Balance bei Selektion passender Mandatsanfragen: „Ich bin strategische Partnerin, Beraterin und juristischer Beistand“
- 8 Minuten Lesezeit


Fingerspitzengefühl unter Termindruck: Die Selektion passender wie lohnender Mandate ist für jeden Rechtsanwalt von entscheidender Bedeutung. Eine Vielzahl von Anfragen erschwert den beruflichen Alltag in der Kanzlei. Wie gelingt die seriöse Auswahl, ohne das ohnehin knapp bemessene Zeitbudget zu überstrapazieren? Mit ihrer über 25-jährigen Erfahrung und dem Gespür für die Bedürfnisse ihrer Klienten hat Rechtsanwältin Simone Weber einen treffenden Blick auf diesen Part der modernen Rechtsberatung entwickelt. Sie erklärt im Interview, wie sie die Herausforderung meistert, Anfragen richtig zu steuern, und wann sie bewusst auf ihr starkes Netzwerk zurückgreift.
Anhand welcher Kriterien entscheiden Sie, ob ein potenzielles Mandat für Sie passend ist?
Es muss zuerst fachlich passen. Ich bearbeite nur Mandate, in denen ich die juristische Expertise besitze, also im Arbeitsrecht und Mietrecht. Natürlich verfüge ich über Kenntnisse in anderen Rechtsgebieten, aber mein Fokus liegt auf meiner Spezialisierung. Nur dort kann ich sehr gute Beratung und Vertretung gewährleisten. Sind es nicht meine Rechtsgebiete, kann ich das Mandat nicht juristisch bestmöglich betreuen, dann passt es nicht. Ich betrachte aber nicht „das Mandat“, sondern die Mandantin oder den Mandanten. Für mich ist die sehr gute persönliche Ebene mit meinen Mandanten wichtig. Ich bin Vertraute, Beraterin, strategische Partnerin und streite mich mit der Gegenseite für meine Mandanten.
Dafür unerlässlich ist auf beiden Seiten Vertrauen, Verständnis, offene und ehrliche Kommunikation, Erreichbarkeit, Verlässlichkeit, das gemeinsame Erarbeiten von nachhaltigen Zielen und die effektive Umsetzung dieser. Das macht für mich gute Zusammenarbeit aus, die nicht nur Spaß macht, sondern auch erfolgreich und langjährig ist. Mandanten, die eine individuelle, menschliche und strategische Beratung schätzen, profitieren von meiner Arbeitsauffassung und Arbeitsweise. Und das sind Mandanten, die ich gerne berate. Natürlich muss ein Mandat, und da spreche ich wieder von Mandat, auch wirtschaftlich passen. Denn ich bin nicht nur Anwältin, sondern als Kanzleiinhaberin auch Unternehmerin. Eine offene und nachvollziehbare Honorarstruktur finde ich wichtig und diese kommuniziere ich auch von Anfang an sehr transparent. Meine Mandanten honorieren und schätzen dies. Wer jedoch eine kostenlose Beratung sucht oder rein nach dem vermeintlich günstigsten Angebot geht – bei einer RVG-Bearbeitung ohnehin festgelegt –, ist woanders besser aufgehoben.
Sie sind seit über 25 Jahren im Arbeitsrecht und Mietrecht tätig. Hat sich Ihre Beurteilung, wann ein Mandat das richtige für Sie ist, im Lauf Ihrer Karriere verändert? Falls ja, inwiefern?
Zu Beginn meiner Tätigkeit lag der Schwerpunkt darauf, viele neue Mandate zu akquirieren, möglichst viele rechtlich spannende Fälle zu bearbeiten, viele Streitigkeiten vor Gericht zu gewinnen. Es war ein zusätzlicher Vorteil, wenn die Werte für eine gute Zusammenarbeit gestimmt haben, aber sie waren damals kein entscheidendes Kriterium. Heute ist das anders. Wie beschrieben ist eine wertschätzende und auch langfristige Zusammenarbeit für mich wichtig.
Im Laufe der Zeit hat sich auch der Anspruch an meine eigene Rolle als Anwältin verändert und damit auch die für mich richtige Mandantenstruktur. Ich bin nicht mehr nur die Anwältin, die gerufen wird, wenn es brennt. Ich bin strategische Partnerin, Beraterin und juristischer Beistand für meine Mandanten. Gerade in der Zusammenarbeit ist eine auf Dauer angelegte und wertschätzende Kooperation für mich viel wichtiger, als stetig nur juristisch spannende Rechtsfälle auf dem Tisch zu haben.
Welche Anfragen lehnen Sie in der Regel ab und warum?
