Benachteiligung von Teilzeitkräften und Geschlechterdiskriminierung bei Überstundenzuschlägen
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Ein aktuelles Urteil des Bundesarbeitsgerichts sorgt derzeit für Aufsehen. Am 5.12.2024 (Aktenzeichen 8 AZR 370/20) hat das BAG entschieden, dass eine Überstundenregelung, bei der erst ab Überschreiten der Vollzeitstundenzahl Zuschläge gezahlt werden, eine unzulässige Diskriminierung von Teilzeitkräften darstellen kann.
Im zugrundeliegenden Fall war für ein Unternehmen im Gesundheitsbereich tarifvertraglich eine Wochenarbeitszeit von 38,5 Stunden für Vollzeitkräfte geregelt. Für jede Überstunde, die über diese regelmäßige Wochenarbeitszeit hinausgeht, wird laut Tarifvertrag ein Zuschlag von 30 % gezahlt.
Eine in Teilzeit beschäftigte Arbeitnehmerin klagte, weil sie für ihre Überstunden keine Zuschläge, sondern lediglich die übliche Stundenvergütung erhalten hatte.
Das Gericht hat entschieden, dass diese Regelung eine unzulässige Schlechterstellung von Teilzeitkräften gegenüber Vollzeitkräften gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 Teilzeit- und Befristungsgesetz darstellt. Da in vielen Branchen im Vergleich mehr Frauen in Teilzeitarbeit als in Vollzeit tätig sind, stellt eine solche Überstundenregelung zudem eine Diskriminierung wegen des Geschlechts nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) dar.
Eine Ausnahme gilt nur, wenn es für die unterschiedliche Bezahlung von Überstunden für Voll- und Teilzeitkräfte einen sachlichen Grund gibt – was allerdings die absolute Ausnahme darstellt.
Betroffene Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Teilzeit, die bislang keine oder weniger Überstundenzuschläge als ihre in Vollzeit beschäftigten Kollegen erhalten, haben damit gute Chancen, künftig auch für jede Überstunde genauso entlohnt zu werden wie Vollzeitkräfte.
Das gilt übrigens auch rückwirkend für bereits geleistete Überstunden; allerdings sind dabei vertragliche oder tarifliche Ausschlussfristen zu beachten. Man sollte also nicht allzu lange warten, Zuschläge aus der Vergangenheit nachzufordern, da diese sonst verfallen könnten.
Betriebsräte sollten sich jetzt unbedingt die bestehenden arbeitsvertraglichen, tariflichen oder in Betriebsvereinbarungen geregelten Überstundenvergütungen genau ansehen. Ist eine Ungleichbehandlung zwischen Voll- und Teilzeitkräften erkennbar, sollte der Betriebsrat aktiv werden, um eine rechtskonforme Neuregelung sowie gleiche Zuschläge für Teilzeitkräfte einzufordern und gegebenenfalls zu verhandeln.
Auch wenn der Arbeitgeber davon zunächst nicht begeistert sein mag, hilft eine solche Neuregelung dem Unternehmen, sich gesetzeskonform zu verhalten, Regressansprüche wegen Diskriminierung zu vermeiden und sich als attraktiver, familienfreundlicher Arbeitgeber zu positionieren.
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