Beeinträchtigung des Vertragserben

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Bei einer den Vertragserben beeinträchtigenden Schenkung kann die Herausgabe des Geschenks gemäß § 2287 BGB von einem Dritten, der den Gegenstand unentgeltlich vom Beschenkten erlangt hat, unter den Voraussetzungen des § 822 BGB verlangt werden.

Problemstellung:

Ehegatten, die sich in einem gemeinschaftliches Ehegattentestament bindend (sog. „wechselbezügliche Verfügungen“) gegenseitig als Erben und einen oder mehrere Dritte (meist die eigenen Kinder) als diejenigen einsetzen, die nach dem Tod beider Ehegatten erben sollen, sind nach dem Tod des Erststerbenden gehindert ein abweichendes Testament zu errichten. Häufig wird versucht, diese Bindung durch Schenkungen zu Lebzeiten zu umgehen. Eine solche Schenkung hat zur Folge, dass der oder die im Testament Begünstigten (also meist die Kinder) einen Herausgabeanspruch gegen den Beschenkten haben. Mit seiner Entscheidung vom 20. November 2013 – 2 IV ZR 54/13 (veröffentlicht in ZErb 3/2014) hat sich der BGH zur Frage geäußert, ob ein solcher Herausgabeanspruch auch gegen einen Dritten besteht, der das Geschenk ebenfalls unentgeltlich erlangt hat.

Der Fall:

Die Eltern des Klägers hatten am 15. März 1982 ein gemeinschaftliches Ehegattentestament mit wechselbezüglichen Verfügungen errichtet. Gegenstand der Erbmasse war u.a. ein Grundstück, das die Eltern des Klägers 1978 zu hälftigem Miteigentum erworben hatten. Im Testament wurde der Kläger als Schlusserbe berücksichtigt. Nach dem Tod der Mutter des Klägers am 18. März 1982, heiratete der Vater des Klägers im Mai 1983 erneut. Die zweite Ehefrau des Klägers hatte einen Sohn.

Im August 1984 übertrug der Vater des Klägers das besagte Grundstück auf seine zweite Ehefrau (1. Schenkung). Im März 2004 übertrug diese es wiederum ihrem Sohn, dem Beklagten (2. Schenkung).

Daraufhin machte der Kläger gegen den Beklagten einen Anspruch auf Herausgabe des Grundstücks vor dem Landgericht geltend. Kurz vor der Verkündung des Urteils gründete der Beklagte am 18. Februar 2011 eine Limited (Kapitalgesellschaft) mit Sitz in Wales und England. Auf diese übertrug er am 4. März 2011 das Grundstück.

Mit Urteil vom 23. Februar 2011 hat das Landgericht den Beklagten verurteilt, das Grundstück herauszugeben und aufzulassen. Das Berufungsgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen.

Auf die Revision des Beklagten hat der BGH entschieden, dass der Vertragserbe bzw. der Schlusserbe gem. § 2287 Abs. 1 i.V.m. § 822 BGB auch vom Zweitbeschenkten das Grundstück herausverlangen kann. Denn die Bindungswirkung eines gemeinschaftlichen Testaments an dessen Inhalt, soll gerade den Begünstigten vor diesen beeinträchtigenden Schenkungen schützen. Wer einen Gegenstand unentgeltlich erwirbt, ist weniger schutzwürdig als derjenige, der dafür eine Gegenleistung erbringt (allgemeine Meinung, sog. „Schwäche des unentgeltlichen Erwerbs“).

Damit ergibt sich grundsätzlich ein Herausgabeanspruch gegen einen Dritten, der den Gegenstand geschenkt bekommen hat. Voraussetzung ist jedoch, dass ursprünglich auch schon ein Anspruch gegen den Erstbeschenkten bestanden hat. Außerdem gelten die allgemeinen Regeln. Ist die Herausgabe unmöglich, weil ein Rückerwerb des Gegenstands ausgeschlossen ist, so besteht auch kein Herausgabeanspruch.

Festzuhalten bleibt, dass auch eine Kette von mehreren Schenkungen grundsätzlich nicht verhindern kann, dass der beeinträchtigte Erbe den Gegenstand zurückfordern kann.


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