Berechnung Ausgleichsanspruch Handelsvertreter nach § 89b HGB

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Durch den Ausgleichsanspruch soll der Handelsvertreter eine Gegenleistung für Vorteile des Unternehmers erhalten, für die die Bemühungen des Handelsvertreters ursächlich waren. Da dem Unternehmer auch nach Beendigung des Handelsvertretervertrags hieraus noch Vorteile (z.B. Nachbestellungen, Folgeaufträge) entstehen, tritt an die Stelle der durch Vertragsbeendigung entfallenen Provisionsansprüche der Ausgleichsanspruch.   

I. Rohausgleich § 89b Abs. 1 HGB    

  1. Maßgebliche Berechnungsgrundlage für die Ermittlung des Rohausgleichs sind die in den letzten 12 Monaten vor Vertragsbeendigung verdienten Provisionsansprüche.       

  2. Ausgleichspflichtig sind die entweder mit Neukunden erzielten Provisionen oder die mit der Intensivierung der Geschäftsbeziehung zu Stammkunden verdienten Provisionen.       

  3. Abzusetzen sind Abzugsposten wie beispielsweise ersparte Kosten für Lagerhaltung, Verwaltung oder insolvente Kunden, mit denen zukünftig keine Geschäftsabschlüsse erzielt werden können.       

  4. Weiter ist der Prognosezeitraum festzulegen, d.h. über welchen Zeitraum der Handelsvertreter noch mit Einnahmen aus seinen vermittelten Geschäften hätte rechnen können, wenn der Vertrag nicht beendet worden wäre. In der Regel beträgt der Prognosezeitraum zwischen 3 und 5 Jahren.        

  5. Da der Kundenstamm für gewöhnlich einer Fluktuation unterliegt, ist über den Prognosezeitraum eine gewisse Abwanderung von Kunden zu berücksichtigen, welche in der Regel 10 bis 20 Prozent pro Jahr beträgt.        

  6. Mit Blick auf den sich durch die einmalige Zahlung ergebenden Kapitalisierungseffekt ist der Rohausgleich mit einem angemessenen Zinssatz – z.B. 2,00 % p.a. – abzuzinsen.       

  7. Da der Ausgleichanspruch unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls der Billigkeit - als Tatbestandsmerkmal - entsprechen muss, ist der Rohausgleich ggf. um weitere berücksichtigungsfähige Sondereffekte (z.B. bei einer Sogwirkung der Marke oder einer verdienten Kapitalrente) zu korrigieren (sog. Billigkeitsabschlag).  

  8. Unter Berücksichtigung der vorstehenden Umstände und Parameter ergibt sich der Rohausgleich.

        

II. Höchstbetrag nach § 89b Abs. 2 HGB      

  1. Gemäß § 89b Abs. 2 HGB darf der Rohausgleich die durchschnittliche Jahresprovision der letzten fünf Vertragsjahre (bzw. bei kürzeren Vertragslaufzeiten die durchschnittliche Provision über die Vertragslaufzeit) nicht überschreiten.       

  2. Soweit der Rohausgleich über dem Höchstbetrag aus § 89b Abs. 2 HGB liegt, ist der Ausgleichsanspruch somit auf den Höchstbetrag gedeckelt.

     

III. Umsatzsteuer

  1. Da es sich auch bei dem Ausgleichsanspruch (wie bei der Provision) um die Vergütung für eine umsatzsteuerpflichtige Leistung handelt, ist der Ausgleichsbetrag um die Umsatzsteuer iHv. 19 % zu erhöhen.

Zusammenfassend lässt sich die Berechnung des Ausgleichsanspruchs beispielhaft wie folgt darstellen:                          

I.

Rohausgleich



1.

Provisionen letztes Vertragsjahr


50.000,00 € 

2.

davon mit Neukunden bzw. Erweiterung Bestandskunden     

75 %

3.

Abzug ersparte Aufwendungen./. 3.000,00 € 

Zwischensumme

 

34.500,00 €

4.

Abwanderungsquote


15,00 %

5.

Prognosezeitraum

5 Jahre

6

Prognose  künftiger Provisionsverluste




Jahr 1


29.325,00 €


Jahr 2 

 

24.926,25 €


Jahr 3


21.187,31 €


Jahr 4 

18.009,22 €


Jahr 5 


15.307,83 € 

7.

Abzinsung  


2,00 % p.a.


Jahr 1 (abgezinst)


28.738,50 €


Jahr 2 (abgezinst)


23.929,20 €

Jahr 3 (abgezinst)


19.916,07 €


Jahr 4 (abgezinst)


16.568,48 €


Jahr 5 (abgezinst)

 

13.777,05 €

        

Zwischensumme


72.583,77 €

8.

Billigkeitsabschlag


25 %

9.

Ergebnis Rohausgleich


54.437,83 €

II.

Höchstbetrag



1.

Vertragsdauer
60 Monate
2.Summe Provisionen letzte 5 Jahre                     
200.000,00 €
3.Jahresdurchschnitt/Höchstbetrag
40.000,00 €

III.

Netto-Ausgleichsanspruch 
40.000,00 €

zzgl. Umsatzsteuer 19 %
7.600,00 €        

Ausgleichsanspruch  
47.600,00 €

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