Auskunft und Information in der Erbengemeinschaft
- 4 Minuten Lesezeit
In der Erbengemeinschaft sollte man gut informiert sein. Was gehört zum Nachlass? Wer hat wann welche Verfügungen getätigt? Diese Fragen können einige Miterben besser beantworten als andere. Doch wer schuldet wem in der Erbengemeinschaft eigentlich welche Auskunft? In diesem Beitrag finden Sie die Antworten.
Ausführliche Informationen mit Beispielen zu Informationsrechten in der Erbengemeinschaft und alle anderen Themen rund um das Erben und Vererben finden Sie auf unserer Kanzleiwebsite: https://www.rosepartner.de/auskunft-erbe-erbengemeinschaft.html
Grundsatz: jeder besorgt sich selbst Informationen
Grundsätzlich sind Miterben nicht verpflichtet, sich gegenseitig umfassend Auskünfte zu erteilen. Jeder Miterbe hat das Recht, Informationen über den Nachlass direkt bei Dritten wie Banken oder Grundbuchämtern einzuholen. So können beispielsweise Kontoauszüge oder Grundbuchauszüge beantragt werden. Gegebenenfalls muss sich der einzelne Erbe dabei mit einem Erbschein oder einem eröffneten Testament legitimieren.
In der Praxis reicht dieser eigene Zugang zu Informationen jedoch oft nicht aus, um alle relevanten Informationen über den Nachlass zu erhalten. Das Gesetz sieht daher in bestimmten Situationen vor, dass Miterben untereinander zur Auskunft verpflichtet sind. Di
Rechenschaftspflicht eines bevollmächtigten Miterben
Vor dem Erbfall haben Verstorbene häufig einem oder mehreren Personen Vollmachten erteilt. Diese können umfassend sein, wie bei Vorsorgevollmachten, oder auf spezielle Bereiche, wie Bankvollmachten, beschränkt sein. Nach dem Tod können Zweifel aufkommen, ob der Bevollmächtigte die Vollmacht korrekt genutzt hat. Besonders dann, wenn hohe Bargeldabhebungen oder überraschende Überweisungen auf den Kontoauszügen sichtbar werden, entsteht oft Misstrauen.
In solchen Fällen kann die Erbengemeinschaft einen Anspruch auf Rechenschaft geltend machen. Der Bevollmächtigte ist dann verpflichtet, alle Handlungen, die er mit der Vollmacht vorgenommen hat, detailliert offenzulegen. Voraussetzung dafür ist, dass der Vollmacht ein sogenanntes Auftragsverhältnis zugrunde liegt. Dieses wird in der Rechtsprechung oft bei Vorsorgevollmachten angenommen, insbesondere wenn diese sehr umfassend sind.
Eine Ausnahme gilt, wenn Ehepartner bevollmächtigt wurden und zu Lebzeiten des Erblassers nicht damit rechnen mussten, Rechenschaft abzulegen. Wird der Bevollmächtigte zur Rechenschaft aufgefordert, muss er seine Handlungen sorgfältig dokumentieren. Bei Weigerung kann die Erbengemeinschaft den Anspruch gerichtlich durchsetzen.
Auskunftspflicht bei Schenkungen mit Pflichtteilsergänzungsanspruch
Hat der Verstorbene zu Lebzeiten Vermögenswerte verschenkt, können pflichtteilsberechtigte Erben unter bestimmten Bedingungen einen Pflichtteilsergänzungsanspruch geltend machen. Dies ist möglich, wenn der Wert des Nachlasses durch die Schenkung so gemindert wurde, dass der Erbteil des Pflichtteilsberechtigten geringer ist als sein gesetzlicher Pflichtteil.
Der Beschenkte, der oft ebenfalls Teil der Erbengemeinschaft ist, muss dann auf Verlangen Auskunft über die Umstände der Schenkung geben. Dies schließt Informationen über den Zeitpunkt, den Wert und die Bedingungen der Schenkung ein.
Auskunftspflicht bei ausgleichspflichtigen Zuwendungen
Wenn Eltern während ihres Lebens einem ihrer Kinder besondere finanzielle Vorteile zukommen lassen – wie etwa die Finanzierung eines Studiums –, können diese Zuwendungen bei der Erbteilung ausgleichspflichtig sein. In einer Erbengemeinschaft besteht dann die Pflicht, auf Nachfrage Auskunft über solche Zuwendungen zu geben. Dabei muss der Begünstigte alle relevanten Umstände offenlegen, die zur Berechnung des Ausgleichs notwendig sind.
Auskunftsanspruch bei unrechtmäßigem Besitz von Erbschaftsgegenständen
Ein Miterbe, der Nachlassgegenstände unrechtmäßig an sich genommen hat, ist verpflichtet, den anderen Erben über den Bestand und Verbleib dieser Gegenstände Auskunft zu erteilen. Es spielt dabei keine Rolle, ob der Miterbe glaubt, rechtmäßig gehandelt zu haben, oder ob er bewusst den Besitz für sich beansprucht.
Die anderen Erben haben das Recht, genaue Informationen darüber zu erhalten, was mit den Gegenständen passiert ist und ob sie veräußert wurden. Dieser Anspruch kann notfalls gerichtlich durchgesetzt werden.
Auskunftspflicht von Hausgenossen
Nach § 2028 BGB haben Erben auch gegen sogenannte Hausgenossen des Erblassers einen Auskunftsanspruch. Hausgenosse ist jede Person, die durch eine enge persönliche oder räumliche Beziehung zum Erblasser Kenntnisse über Nachlassgegenstände erlangen konnte. Dies kann auch jemand sein, der nur vorübergehend mit dem Erblasser zusammengelebt hat, beispielsweise in den letzten Lebenswochen.
Die Auskunftspflicht erstreckt sich auf Informationen über den Verbleib von Nachlassgegenständen oder bestimmte Geschäfte, die der Hausgenosse getätigt hat. Dabei geht es nicht um eine allgemeine Offenlegung, sondern um spezifische Kenntnisse, die der Hausgenosse besitzt.
Auskunftspflicht bei Notverwaltungsmaßnahmen
In einer Erbengemeinschaft sind Entscheidungen über den Nachlass meist gemeinschaftlich zu treffen. Bei sogenannten Notverwaltungsmaßnahmen, die zum Erhalt des Nachlasses notwendig sind und keine Zeit für eine Abstimmung lassen, darf jedoch ein einzelner Erbe handeln. Nachträglich besteht dann eine Auskunftspflicht gegenüber den anderen Erben.
Solche Maßnahmen umfassen beispielsweise dringende Reparaturen oder Maßnahmen zur Sicherung des Nachlasses. Der handelnde Erbe muss die anderen Miterben auf Verlangen über alle Details der Maßnahme informieren.
Fazit
Die Auskunfts- und Rechenschaftspflichten innerhalb einer Erbengemeinschaft können komplex sein und sind oft an spezifische Voraussetzungen gebunden. Als Miterbe sollten Sie Ihre Rechte und Pflichten kennen.
Artikel teilen: