AUSTROCKNUNG ALS ERDFALL

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Mitunter ist nicht ganz eindeutig, wie Begriffe in Versicherungsbedingungen zu verstehen sind. Hier sind dann oftmals die Gerichte an der Reihe, zu beurteilen, wie der durchschnittliche und verständige Versicherungsnehmer sie auffassen wird.  Wer uns aufmerksam verfolgt wird sich noch an das Urteil des BGH erinnern, in welchem der versicherte „Erdrutsch“ behandelt wurde. Das OLG Dresden hat sich nun in dem Urteil vom 26.07.2023 (Az: 1 U 520/23) insbesondere mit dem „Erdfall“ beschäftigt.

Worum geht es?

Der Kläger unterhält bei der Beklagten eine Wohngebäudeversicherung, welche auch Schäden aufgrund von Elementargefahren wie einem Erdrutsch oder Erdfall umfasst. Laut den Versicherungsbedingungen ist ein Erdfall der „Einsturz des Erdbodens über natürlichen Hohlräumen, dessen Ursache ausschließlich naturbedingt ist“. Ein Erdrutsch sei „ein plötzliches Abrutschen oder Abstürzen von Gesteins- oder Erdmassen, dessen Ursache ausschließlich naturbedingt ist.“

Im Jahr 2018 kam es an der zum versicherten Wohngebäude gehörenden Terrasse des Klägers zur Rissbildung. Die Ursache lag in einer langsam voranschreitenden Absenkung des Bodens unter dem Gebäude. Der Kläger machte daraufhin Ansprüche aus der Wohngebäudeversicherung gegen die Beklagte geltend. Zur Schadensbeseitigung und Stabilisierung des Grundes ließ er unter anderem 687 kg Harz mittels Injektionslanzen in den Baugrund einbringen. Ihm entstanden bislang Kosten in Höhe von ca. 14.500 € für die Schadensbeseitigung. Diese verlangte er nun klageweise von der Beklagten ersetzt, welche die Erstattung verweigerte.

Kein Erfolg vor Gericht

Der Kläger blieb jedoch sowohl in erster als auch in zweiter Instanz erfolglos. Das OLG stellte zunächst heraus, dass ein Erdrutsch nach den hier einschlägigen Versicherungsbedingungen nicht in Betracht komme. Bei der Auslegung der Versicherungsbedingungen aus der Sicht eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers sei zwar der allgemeine Wortsinn maßgebend. Die hier vorliegenden Bedingungen setzen jedoch ausdrücklich – anders als in dem von dem BGH entschiedenen Fall – eine plötzliche Erdbewegung voraus. Eine solche könne bei einem langsamen Absenken offenkundig nicht angenommen werden.

Auch Erdfall ist plötzlich

Ein Erdfall könne ebenfalls nicht angenommen werden. Der naturbedingte „Einsturz des Erdbodens über natürlichen Hohlräumen“ verlange schon nach dem Sinn des Wortes „Einsturz“ ebenfalls eine gewisse Plötzlichkeit. Ein Bauwerk, das sich etwa über mehrere Monate hinweg langsam absenkt, stürze in diesem Zeitraum nicht ständig ein. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer könne die Versicherungsbedingungen auch nicht so verstehen, dass eine naturbedingte Absenkung das allein entscheidende Kriterium ist.

Es könne auch laut dem hinzugezogenen Sachverständigen nicht als natürlicher Hohlraum angesehen werden, wenn zuvor feuchter Boden einfach austrocknet. Zwar könnte sich anstelle von Wasser Luft zwischen den Bodenpartikeln befinden, dies entspreche aber der normalen Zusammensetzung trockenen Bodens. Dass der Boden sich dadurch absenken kann, ändert an dieser Einschätzung nichts. Auch das gelungene Einbringen von Harz spreche nicht für das Vorhandensein von Hohlräumen. Flüssiges Harz könne wie auch Wasser in „normalen“ Boden eingebracht werden. Zudem wurde das Harz erst nach der Absenkung des Gebäudes eingebracht. Auch aus diesem Grund könne der Beweis, dass die Absenkung aufgrund eines Einsturzes vorhandener Hohlräume erfolgte, so nicht erbracht werden.

Ausschlaggebend für die Senkung des Bodens sei – auch nach dem Sachverständigen – die Austrocknung des Bodens aufgrund einer ausgeprägten Trockenperiode gewesen.

Absenkung naturbedingt?

Zudem könne die Absenkung des Bodens nicht als ausschließlich naturbedingt angesehen werden. Der Sachverständige hatte festgestellt, dass der Boden teilweise aufgeschüttet worden war. Eine mangelhafte Gründung als (Mit-)Ursache konnte er nicht ausschließen.

Nach alledem sei dem Kläger als Versicherungsnehmer der ihm obliegende Beweis des Eintritts des Versicherungsfalls nicht gelungen. Das OLG bestätigte damit die erstinstanzliche Klageabweisung und wies die Berufung zurück.  

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