Berliner Arzt soll mindestens vier Patienten getötet haben – welche Rechte haben jetzt die Angehörigen der Toten?
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Ein Berliner Arzt soll mindestens vier seiner Patienten getötet haben. Das traf nicht nur die zu Tode gekommenen Opfer, sondern auch tagtäglich ihre Angehörigen. Bei einem Strafverfahren wegen eines Tötungsverbrechens haben diese umfangreiche Verfahrensrechte und können unter gewissen Umständen auch Schadensersatzansprüche gegen den Täter durchsetzen.
Was ist passiert?
Nach Berichten von ntv sei ein Berliner Arzt im Sommer festgenommen worden, weil er verdächtig sei, vier seiner Patienten in deren Wohnung getötet zu haben. Danach soll er Feuer gelegt haben. Mittlerweile gehe die Staatsanwaltschaft davon aus, dass es mindestens doppelt so viele Opfer gäbe. Außerdem stehe infrage, ob der Arzt möglicherweise zudem nur aus der Lust am Töten tätig wurde, demnach ein Mörder (und nicht „nur“ ein Totschläger) ist.
Wie kann sich der Arzt strafbar gemacht haben?
Für den Arzt stehen in der Konstellation – den Nachweis der Taten und seiner Schuld vorausgesetzt – mehrere Strafbarkeiten im Raum:
- Die Tötung eines anderen Menschen, die wissentlich und willentlich erfolgt, stellt grundsätzlich einen Totschlag gem. § 212 Strafgesetzbuch (StGB) dar. Er wird in der Regel mit einer Freiheitsstrafe von fünf bis 15 Jahren bestraft.
- Erfüllt der Täter bei einer solchen Tötung zusätzlich eines der Mordmerkmale wie z.B. Habgier oder Heimtücke, so stellt die Tötung einen Mord dar, der gem. § 211 Abs. 1 StGB grundsätzlich mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft wird. Im Fall des Berliner Arztes wird diskutiert, ob er nur getötet hat, weil er Befriedigung im Tötungsakt sucht, demnach das Mordmerkmal der Mordlust erfüllt ist. Dann wäre auch er wegen Mordes strafbar.
- Das Anzünden von Wohnungen kann außerdem Brandstiftungsdelikte (§ 306 ff. StGB) verwirklichen, die für zahlreiche Konstellationen hohe Strafen vorsehen (z.B. Anzünden einer Wohnung – Freiheitsstrafe von einem bis zu 15 Jahren, § 306a Abs. 1 Nr. 1 StGB; sterben hierdurch Personen, sind die niedrigen Strafen in diesem Rahmen ausgeschlossen).
Welche Rechte haben jetzt Angehörige der getöteten Opfer?
Tötungsvorwürfe lassen niemanden kalt. Ganz besonders gilt das für die Angehörigen der Opfer, in deren Lage man sich nur versuchen kann, hineinzuversetzen. Die Tat kann dabei niemand rückgängig machen; gleichwohl haben auch Angehörige Rechte, um sich gegen den Beschuldigten zu wehren.
Das wichtigste Recht ist es dabei, sich im Rahmen der Nebenklage am Strafverfahren gegen den Angeklagten zu beteiligen. Grundsätzlich sorgt der Staat bei solchen Verbrechensverdachten allein für die Strafverfolgung; die Angehörigen können sich dem hier aber anschließen und im Prozess aktiv mitwirken. Unter Umständen können auch Schadensersatzforderungen geltend gemacht werden.
Nebenklage mit dem Fachanwalt für Strafrecht
Nebenklage beschriebt das Recht, sich einer erhobenen öffentlichen Klage anschließen (§ 395 Strafprozeßordnung [StPO]). Damit verbunden sind zahlreiche Rechte des Nebenklägers im Strafverfahren.
Was kann ein Nebenkläger im Verfahren machen?
Nebenkläger haben folgende sog. Verfahrensrechte im Verfahren gegen den Angeschuldigten/Angeklagten:
- Recht zur Anwesenheit in der Hauptverhandlung,
- Befugnis zur Ablehnung eines Richters oder Sachverständigen (Befangenheit),
- Fragerecht (z.B. bei Zeugen),
- Recht zur Beanstandung von Anordnungen des Vorsitzenden sowie von Fragen,
- Beweisantragsrecht,
- Recht zur Abgabe von Erklärungen (inkl. eines „Plädoyers“ kurz vor Ende der Verhandlung).
