Ausschüttungsrückforderungen durch Insolvenzverwalter von Anlegern in Schifffonds

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Worum geht es?

Anleger, die Kommanditbeteiligungen von Schifffonds in der Rechtsform der GmbH & Co. KG erworben haben, werden häufig bei Insolvenz über das Vermögen dieser Gesellschaften von den Insolvenzverwaltern auf Rückzahlung erhaltener Ausschüttungen in Anspruch genommen, mit der Begründung diese Ausschüttungen seien als Rückzahlung der Einlage zu klassifizieren, da die Gesellschaften in den Jahren der Ausschüttungen Jahresfehlbeträge erwirtschaftet hätten. 

Die Einlage sei daher teilweise oder vollständig zurückgezahlt (durch „Ausschüttungen“) und der Anleger müsse die Einlage nachentrichten, denn er hafte gemäß §§ 171, 172 Abs. 4 HGB. Danach gilt die Einlage als nicht oder nicht vollständig geleistet und ist folglich zurückzuzahlen.

Begründet wird dieses damit, dass im Insolvenzverfahren Gläubigerforderungen angemeldet sind, die der Höhe nach die vorhandene Insolvenzmasse übersteigen und folglich eine Inanspruchnahme der Anleger erforderlich ist, um diese Gläubigerforderungen zu bedienen.

In den durch die Insolvenzverwalter geführten Prozesse werden häufig Tabellen gemäß § 175 InsO (Insolvenztabelle) vorgelegt, die belegen sollen, dass und in welcher Höhe Gläubiger ihre Forderungen zur Insolvenztabelle angemeldet haben und diese Forderungen in der Regel festgestellt sind.

Für die Anleger stellt sich im Rahmen der prozessualen Inanspruchnahme häufig die Frage, ob Sie die Forderung anerkennen oder sich gegen diese verteidigen. Die Fallkonstellationen, die sich in diesem Zusammenhang auftun, sind genauso bunt wie das Leben und jede Fondskonstruktion ist ein Einzelfall. Es bedarf daher einer genauen Auseinandersetzung mit der Klage.

Was sind mögliche Angriffspunkte für die Anleger? 

Die Ausschüttungen, die zurückgezahlt werden sollen, liegen häufig soweit zurück, dass die gesetzlichen Aufbewahrungsfristen für die Kontoauszüge des Anlegers abgelaufen sind. 

Der Anleger darf selbstverständlich nicht einfach den Erhalt der Ausschüttungen bestreiten. Wenn er sich jedoch darauf beruft, dass ihm die Überprüfung des Erhalts der Ausschüttungen, die der Insolvenzverwalter behauptet, nicht möglich ist, da er aufgrund Ablauf der Aufbewahrungsfristen nicht mehr im Besitz der Kontoauszüge ist und auch die Bank nach Ablauf der 10-jährigen Aufbewahrungsfrist nicht mehr etwaige Bankauszüge replizieren muss, ist aus unserer Sicht der Insolvenzverwalter als Kläger verpflichtet, nachzuweisen, dass Auszahlungen erfolgt sind aus dem Vermögen der Insolvenzschuldnerin. 

Hier gibt es schon die 1. Hürde, da häufig Sammelüberweisungen durch den Insolvenzverwalter vorgelegt werden für Zahlungen an oder durch die Treuhänderin (bei mittelbaren Beteiligungen), häufig jedoch nicht nachgewiesen wird, dass der Anleger die behaupteten Zahlungen aus dem Vermögen der Insolvenzschuldnerin erhalten hat.

Weiterhin lohnt es sich, sich mit den einzelnen Forderungen der Gläubiger, auf die sich der Insolvenzverwalter in der Tabelle gemäß § 175 InsO beruft, auseinanderzusetzen. Der Insolvenzverwalter hat eine sekundäre Beweislast. Dieses bedeutet, er kann sich nicht einfach darauf berufen, der Anleger müsse darlegen, seine ausstehende Hafteinlage werde nicht zur Gläubigerbefriedigung benötigt. 

Vielmehr muss der Insolvenzverwalter nachweisen, inwieweit die Inanspruchnahme des Anlegers erforderlich ist, um die konkreten, zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung offenen Gläubigerforderungen im Einzelfall zu befriedigen, in welcher Höhe die Gläubiger quotal befriedigt werden und welche Gläubiger außen vor bleiben.

Darüber hinaus muss der Insolvenzverwalter darlegen, bei Gläubigerforderungen, die zwar festgestellt sind, aber nur für den Ausfall, dass diese Gläubiger (beispielsweise Banken) nicht anderweitig befriedigt wurden durch etwaige, den Gläubigern zustehende Absonderungs- oder Aussonderungsrechte und tatsächlich ein Ausfall eingetreten ist. 

Darüber hinaus muss der Insolvenzverwalter angeben, welche Summen er durch Inanspruchnahme der Kommanditisten eingezogen hat und ob die Forderungen der Gläubiger, auf die die anderen Kommanditisten durch Zahlung an den Kläger geleistet haben, bereits in vollem Umfange beglichen worden sind.

Weiterhin hat das OLG Dresden in einem aktuellen Urteil vom 27.06.2019 in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BGH bestätigt, dass der Insolvenzverwalter die Anleger nicht in Anspruch nehmen darf für Masse- und Verfahrenskosten

Diese Kosten sind darauf ausgelegt, allein aus der Masse des insolventen Rechtsträgers beglichen zu werden. Reicht diese nicht aus, weist das Insolvenzgericht den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ab. 

Die Deckung der Verfahrenskosten aus der Masse ist daher Voraussetzung eines Insolvenzverfahrens, in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BGH. Weiterhin, so das OLG Dresden, ist der Insolvenzverwalter auch nicht befugt, im Hinblick auf den Innenausgleich der Gesellschafter offene Einlagebeträge einzufordern. Es lohnt sich daher immer ein genauer Blick auf die mit der Klage geltend gemachte unbegründete Forderung. Möglicherweise ist diese auch verjährt. 

Die Rechtsprechung wird sich bezüglich der offenen Fragen weiter entwickeln. Nach wie vor wäre es wünschenswert, wenn sich der BGH mit der Frage auseinandersetzen würde, ob der Kommanditist wie ein Schuldner nach der Insolvenzordnung verfahrensbeteiligt und auch widerspruchsberechtigt (gegen Feststellungen von Forderungen in der Tabelle) sein kann. Denn bisher ist Gleichgewicht zwischen Rechten und Pflichten der Kommanditisten/Anleger sehr zu Ungunsten der Anleger ausgestaltet.

Leider ist die Schwäche des Anlegers auch in dieser Kapitalanlageform systemimmanent und scheinbar vom Gesetzgeber und der Rechtsprechung gewollt. Hinzu kommt in steuerlicher Hinsicht, die schwer durchsetzbare, Möglichkeit der Anerkennung als Verlust, um wenigstens die Einkommensteuerlast (etwas) zu mindern.

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Anwaltskanzlei Bontschev

Fachanwältin für Steuerrecht / Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht


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