Baukredit soll nach Baufortschritt ausgezahlt werden – unwirksame Klausel der Bank

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Das OLG Stuttgart hat mit Urteil vom 27.04.2022, Az. 9 U 355/21, entschieden, dass eine Klausel in einem Baukreditvertrag unwirksam ist, wenn die Auszahlung üblicherweise nach Baufortschritt erfolgen soll.


In dem Fall stritten die Parteien um die Fälligkeit der Auszahlung eines Baukredits, den die Klägerin für den Umbau einer Immobilie aufgenommen hatte. Die Klägerin vertrat die Ansicht, dass der Baukredit ohne weitere Vorbedingungen, insbesondere ohne Vorlage von Baurechnungen, auszubezahlen sei. Die beklagte Bank vertrat unter Hinweis auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) die Auffassung, es handele sich um einen Baukredit, bei dem die Auszahlungen nur gegen entsprechende Nachweise erfolgen könnten.


In den AGB der Bank hieß es u.a.:


„Bei Baukrediten erfolgt die Auszahlung üblicherweise nach Baufortschritt.“


Das Gericht gelangte zu der Auffassung, dass der Auszahlungsanspruch aus dem Baukreditvertrag fällig sei. Die vorzitierte AGB-Klausel, wonach üblicherweise bei einem Baukredit nach Baufortschritt ausbezahlt werde, sei intransparent im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Nach dieser Norm könne sich eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners daraus ergeben, dass eine Bestimmung nicht klar und verständlich genug sei. Nach den Grundsätzen von Treu und Glauben sei der Verwender von AGB verpflichtet, Rechte und Pflichten seiner Vertragspartner möglichst klar und durchschaubar darzustellen. U.a. solle der Vertragspartner ohne fremde Hilfe möglichst klar und einfach seine Rechte feststellen können, damit er nicht von deren Durchsetzung abgehalten wird.


Vorliegend ließ das Gericht offen, ob die vorzitierte AGB-Klausel nur für Baukredite gelte, die für einen Neubau aufgenommen worden seien, oder auch für Baukredite im Rahmen eines Umbaus. Denn im Ergebnis könne das Gericht nicht erkennen, wie der in der AGB-Klausel genannte „Baufortschritt“ definiert sei, also in welchen Fertigstellungsabschnitten eine Auszahlung zu erfolgen habe und wie dies ggf. nachzuweisen sei.


Nach Auffassung des Gerichts erschließe sich einem rechtlich vorgebildeten durchschnittlichen Vertragspartner nicht, wann von einem „üblichen“ und wann von einem „unüblichen“ Fall auszugehen sei. Die Klausel enthalte dazu keine Anhaltspunkte. Dabei handele es sich – so das Gericht weiter – bei der Frage der Fälligkeit nicht um einen unbedeutenden, sondern besonders wichtigen Punkt des Vertragsverhältnisses.


Denn die Versagung der Fälligkeit hat für den Kreditnehmer eine besonders einschneidende Bedeutung, weil ihm die Hauptleistung versagt bleibt: der Baukredit kommt dann nämlich nicht zur Auszahlung.


Auch sei – so das Gericht weiter – unklar, woran sich der „Baufortschritt“ orientieren solle.


Im Ergebnis lag nach Auffassung des Gerichts im Hinblick auf die vorzitierte AGB-Klausel keine ausreichend klare und dem durchschnittlichen Baukreditnehmer unmittelbar verständliche Regelung über die Fälligkeit von Kreditleistungen nach Baufortschritt vor.


Die Klägerin erhielt hiernach den eingeklagten Baukredit in Höhe von € 150.000,00 zzgl. Zinsen.  


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