Berliner Mietspiegel 2021 taugliches Indiz - kein Sachverständigengutachten notwendig

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In den letzten Monaten haben viele Berliner Mieter Post von ihrem Vermieter erhalten. Oftmals soll dabei die Zustimmung zu einer Mieterhöhung erteilt werden. Andernfalls droht eine Klage des Vermieters auf Zustimmung zu einer höheren Miete. Viele Mieter fragen sich nun, ob der Vermieter zu Recht eine höhere Mieter verlangen kann, ob sie ihre Zustimmung erteilen sollen oder ob sich ein Prozess für sie lohnt. 

In vielen Schreiben nehmen die Vermieter zwar auf den aktuellen Mietspiegel 2021 Bezug, gehen mit der verlangten Miethöhe pro Quadratmeter aber teilweise deutlich über die Spannwerte des Berliner Mietspiegels hinaus. 

Die Vermieter argumentieren, dass der Berliner Mietspiegel 2021 keine taugliche Grundlage zur Ermittlung der für § 558 ff. BGB entscheidenden ortsüblichen Vergleichsmiete sei. Stattdessen verweisen die Vermieter auf ein "Sachverständigengutachten nach § 558a Abs. 2 Ziffer 3 BGB" oder "Wohnwertgutachten". Die Vermieter greifen damit die Gültigkeit des Berliner Mietspiegels 2021 als Ganzes an. Sie argumentieren, dass der aktuelle Berliner Mietspiegel 2021 als Fortschreibung des Berliner Mietspiegels 2019 weder die gesetzlichen Anforderungen an einen qualifizierten, noch an einen einfachen Mietspeigel erfülle. Daher sei die ortsübliche Vergleichsmiete durch ein Sachverständigengutachten zu bestimmen. Diese Gutachten werden von den Vermietern in Auftrag gegeben und müssen dem Mieterhöhungsverlangen beiliegen. Darin ermitteln die Gutachter zweckmäßigerweise ein besseres Wohnumfeld als im aktuellen Mietspiegel und erlauben dem Vermieter damit deutlich höhere Quadratmeterpreise als "ortsübliche Vergleichsmiete" aufzurufen. 

Bereits im Spätsommer diesen Jahres ergingen entscheidende Urteile der Berliner Berufungskammern in Wohnraummietsachen (LG Berlin, Urteil. v. 09.06.2022 - 67 S 50/22; LG Berlin, Urteil v. 24.05.2022 - 65 S 189/21; LG Berlin, Urteil v. 20.07.2022 - 66 S 47/22), die Einfluss auf diese Praxis haben. 

Dabei legte sich das Landgericht Berlin nicht fest, ob der aktuelle Mietspiegel „einfach“ oder „qualifiziert“ im Sinne des Gesetzes ist. Vielmehr führten die Richter aus, dass in jedem Fall der aktuelle Mietspiegel ein taugliches Indiz im Rahmen der Prozesse um die Zustimmung sein könne. Zur Bestimmung der ortsüblichen Vergleichsmiete können daher die Gerichte den Berliner Mietspiegel 2021 in jedem Fall heranziehen. Insbesondere müssen die Gerichte keine Sachverständigengutachten zur Bestimmung der ortsüblichen Vergleichsmiete einholen.

Mieter sollten angesichts dieser Rechtsprechung im Fall von Mieterhöhungsverlangen einen Anwalt aufsuchen und das Mieterhöhungsverlangen genau prüfen lassen. Bereits die Tatsache, dass der Vermieter den Sachverständigen beauftragt und ihn bezahlt, mindert den Aussagewert eines solchen Gutachtens. Zudem braucht es zur Feststellung der ortsüblichen Vergleichsmiete einer breiten Datenerhebung, die natürlich genauer ist, umso größer die zu Grunde liegende Datengrundlage ist. Ein Mietspiegel - gleichgültig ob einfach oder qualifiziert - ist daher regelmäßig aussagekräftiger als ein gewöhnliches Sachverständigengutachten.

Das Gutachten ist als Parteigutachten im Prozess kein geeignetes Beweismittel. Die Gerichte sind nach der neuen Rechtsprechung des Berliner Landgerichts auch nicht gezwungen, im Prozess ein Sachverständigengutachten zu beauftragen, sondern können ihre Entscheidung weiterhin auf den aktuellen Berliner Mietspiegel 2021 stützen. 

Regelmäßig kann es daher sinnvoll sein, sich gegen die über den aktuellen Mietspiegel hinausgehenden Mietforderungen des Vermieters zur Wehr zu setzen.


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