BAG: Urlaubsanspruch verjährt nicht automatisch nach 3 Jahren

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Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in dem Urteil vom 20.12.2022, 9 AZR 266/20, klargestellt, dass die regelmäßige Verjährungsfrist von 3 Jahren gemäß § 199 BGB nicht zwangsläufig mit Ende des Urlaubsjahres beginnt, sondern erst mit dem Schluss des Jahres, in dem der Arbeitgeber

  • den Arbeitnehmer über seinen konkreten Urlaubsanspruch informiert,
  • auf die Verfallfristen hingewiesen und
  • der Arbeitnehmer den Urlaub dennoch nicht genommen hat.

Mit diesem Grundsatzurteil hat das BAG die Vorgaben umgesetzt, die der Europäische Gerichtshof (EuGH) in seiner Entscheidung vom 22.09.2022, Rechtssache C-120/21, aufgestellt hat.

In dem vom BAG zu entscheidenden Fall verlangte die Klägerin nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses Abgeltung des in den Jahren von 2013 bis 2017 nicht genommenen Urlaubs. Der Arbeitgeber hatte die Klägerin weder aufgefordert Urlaub zu nehmen noch darauf hingewiesen, dass der nicht beantragte Urlaub mit Ablauf des Übertragungszeitraums verfällt.

Das BAG setzte das Verfahren zunächst aus und legte dem EuGH die Frage vor, ob die Anwendung der deutschen Verjährungsregel von drei Jahren dem im Unionsrecht verankerten Grundrecht auf bezahlten Jahresurlaub entgegensteht, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht durch entsprechende Aufforderung und Hinweise in die Lage versetzt hat, seinen Urlaubsanspruch auszuüben.

Der EuGH hob die besondere Bedeutung des Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub hervor und stellte in seiner Entscheidung klar, dass eine Einschränkung durch die Vorschriften zur Verjährung nicht zu rechtfertigen sei, wenn der Arbeitgeber nur deshalb mit Urlaubsansprüchen konfrontiert wird, weil er selbst seinen Mitwirkungsobliegenheiten nicht nachgekommen ist.

Erfüllt der Arbeitgeber seine Mitwirkungspflichten nicht, kann der nicht genommene gesetzliche Mindesturlaub im bestehenden Arbeitsverhältnis also weder gemäß § 7 Abs. 3 BUrlG verfallen noch gemäß §§ 195, 199 Abs. 1 BGB verjähren. Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist der Urlaubsanspruch gemäß § 7 Abs. 4 BUrlG abzugelten.

Urlaubsabgeltungsanspruch verjährt weiterhin in 3 Jahren

Nach der Entscheidung des BAG vom 20.12.2022 befürchteten viele Arbeitgeber, dass nun ausgeschiedene Mitarbeiter offene Urlaubsansprüche aus seit Jahren beendeten Arbeitsverhältnissen geltend machen. Das BAG stellte mit dem Urteil vom 31.01.2023, 9 AZR 456/20, jedoch klar, dass der Abgeltungsanspruch automatisch in 3 Jahren, gerechnet ab dem Schluss des Kalenderjahres, in dem der Arbeitnehmer aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden ist, verjährt. Zur Begründung führte das BAG aus, dass es bei dem Urlaubsabgeltungsanspruch anders als bei dem Urlaubsanspruch nicht mehr um den Erholungszweck, sondern um einen rein finanziellen Ausgleich für Urlaub geht.

Oft sehen allerdings Arbeits- und Tarifverträge für die Geltendmachung von Abgeltungsansprüchen Ausschlussfristen vor, die deutlich kürzer als die Verjährungsfrist sind.


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