Auslegung eines gemeinschaftlichen Ehegattentestaments – Schlusserbeneinsetzung ist nicht Ersatzerbeneins

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Problemstellung:

Setzen sich Ehegatten gegenseitig als Alleinerben und Dritte als Schlusserben ein, so geschieht das meist um das gemeinsam erwirtschaftete Vermögen ohne Beschränkung dem überlebenden Ehegatten und nach dem Tod des Letztsterbenden den benannten Schlusserben zukommen zu lassen. Welche Folgen hat es dann für die Schlusserben, die nicht mit dem Erblasser verwandt sind, wenn der überlebende Ehegatte ausschlägt? Mit dieser Frage hatte sich das OLG Hamm auseinanderzusetzen.

Der Fall (OLG Hamm, Beschluss vom 14. März 2014 – I-15 W 136/13 veröffentlicht in ZErb 6/2014):

Der Erblasser hatte mit seiner zweiten Ehefrau 2005 folgendes Testament errichtet:

„Wir setzten uns gegenseitig zu alleinigen Erben ein. Als Erben des Zuletztversterbenden von uns setzen wir zu gleichen Teilen ein: T (Tochter des Erblassers aus erster Ehe, Name zum besseren Verständnis geändert, Anmerkung des Autors) und N (Neffe der zweiten Ehefrau des Erblassers, Name zum besseren Verständnis geändert, Anmerkung des Autors)”.

Nach dem Tod des Erblassers schlug die zweite Frau die Erbschaft aus. Daraufhin beantragte die Tochter des Verstorbenen einen Erbschein, der sie als Alleinerbin nach gesetzlicher Erbfolge ausweisen sollte. Das Amtsgericht erließ den entsprechenden Erbschein. Hiergegen wandte sich der Neffe mit seiner Beschwerde zum OLG. Diese hatte keinen Erfolg.

Die Entscheidung:

Die Tochter ist Alleinerbin aufgrund gesetzlicher Erbfolge geworden (§§ 1922, 1924 BGB). Jedwedes Erbrecht der Ehefrau des Erblassers ist durch die Ausschlagung erloschen. T und N sollten nicht als Ersatzerben für den Fall berufen werden, dass einer der Ehegatten das Erbe ausschlägt.

Für eine solche Auslegung spricht, dass andernfalls die gesetzliche Erbin des Erstverstorbenen – hier T – mit der Ausschlagung der überlebenden Ehefrau, ihre bindend in Aussicht gestellte Schlusserbenstellung verlieren würde. Denn durch die Ausschlagung, ist die überlebende Ehefrau nicht mehr an die Bindung der testamentarischen Regelung gebunden. T würde nach dem Tod ihres Vaters wertmäßig nur ihren Pflichtteil erhalten, weil sie, statt gesetzliche Alleinerbin zu sein, nur Erbin zu ½ Erbteil wäre. Bzgl. des Erbes der überlebenden Ehefrau wäre sie auf deren Wohltätigkeit angewiesen. Dies wird der Erblasser regelmäßig nicht gewollt haben. Sinn uns Zweck des Ehegattentestaments mit Einsetzung des überlebenden Ehegatten als Alleinerben und weiteren Personen als Schlusserben ist es, dass das gemeinsame Vermögen der Ehegatten zunächst dem Überlebenden ohne jede Einschränkung zukommen soll, um es dann nach dem Tod des Letztversterbenden an die Schlusserben zu vermachen. Dem liegt die Annahme zugrunde, dass der überlebende Ehegatte das ihm Zugewandte auch annimmt. Genau dieser Erwartung ist die zweite Frau des Erblassers nicht nachgekommen.

Ehegatten, die als Schlusserben Kinder des anderen Ehegatten einsetzen, sollten sich bewusst sein, dass Sie im Falle der Ausschlagung des Erbes auch ihre Kinder von der Erbschaft ausschließen. Vermeiden lässt sich dieses unerwünschte Ergebnis durch die Benennung von Ersatzerben im gemeinschaftlichen Ehegattentestament. Wieder einmal zeigt sich, dass bei der Errichtung eines Testaments das Gewollte genau zu überlegen ist und bei der Formulierung größtmögliche Sorgfalt und ggf. fachkundige Hilfe notwendig ist.


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