Dabei sind Nebenkläger grundsätzlich im selben Umfang zuzuziehen wie die Staatsanwaltschaft (§ 397 Abs. 1 StPO). Der Nebenkläger kann sich dabei selbstverständlich eines Rechtsanwalts bedienen (§ 397 Abs. 2 StPO); das wird in der Regel ratsam sein, um die Nebenklagerechte effektiv durchzusetzen.
Außerdem können die Nebenkläger unter bestimmten Voraussetzungen Rechtsmittel wie Berufung und Revision einlegen sowie sich gegen die Ablehnung der Eröffnung des Hauptverfahrens oder bestimmte Einstellungen des Verfahrens wehren (§ 400 StPO).
Wer hat diese Nebenklagerechte ausüben?
Unabhängig von der Einordnung als Totschlag oder Mord können sich bestimmte Angehörige der mutmaßlichen Opfer des Arztes als Nebenkläger am Verfahren beteiligen. Die sog. Nebenklagebefugnis haben dabei folgende Angehörige des Opfers:
- dessen Kinder,
- dessen Eltern,
- dessen Geschwister,
- dessen Ehegatte/Ehegattin oder
- dessen Lebenspartner/in.
(§ 395 Abs. 2 Nr. 1 StPO). Ihnen stehen also die oben genannten Verfahrensrechte zu.
Wie werde ich Nebenkläger?
Die Nebenklagebefugten Angehörigen müssen von ihrem Recht keinen Gebrauch machen. Wenn sie das aber möchten, müssen sie tätig werden und bei Gericht eine sog. „Anschlusserklärung“ schriftlich einreichen (§ 396 Abs. 1 Satz 1 StPO).
Sie können das in jeder Lage des Verfahrens tun (§ 395 Abs. 4 StPO). In der Regel sollte man hier aber früh aktiv werden, da man ansonsten über Entscheidungen vor dem Anschluss grundsätzlich nicht mehr informiert wird und sich gegen sie auch nicht mehr wehren kann (§ 399 StPO).
Brauche ich einen Anwalt für Nebenklage?
Die Nebenklage ist grundsätzlich ohne Rechtsanwalt möglich. In der Regel empfiehlt sich aber die Einschaltung eines sog. Opferanwalts bzw. Nebenklagevertreters. Er gibt den Angehörigen nicht nur die notwenige Sicherheit, sondern hat auch die Expertise und Erfahrung, um im Strafverfahren bestmöglich auf die Verwirklichung der Gerechtigkeit hinzuwirken.
Haben Sie hierbei im Kopf: Die Staatsanwaltschaft ist zur Objektivität verpflichtet; ihre Auffassung kann daher auch „wechseln“, d.h. sie auf einmal für den Beschuldigten entlastende Umstände als überzeugend werten. Der Nebenklagevertreter ist der einzige Jurist, der konsequent auf der Seite der Opferangehörigen steht. Er kann mit seiner Prozesserfahrung z.B. bei der Befragung eines Zeugen oft mehr herausholen, als es seine zumeist prozessunerfahrenen Mandanten können. Ein Anwalt hilft daher bei der möglichst wirksamen Durchsetzung der Nebenklagerechte.
Schadensersatz für Angehörige
Über die Mitwirkung im Strafprozess hinaus haben Angehörige des Opfers möglicherweise auch zivilrechtliche Ansprüche auf Schadensersatz gegen einen Täter. Allgemein kommen hierbei bei einer Tötung in Betracht:
- Schmerzensgeld für die Schmerzen des Opfers,
- Ausgleich des Haushaltsführungsschadens,
- Schmerzensgeld für die Angehörigen, als sie vom Tod des Opfers erfahren haben,
- Hinterbliebenengeld (nach der Gesetzesbegründung: durchschnittlich 10.000 EUR pro Geschädigtem),
- Ersatz der Beerdigungskosten,
- Unterhaltsansprüche, bspw. für unterhaltsberechtigte Kinder
(vgl. Wissenschaftlicher Dienst des Deutschen Bundestages, WD 7 - 3000 - 017/24, 07.03.24 m.w.N.).
Auch für solche Ansprüche stehen die Fachanwälte für Strafrecht von BUSE HERZ GRUNST Rechtsanwälte gern an Ihrer Seite, um Ihre Opferrechte in der Nebenklage und darüber hinaus effektiv durchzusetzen undfür Gerechtigkeit zu sorgen. Gern besprechen wir Ihren Fall in einem Erstgespräch per Telefon, Videocall oder in unseren Kanzleiräumlichkeiten.
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