Wenn ich nach einem ersten Gespräch empfinde, es passt menschlich einfach nicht, weil man z. B. keine Kommunikationsebene findet oder nur ein „Mietmaul“ braucht, dann passt es für mich nicht. Ich lehne Mandate ab, wenn ich erkenne, dass man nur um des Streitens willen vorgehen will. Ich vertrete keine querulantischen Mandanten, die nicht an einer sachlichen und sinnvollen Lösung interessiert sind, sondern nur Verfahren führen möchten, um sich „im Recht zu fühlen“ oder die Gegenseite zu schikanieren. Recht ist für mich kein Mittel der persönlichen Vergeltung.
Wie kommunizieren Sie Ratsuchenden, wenn deren Anliegen bei Ihnen nicht passend ist? Haben Sie Best Practices für eine wertschätzende Kommunikation?
Wertschätzend ist wichtig und heißt für mich: schnell, offen, ehrlich, transparent und freundlich. Ich halte Mandanten nicht hin. Ich lehne Anfragen zügig ab. Damit sich die Ratsuchenden schnell an eine passende Kanzlei wenden können. Ich erkläre den Ratsuchenden, warum ich das Mandat nicht übernehmen kann – sei es, weil es außerhalb meiner Fachgebiete liegt, die Zusammenarbeit nicht zielführend wäre oder Kostenaufwand und Ergebnis nicht in Relation stehen. Ich formuliere Absagen höflich, aber bestimmt, ohne falsche Hoffnungen zu wecken, dass sie sich in zwei Wochen noch mal an mich wenden können.
Ich halte es für wichtig, dass mein Gegenüber sich trotz der Absage respektiert fühlt. Soweit möglich, empfehle ich deshalb passende Kollegen aus meinem Netzwerk, die für das Anliegen geeignet sind und bei denen ich davon ausgehe, dass diese dann Interesse an dem Mandat haben.
Empfehlen Sie bei unpassenden Anfragen also auch gezielt andere Anwaltskollegen?
Ja. Wer nur eine formale Vertretung sucht, um seine Ansichten mittels Anwalt Nachdruck zu verleihen oder rein auf eine „Kampfstrategie“ setzt, wird bei mir nicht das finden, was er oder sie sucht. Diese sind bei anderen KollegInnen besser aufgehoben. Die passenden Anwälte und Mandanten, übrigens auch umgekehrt, finden sich in meinen Augen ja auch immer.
Welche Rolle spielen wiederkehrende Mandanten für Ihre Kanzlei?
Wiederkehrende und Dauermandanten sind für mich ein Zeichen von Wertschätzung meiner Arbeit und dass die Zusammenarbeit auf mehreren Ebenen erfolgreich war oder ist. Für Arbeitnehmende und Mieter bin ich die Anwältin, der sie nicht nur juristisch, sondern auch menschlich vertrauen. Deshalb empfehlen sie mich weiter und kommen wieder, wenn sie erneut juristische Hilfe benötigen. Einmal gut beraten, greifen sie bei künftigen Fragen lieber auf die bewährte Zusammenarbeit mit mir zurück, als sich auf die Suche nach einem neuen Anwalt zu begeben.
Für kleinere und mittelständische Unternehmen bin ich im Arbeitsrecht die outgesourcte und zuverlässige Rechtsabteilung oder HR-Ansprechpartnerin in allen Fragen. Im Mietrecht betreue ich die meisten Vermieter, Hausverwaltungen etc. über Jahre in allen Fragen, die sich rund um die Immobilie drehen. Ich kenne deren individuelle Situation, ihre Verträge, ihre Unternehmensstruktur und -kultur. Das spart Zeit auf beiden Seiten, ermöglicht mir rasches Arbeiten und gewährleistet eine effiziente Rundumbetreuung. Meine wiederkehrenden beziehungsweise dauerhaften Mandanten empfehlen meine Kanzlei auch aktiv weiter. Das Beste, was mir als Anwältin passieren kann. Diese langfristigen Beziehungen und das Vertrauen meiner Mandanten sind für mich ein großer Erfolg und bestätigen mir, dass meine Arbeit und die Art und Weise des Umgangs mit meinen Mandanten die für mich richtigen Mandanten anspricht.
Setzen Sie Maßnahmen ein, um gezielt solche Mandanten zu halten, von denen auch Folgebeauftragungen zu erwarten sind?
Ich behandle meine Mandanten so, wie ich selbst als Mandantin behandelt werden möchte – mit Verlässlichkeit, Klarheit, Wertschätzung und Engagement. Wer das konsequent lebt und fachlich überzeugt, muss Mandanten nicht „halten“ – sie kommen gerne von selbst wieder oder bleiben dauerhaft. Zudem biete ich proaktive strategische Beratung statt nur reaktiven Handelns und Problemlösens an. Ich analysiere nicht nur das aktuelle Problem, sondern schaue auch voraus. Gibt es weitere Problemfelder, wo sehe ich Risiken, wo erweiterbare Chancen, wo zwingenden Handlungsbedarf?
