericht zwar Ihre Argumentation prüft, trotzdem aber nach eigenem Ermessen entscheidet. Wie das Gericht entscheidet, lässt sich nicht zuverlässig vorhersagen. Sie müssen also auch mit einer Entscheidung rechnen, die nicht in Ihrem Sinne liegt.

Teilung durch Pfandverkauf

Soweit Sie das Boot gemeinsam besitzen, sind Sie Teil einer Gemeinschaft. Da Sie das Boot nicht teilen können, erfolgt die Aufhebung der Gemeinschaft durch den Verkauf des gemeinschaftlichen Gegenstandes nach den Vorschriften über den Pfandverkauf (§ 753 ZPO). Der Verkauf des Pfandes ist im Wege der öffentlichen Versteigerung zu bewirken (§ 1235 BGB). Zeit und Ort der Versteigerung sind öffentlich bekannt zu machen. Als Eigentümer können Sie bei der Versteigerung selbst mitbieten.

Fazit

Ihre Scheidung bringt das Risiko mit sich, dass Sie mit Ihrem Boot „untergehen“, wenn Sie keine Lösung finden oder zu einer Lösung verpflichtet werden, die nicht in Ihrem Sinne ist. Es empfiehlt sich, frühzeitig über eine sinnvolle Regelung nachzudenken und sich bei Bedarf anwaltlich beraten zu lassen.

Foto(s): iurFRIEND

Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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