BAG Urteil zur Entgeltgleichheit (Equal Pay): Hintergründe und Einordnung
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Urteil des Bundesarbeitsgerichts zur Entgeltgleichheit
Wichtiges Urteil des Bundesarbeitsgerichts zur Frage der Entgeltgleichheit: Was es damit auf sich hat und wie die Auswirkungen sind, erfahren Sie in diesem Beitrag. Mit Urteil vom 16.02.2023, Az. 8 AZR 450/21 hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden, dass Verhandlungsgeschick allein kein geeignetes objektives Kriterium für die Ungleichbehandlung von Männern und Frauen beim Entgelt darstellt.
Ausgangsfall
Vor dem Bundesarbeitsgericht ging es um den Fall einer im Vertrieb beschäftigten Außendienstmitarbeiterin. Die Klage richtete sich u.a. auf die Zahlung des Differenzbetrages gegenüber zwei männlichen Kollegen, die mehr verdienten. Dabei war unstreitig, dass die Klägerin weniger Geld erhielt, als ihre männlichen Kollegen auf einer gleichwertigen Position. Entscheidend kam es also darauf an, ob die Ungleichbehandlung durch objektive Kriterien gerechtfertigt war oder nicht.
Vorinstanzen hatten noch anders entschieden
Die beiden Vorinstanzen, einerseits das Arbeitsgericht Dresden (Urt. V. 04.10.2019, Az. 5 CA 638/19 und andererseits das Landesarbeitsgericht Sachsen (Urt. V. 03.09.2021, Az. 1 SA 358/19) urteilten, dass in diesem Fall kein Verstoß gegen das Entgeltgleichheitsgebot vorgelegen hat. Es wurde dabei argumentiert, dass die mehr verdienenden Mitarbeiter im Grunde besser verhandelt hätten und nicht bereit gewesen wären, die Tätigkeit für weniger Geld auszuüben. Das Unternehmen habe somit ein Interesse an der Mitarbeitergewinnung gehabt. Dies sei ein objektives Interesse und rechtfertige die Gehaltsunterschiede. Eine Ungleichbehandlung aufgrund des Geschlechts liege nicht vor. Das Bundesarbeitsgericht traf nun eine andere Entscheidung.
Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts
Das Bundesarbeitsgericht entschied, dass die klagende Mitarbeiterin nach Art. 158 AEUV, § 3 Abs. 1 und § 7 EntgTranspG einen Anspruch auf das gleiche Grundentgelt hat, wie ihr männlicher Kollege. Die geringere Bezahlung würde nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts die Vermutung nach § 22 AGG begründen, dass die Benachteiligung aufgrund des Geschlechts erfolgt sei. Der Arbeitgeber hätte zwar die Vermutung widerlegen können, das sei ihm aber im konkreten Fall nicht gelungen. Eine Berufung u.a. darauf, dass der mehr verdienende Kollege besser verhandelt hätte, sei nicht zulässig.
Darlegungs- und Beweislast im Rechtsstreit um Equal Pay
Die Darlegungs- und Beweislast richtete sich nach § 22 AGG. Dieser sieht eine Erleichterung der Darlegungslast und u.a. eine Umkehr der Beweislast vor. Die Klägerin musste Indizien beweisen, die eine Benachteiligung vermuten lassen. Dann trug der Arbeitgeber die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz der Benachteiligung vorlag. Im nun vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall gelang dem Arbeitgeber dieser Nachweis offenbar nicht. Das Bundesarbeitsgericht ließ weder das Argument von besseren Verhandlungen durch die männlichen Beschäftigten gelten, noch das Interesse des Arbeitgebers an der Gewinnung von Mitarbeitern.
Praktische Relevanz für Arbeitnehmer und Arbeitgeber hoch
Die Auswirkungen dieses Urteils in der Praxis dürften hoch sein. Es handelt sich um eine echte Grundsatzentscheidung und einen Meilenstein im Bereich der Entgeltgleichheit. Entgeltgleichheit kann damit wirksam durchgesetzt werden. Allerdings wird zu beachten sein, dass objektive und geschlechtsneutrale Kriterien wie z.B. Berufserfahrung oder Qualifikation als Rechtfertigung für eine unterschiedliche Bezahlung zulässig bleiben.
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