Ich halte Mandanten gezielt über relevante rechtliche Entwicklungen auf dem Laufenden – individuell auf ihre Situation zugeschnitten, kein Newsletter, sondern individuelle Mitteilungen. Für Unternehmen und Dauermandanten biete ich Monatsflatrates an. Für einen pauschalen Betrag ist hierin ein Zeitkontingent vorhanden, in dem Geschäftsführer, Inhaber und Mitarbeitende auftretende Fragen stellen können. Mein Netzwerk aus Notaren, Steuerberatern und spezialisierten Anwälten ist ein echter Mehrwert für meine Mandanten – ich stelle gezielt Kontakte her und vernetzte.
Welche Funktionen Ihres anwalt.de-Profils nutzen Sie für die Akquise neuer Mandate?
Ich nutze mein anwalt.de-Profil als Ergänzung zu der Online-Präsenz u. a. meiner Website, aber nicht als Hauptkanal zur Mandatsakquise. anwalt.de steigert meine Sichtbarkeit und Auffindbarkeit für Rechtssuchende durchs gute SEO-Ranking. Die auf anwalt.de zu findenden Bewertungen sind ein wichtiger Faktor für die Entscheidung von Mandanten und deshalb sehr gut.
Mein Profil ist gepflegt und Anfragen über die Plattform beantworte ich schnell und gezielt – mit dem Fokus darauf, ob das Mandat passt. Sicherlich könnte man die Rechtstipps viel effizienter einsetzen, und Kollegen, die diese regelmäßig nutzen, berichten Positives. Dafür fehlt mir aber einfach die nötige Zeit.
Ihre Bewertungen auf anwalt.de sind ja auch ein direktes Feedback für Sie. Ziehen Sie auch solches Feedback zurate, um bei neuen Anfragen zu entscheiden, ob Sie sie annehmen?
Bewertungen sind für mich ein wertvolles Feedback, aber kein Kriterium für die Mandatsannahme. Positives Feedback zeigt mir, dass Mandanten die Art der Beratung und Zusammenarbeit schätzen und sind Indikator für die richtige Mandantenstruktur und Positionierung. Sie schaffen Vertrauen für neue Mandanten, die im Netz suchen. Dennoch zählt für mich der persönliche Eindruck bei der Mandatsannahme. Mandatsanfragen beurteile ich individuell. Für mich ist die unmittelbare persönliche Kommunikation wichtiger und die Entscheidung für ein Mandat treffe ich immer auf Basis des direkten Kontakts und meiner eigenen Einschätzung.
Können digitale Lösungen wie etwa KI auch für die Selektion von passenden Fällen vielversprechend sein? Oder entscheidet auch in Zukunft besser der Anwalt selbst?
KI kann die Selektion von Fällen unterstützen, aber sie wird aus meiner Sicht die Entscheidung eines erfahrenen Anwalts nicht ersetzen. KI als Werkzeug ja, als Entscheidungsträger nein. KI kann anhand vordefinierter Kriterien, wie Rechtsgebiet oder Art der Anfrage, Anfragen vorsortieren und Dokumente strukturieren, inhaltlich zusammenfassen etc. Aber was passiert, wenn KI das Mandat eines Geschäftsführers wegen eines vermeintlichen Bagatellfalls ablehnt – obwohl gerade dieser Mandant ein wertvoller, langfristiger Kontakt hätte werden können? Gerade deshalb sollte die letzte Entscheidung immer beim Anwalt liegen. Der Einsatz von KI ist aus meiner Sicht aber abhängig von dem jeweiligen Rechtsgebiet und insbesondere der gewünschten Mandantenstruktur. Kanzleien, die sich vorrangig auf Mandate an sich konzentrieren und weniger auf langfristige Mandantenbeziehungen, können mit KI sicherlich effizient selektieren und Entscheidungen treffen.
Weil meine Beratung aber auf engem Mandantenkontakt und individueller Betreuung basiert, vertraue ich bei der Mandatsentscheidung weiterhin auf den persönlichen, unmittelbaren Austausch und mein Gespür: Passt es menschlich, stimmt die Kommunikationsebene etc.? Diese Faktoren sind für mich entscheidend für eine erfolgreiche langfristige Zusammenarbeit – und lassen sich nur im persönlichen Gespräch bewerten.
Rechtsanwältin Simone Weber ist seit über 25 Jahren im Arbeitsrecht, Mietrecht & Wohnungseigentumsrecht sowie Grundstücks- & Immobilienrecht tätig. Neben ihrer Kanzlei im Herzen von München steht sie Mandanten und Ratsuchenden auch via Online-Beratung zur Seite.
(MTS; ZGRA)
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