Ausgleichsanspruch in der Zugewinngemeinschaft
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Leben Eheleute in dem gesetzlichen Güterstand Zugewinngemeinschaft, was stets der Fall ist, sofern kein Ehevertrag notariell beurkundet worden ist, ist im Rahmen eines Scheidungsverfahrens zu prüfen, ob einem der Ehegatten gegen den anderen ein Zugewinnausgleichsanspruch zusteht. Ein derartiger Zugewinnausgleich findet regelmäßig statt, wenn der in der Ehe erwirtschaftete Zugewinn eines Ehegatten den Zugewinn des anderen Ehegatten übersteigt. Rechtlich wird Zugewinn gemäß § 1373 BGB wörtlich wie folgt definiert:
„Zugewinn ist der Betrag, um den das Endvermögen eines Ehegatten das Anfangsvermögen übersteigt.“
Die Wertermittlung des Anfangs- und des Endvermögens ist dabei streng stichtagsbezogen.
Das Anfangsvermögen ist dasjenige Vermögen, das einem Ehegatten nach Abzug der Verbindlichkeiten beim Eintritt in den Güterstand gehört. Stichtag ist mithin der Tag der Eheschließung. Zu beachten ist, dass das Anfangsvermögen auch negativ sein kann, mithin der Abtrag von Schulden während der Ehezeit ebenso Berücksichtigung findet.
Es gibt zudem abschließend gesetzlich normierte Vermögenserwerbe (§ 1374 Abs. 2 BGB), die trotz Erwerbes während der Ehezeit dem Anfangsvermögen hinzugerechnet werden, da kein ehebezogener Zusammenhang gesehen wird. Hierzu zählen Vermögenserwerb von Todes wegen, bzw. mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht (vorweggenommene Erbfolge) sowie Schenkungen und Ausstattungen.
Das Endvermögen ist das Vermögen, das einem Ehegatten nach Abzug der Verbindlichkeiten zum Zeitpunkt der Beendigung des Güterstandes gehört, vgl. § 1375 Abs. 1 BGB. Das Ende des Güterstandes ist grundsätzlich die Rechtskraft der Scheidung, allerdings wird der Stichtag zur Wertermittlung des Endvermögens auf den Tag der Zustellung des Scheidungsantrages zurückverlegt.
Ebenso wie beim Anfangsvermögen gibt es gesetzliche Regulierungen dahingehend, dass abschließend aufgezählte Vermögensminderungen nach Eheschließung dem Endvermögen hinzugerechnet werden, vgl. § 1375 Abs. 2 BGB. Hierbei handelt es sich um unentgeltliche Zuwendungen, die nicht einer sittlichen Pflicht (z. B. Geburtstags- oder Weihnachtsgeschenk) entsprochen haben, um Vermögensverschwendungen oder Handlungen, die in der Absicht vorgenommen worden sind, den anderen Ehegatten zu benachteiligen.
Im Ergebnis sind mithin zur Berechnung eines etwaigen Zugewinnausgleichsanspruches Vermögensauflistungen zu den Stichtagen Eheschließung (Anfangsvermögen) und Zustellung des Ehescheidungsantrages (Endvermögen) zu fertigen und gegenüberzustellen.
Die Vermögensauflistungen haben die vorhandenen Vermögenswerte sowie die bestehenden Verbindlichkeiten der Ehegatten zu beinhalten.
Zu den Vermögenswerten gehören unter anderem beispielsweise folgende Positionen:
- Bargeld
- Girokonten, Sparkonten, Festgeldkonten, etc.
- Wertpapiere und Aktien
- Genossenschaftsanteile, gesellschaftsrechtliche Beteiligungen, etc.
- eine freiberufliche Praxis, bzw. Anteile an einer Praxis
- ein Gewerbebetrieb, bzw. Anteile an einem Gewerbebetrieb
- Anteile an Kapitalgesellschaften, Fonds, etc.
- Pflichtteilsansprüche, bzw. Pflichtteilsergänzungsansprüche
- Anteile an einer noch nicht auseinandergesetzten Erbengemeinschaft
- Eigentum oder Miteigentum an Immobilien, bzw. anderweitige dingliche Nutzungsrechte (Nießbrauch, Wohnrecht, etc.)
- Forderungen
- Steuererstattungsansprüche jeglicher Art
- Marken-, Patent- und/oder Urheberrechte
- Kunstgegenstände, Edelmetalle, Sammlungen
- Kraftfahrzeuge, Motorräder, Anhänger, Wohnwagen, etc.
- wirtschaftlicher Wert von Kapitallebensversicherungen
- Anwartschaftsrechte jeglicher Art
Zur Vorbereitung etwaiger Ansprüche im Rahmen des Zugewinnausgleichsverfahrens hat der Gesetzgeber den Ehegatten wechselseitig gemäß § 1379 Abs. 1 und 2 BGB Auskunftsansprüche zugestanden. Es besteht ein Auskunftsanspruch über den Bestand und die Höhe des jeweiligen Vermögens
- zum Stichtag Anfangsvermögen (Tag der Eheschließung)
- zum Stichtag Endvermögen (Tag der Zustellung des Scheidungsantrages)
- zum Stichtag Trennung (Tag der Trennung der Ehegatten)
Letzterer „Stichtag“ wurde von dem Gesetzgeber allein im Rahmen der Auskunft mitberücksichtigt, um Vermögensverschiebungen nach der Trennung, wenn nicht unmöglich zu machen, dann jedenfalls erheblich zu erschweren.
Im Rahmen der Bearbeitung von Zugewinnausgleichansprüchen werden die oben genannten Auskünfte benötigt. Ebenso ist es erforderlich, dass – zumindest – in groben Zügen auch die Auskunft des anderen Ehegatten vorweg gegeben werden kann. Nur so sind eine Prüfung und Berechnung möglich und kann der Sinn und Zweck der Geltendmachung etwaiger Auskunftsansprüche beurteilt werden.
Der Zugewinnausgleichsanspruch selbst besteht in der Hälfte des Überschusses, sofern der Zugewinn des einen Ehegatten den des anderen übersteigt, vgl. § 1378 Abs. 1 BGB.
Sofern Sie Fragen in Bezug auf etwaige Zugewinnausgleichsansprüche haben, bzw. Sie Ihre Rechte hinsichtlich dieser Punkte durchsetzen möchten, stehe ich Ihnen gern zur Verfügung. Kontaktieren Sie mich über das hiesige Formular, rufen Sie mich an oder schreiben mir eine E-Mail.
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