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Berliner Mietspiegel laut Landgericht Berlin doch nicht ungültig

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Christian Günther anwalt.de-Redaktion

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Mietspiegel sind ein wichtiger Bezugspunkt für die ortsübliche Vergleichsmiete. Deren Bedeutung ist mit der Mietpreisbremse nochmals gestiegen, bildet die Vergleichsmiete doch insbesondere die maßgebliche Grundlage für die nur noch eingeschränkt zulässige Mieterhöhung bei Neuvermietungen. Dabei gibt es ausgerechnet in Berlin, wo eine Mietpreisbremse bereits seit Anfang Juni gilt, Streit um die Gültigkeit des in der Hauptstadt für 1,3 Millionen Mietwohnungen bedeutsamen Mietspiegels.

Als einfacher Mietspiegel anerkannt

Im Mai dieses Jahres hatte das Amtsgericht Charlottenburg die Gültigkeit des Berliner Mietspiegels 2013 im Rahmen eines Streits über eine Mieterhöhung verneint (Urteil v. 11.05.2015, Az.: 235 C 133/13). Die Feststellung erfolgte auf Grundlage eines Sachverständigengutachtens und machte dadurch ein weiteres Sachverständigengutachten zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete erforderlich – mit entsprechenden Auswirkungen auf die Verfahrenskosten.

Nun kommt das Landgericht (LG) Berlin in der Berufung zu einem ebenfalls um eine Mieterhöhung geführten Rechtsstreit zu einem anderen Ergebnis und hat nun seine Entscheidungsgründe veröffentlicht. Das Landgericht erkennt den qualifizierten Mietspiegel zumindest als einfachen Mietspiegel an. Es streitet damit nicht seine Wirksamkeit ab und billigt ihm zumindest Indizwirkung zu.

Ja, wat denn nu

Zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete darf das Gericht die ortsübliche Vergleichsmiete damit schätzen. Das Einholen eines kostspieligen Gutachtens ist nicht erforderlich. Läge stattdessen ein gültiger qualifizierter Mietspiegel vor, würde für die darin genannte Vergleichsmiete sogar eine gesetzliche Vermutung gemäß § 558d Abs. 3 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) gelten. Ein Richter ist dadurch daran gebunden, sofern niemand das Gegenteil beweist – bei einem Mietspiegel also etwa erhebliche Fehler bei dessen Erstellung.

Von solch massiven Fehlern beim Berliner Mietspiegel 2013 geht das Landgericht Berlin wie das bereits eingangs mit dem Streit befasste Amtsgericht Mitte in der dazu verhandelten Berufung nicht aus (Urteil v. 11.02.2015, Az.: 17 C 291/14). Es nimmt insofern zwar Mängel an, die die qualifizierte Eigenschaft des Mietspiegels aber nur auf die eines einfachen Mietspiegels reduzieren. Das Landgericht begründet das vor allem mit der Erstellung des Mietspiegels, die durch Interessenvertreter der Mieter und der Vermieter erfolgte. Aufgrund ihrer jeweiligen Positionen hätten sie erhebliche Mängel gegebenenfalls bereits vor der Veröffentlichung erkannt, gerügt oder beseitigt oder den Mietspiegel zumindest so nicht veröffentlicht. Aus Sicht des Landgerichts sei es nicht gerechtfertigt, einem derart erstellten Mietspiegel allgemein jegliche Aussagekraft abzusprechen. Hinzukommend – aber nicht unbedingt notwendig dafür, dem Mietspiegel eine entsprechende Aussagekraft beizumessen – sei, dass dieser zudem von der Gemeinde anerkannt wurde.

Überwiegende Wahrscheinlichkeit genügt

Das Gericht dürfe daher den Mietspiegel bei der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete im Rahmen seiner freien Beweiswürdigung mit heranziehen. Statt der vollen richterlichen Überzeugung, nach der ein Richter keine vernünftigen Zweifel mehr bei seiner Entscheidung haben darf, genügt im Falle des Berliner Mietspiegels, dass dieser mit überwiegender Wahrscheinlichkeit die ortsübliche Vergleichsmiete wiedergibt. Um diese Rechtsfolge zu verhindern, hätte die dadurch benachteiligte Partei erhebliche Fehler des Mietspiegels beweisen müssen. Das war der Vermieterin, die hier die Miete der beklagten Mieterin auf die ortsübliche Vergleichsmiete erhöhen wollte, nicht gelungen. Denn anders als von ihr behauptet, gab der vom Gericht als gültig angesehene Mietspiegel die ortsübliche Vergleichsmiete wieder. Miete in dieser Höhe zahlte die Mieterin aber bereits.

(LG Berlin, Urteil v. 16.07.2015, Az.: 67 S 120/15)

(GUE)

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