Bauernproteste: was es dazu zu wissen gibt

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Der Deutsche Bauernverband hat für die Woche ab dem 08.01.2024 deutschlandweite Protestaktionen angekündigt. Es ist davon auszugehen, dass es ab Montagmorgen zu massiven Verkehrsbehinderungen kommen wird. Anlässlich dessen beantworten wir hier einige Punkte.


Für Arbeitnehmer: Darf ich Zuhause bleiben? Was passiert, wenn ich streikbedingt zu spät zur Arbeit erscheine?

Wenn weder Bus noch Auto mehr durchkommen mag, wird sich der ein oder andere fragen, ob er einfach Zuhause bleiben kann. Aber so einfach geht das freilich nicht. Das sog. Arbeitswegrisiko trägt der Arbeitnehmer, er ist grundsätzlich selbst dafür verantwortlich dafür zu sorgen, dass er rechtzeitig an seiner Arbeitsstätte eintrifft, um dort seinem Arbeitgeber zur Verfügung zu stehen. Bleibt der Arbeitnehmer seinem Arbeitsplatz fern, kann dies dazu führen, dass er seinen Lohnanspruch verliert oder ggf. die versäumte Arbeitszeit nachholen muss. Außerdem besteht die Gefahr vom Arbeitgeber abgemahnt oder gar gekündigt zu werden.

Glücklich kann sich der schätzen, der bereits vorher mit seinem Arbeitgeber verabredet hat, dass die eigene Tätigkeit auch von Zuhause aus erbracht werden kann, sprich man aus dem HomeOffice heraus arbeitet.

Das Bundesarbeitsgericht hat zum Wegerisiko geurteilt, dass Arbeitnehmer bei absehbaren Verkehrsbehinderungen wie Schnee, Glatteis oder eben Streiks dazu verpflichtet sind, Maßnahmen zu ergreifen, um trotzdem pünktlich bei der Arbeit einzutreffen. Die Rechtsprechung verlangt also notfalls entsprechend früher loszufahren, Fahrgemeinschaften zu bilden oder auf das Fahrrad umzusteigen.


Für Arbeitgeber: Was tun, wenn das Personal im Stau feststeckt?

Je nach zeitlichem Umfang der Verspätung bietet es sich für den Arbeitgeber an kulant zu sein, schließlich wird in den meisten Fällen kein allzu großes Verschulden für die Verspätung vorliegen. Im Interesse des Betriebsfriedens sollte auch wenn möglich HomeOffice oder Gleitzeit gewährt werden oder der Abbau von Überstunden angedacht werden, wo möglich. Wenn es aber hart auf hart kommt und ohne große Not eigenmächtig oder gar unentschuldigt der Arbeit fern geblieben wird, sind Nacharbeit, Abmahnung und im schlimmsten Falle Kündigung jedoch die Mittel der Wahl.


Für Landwirte etc.: Was kann passieren wenn ich mich an den Protestaktionen beteilige?

Im rechtlichen Sinne handelt es sich bei den angekündigten Protesten nicht um einen Streik, sondern um Demonstrationen und Versammlungen. Die Versammlungsfreiheit ist grundrechtlich geschützt und darf nur in begrenztem Umfang eingeschränkt werden. Dies erlaubt es Angestellten jedoch noch nicht während der Arbeitszeit der Arbeit fern zu bleiben und stattdessen zu demonstrieren. Dies ist nur in der Freizeit gestattet.  Angestellte Landwirte, LKW-Fahrer etc. müssen daher zwingend vorher mit ihrem Arbeitgeber abklären, ob eine Teilnahme an den Protestaktionen gestattet wird oder nicht. Sofern beabsichtigt wird auch ein Fahrzeug des eigenen Arbeitgebers bei dem Protest zu verwenden, muss dies ebenso mit dem Arbeitgeber abgestimmt werden, da dieser das Recht hat zu entscheiden, ob sein Fahrzeug bei solchen Protesten zu sehen ist.

Der selbständige Landwirt oder Spediteur, der sich an den Protesten beteiligt, hat wiederum zu befürchten, dass er Ärger mit seinen Lieferanten, Abnehmern und sonstigen Kunden bekommt. Werden Liefertermine nicht eingehalten, weil protestiert statt geliefert wird, kann dies zu finanziellen Einbußen, gar zu Vertragsstrafen und zur Kündigung von Lieferverträgen führen. Ob der Geschäftspartner hierzu greift, wird natürlich von diesem abhängen.


Für Selbständige & Unternehmer: Kann ich Schadensersatz/entgangenen Gewinn fordern?

Man stelle sich kurz vor die Produktion des eigenen Betriebes fällt aus, weil die für die Fertigung benötigten Einzelteile nicht mehr im Werk ankommen, denn der Laster steckt den ganzen Tag im Stau. Dann stellt sich die Frage, ob Schadensersatzansprüche gegen die protestierenden Landwirte geltend gemacht werden können. Es wird jedoch in den allermeisten Fällen schwierig bis unmöglich sein zu beweisen, dass der Produktionsstillstand durch die Protestaktionen kausal verursacht wurde und dass man selbst alles unternommen hat, um so einen Ausfall möglichst zu vermeiden. Denn es wird fast schon sicher die Gegenfrage aufkommen, was denn gewesen wäre bei einer unfallbedingten Straßensperrung, bei Sturm oder bei Krankheit des Personals oder des Fahrers. Die Hürden für Schadensersatzforderungen sind also sehr hoch bis unerreichbar.


Adrian Neureither, LL.M.
Rechtsanwalt

Foto(s): Bildquelle: https://www.pexels.com/de-de/foto/mann-uberquert-strasse-220996/


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