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Wie Berufsgenossenschaften Unternehmen und Beschäftigte unterstützen

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Wie Berufsgenossenschaften Unternehmen und Beschäftigte unterstützen

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Millionen Beschäftigte sind bei Erleiden eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit über die Berufsgenossenschaft versichert. Tritt ein Versicherungsfall ein, übernimmt die zuständige Berufsgenossenschaft die medizinische, berufliche und soziale Rehabilitation unter Einsatz aller geeigneten Mittel, aber auch die finanzielle Entschädigung des Beschäftigten oder der Hinterbliebenen.  

Die Berufsgenossenschaft hat für Unternehmer in Deutschland den Vorteil, dass sie im Gegensatz zu anderen Systemen in anderen Ländern keine Schadensersatzklagen von Beschäftigten befürchten müssen, wenn diese arbeitsbedingt verunfallen oder erkranken. Darüber hinaus berät und überwacht die Berufsgenossenschaft ihre Mitgliedsunternehmen in allen Fragen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes. Die Aufgaben der derzeit neun gewerblichen Berufsgenossenschaften sind vielfältig. In diesem Ratgeber erfahren Sie im Überblick, was eine Berufsgenossenschaft ist, welche Aufgaben Berufsgenossenschaften übernehmen und welche Rolle sie bei einem Arbeitsunfall und beim Arbeitsschutz spielen. 

Was ist eine Berufsgenossenschaft?

Eine Berufsgenossenschaft ist eine öffentlich-rechtliche Körperschaft, die in Deutschland für die gesetzliche Unfallversicherung zuständig ist. Sie bildet eine wichtige Säule des deutschen Sozialversicherungssystems und hat den Auftrag, Arbeitsunfälle, Berufskrankheiten und arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren zu verhüten sowie die Rehabilitation und Entschädigung der Versicherten zu gewährleisten. 

Es gibt in Deutschland verschiedene Berufsgenossenschaften, die jeweils für bestimmte Branchen und Wirtschaftszweige zuständig sind. Zum Beispiel gibt es Berufsgenossenschaften für die Bauwirtschaft, die Metall- und Elektroindustrie, die Chemieindustrie, das Gesundheitswesen und viele weitere Bereiche. Diese Branchenspezialisierung ermöglicht es den Berufsgenossenschaften, auf die spezifischen Risiken und Herausforderungen der jeweiligen Arbeitsumgebungen gezielt einzugehen und entsprechende Maßnahmen zur Unfallverhütung zu entwickeln. 

Wie finanzieren sich Berufsgenossenschaften?

Die Berufsgenossenschaften finanzieren sich über Beiträge, die von den Unternehmen der jeweiligen Branchen gezahlt werden. Die Höhe der Beiträge richtet sich unter anderem nach der Lohnsumme der Unternehmen und dem Unfallrisiko in der Branche.  

Die Beitragsberechnung basiert auf einer Kombination aus prozentualem Beitragssatz und der Grundlage der entgeltpflichtigen Arbeitsentgelte der Beschäftigten. Die Berufsgenossenschaften sind als öffentlich-rechtliche Körperschaften nicht gewinnorientiert und verwenden die Beitragseinnahmen zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben. 

Welche Aufgaben übernimmt die Berufsgenossenschaft?

Die Aufgaben einer Berufsgenossenschaft sind in § 14 des Siebten Buches des deutschen Sozialgesetzbuchs (SGB VII) geregelt. Sie umfassen unter anderem folgende Bereiche: 

  • Überwachung der Einhaltung von Arbeitsschutzvorschriften  

  • Unterstützung bei der Umsetzung von Maßnahmen zur Unfallverhütung  

  • Durchführung von Sicherheitsprüfungen 

  • Erstellung von Sicherheitsstandards  

  • Angebot von Beratungen und Schulungen für Unternehmen und Beschäftigte 

Im Falle eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit kümmern sich die Berufsgenossenschaften um die medizinische Versorgung der Betroffenen sowie um deren Rehabilitation und Wiedereingliederung in das Arbeitsleben. Sie erbringen auch Leistungen zur finanziellen Entschädigung, beispielsweise bei Arbeitsunfähigkeit oder dauerhafter Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit. Gemäß § 114 SGB VII können die Berufsgenossenschaften auch andere Unfallversicherungsträger oder öffentliche und private Stellen beauftragen, die genannten Aufgaben im Sinne der Verhütung, Rehabilitation und Entschädigung zu erfüllen. 

Die Berufsgenossenschaften spielen auch eine wichtige Rolle bei der Förderung von Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz. Durch ihre Expertise, Präventionsmaßnahmen und Unterstützung tragen sie dazu bei, Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten zu verhindern und die Arbeitsbedingungen in Deutschland sicherer zu gestalten. 

Berufsgenossenschaft bei einem Arbeitsunfall informieren

Typische Arbeitsunfälle wie ein Sturz von der Leiter während der Arbeit auf der Baustelle, eine Schnittverletzung bei der Arbeit in der Kantinenküche oder ein Unfall bei der Bedienung einer Maschine passieren im Arbeitsalltag schnell. Die Unfallversicherung der Berufsgenossenschaften greift dann, wenn die versicherte Person den Unfall bei der Ausübung ihrer Arbeit, auf dem Arbeitsweg oder auf Dienstreisen erlitten hat.  

Die Tätigkeit, bei der sich der Unfall ereignet hat, muss einen nachvollziehbaren Bezug zur tatsächlichen Arbeitstätigkeit des Versicherten gehabt haben, also dem betrieblichen Zweck gedient haben. Zu den über die Berufsgenossenschaft versicherten Arbeitsunfällen können aber auch Aktivitäten zählen, die mit dem Arbeitsplatz beziehungsweise dem Arbeitsbetrieb unmittelbar zusammenhängen (zum Beispiel Betriebsfeiern oder Betriebssport). Wenn sich ein Arbeitsunfall oder ein Arbeitswegunfall ereignet, muss der Unfall der Berufsgenossenschaft gemeldet werden, damit diese über das Schadensereignis informiert ist. 

Rolle der Berufsgenossenschaften beim Arbeitsschutz

Ein umfangreicher und wichtiger Aufgabenbereich der Berufsgenossenschaften ist auch die Vermeidung von Arbeitsunfällen durch Beratung und Schulung der Unternehmen im Bereich des Arbeitsschutzes. Die Berufsgenossenschaften unterstützen ihre Mitgliedsunternehmen branchenspezifisch aktiv im Arbeitsschutz – beispielsweise durch Gütesiegelverfahren, Präventionskampagnen, Analyse von Unfällen und darauf basierende Entwicklung von Maßnahmen zur Verhinderung von Arbeitsunfällen, aber auch durch finanzielle Förderung von Arbeitsschutzmaßnahmen und entsprechende Ausbildung von Mitarbeitern. 

Da die Berufsgenossenschaften verpflichtet sind, die geltenden Arbeitsschutzmaßnahmen in den Unternehmen auch zu überwachen, führen sie regelmäßig sogenannte Gefährdungsbeurteilungen durch. Die Berufsgenossenschaft entsendet dabei entsprechende Mitarbeiter zur Betriebsbegehung. Es wird dabei vor allem die Sicherheitstechnik im Unternehmen auf Aktualität und ordnungsgemäße Funktion überprüft. Daneben ermittelt die Berufsgenossenschaft Risikofaktoren für mögliche Unfallgefahren in dem jeweiligen Betrieb und an den individuellen Arbeitsplätzen. Es ist dann auch die Aufgabe der Berufsgenossenschaft, konkrete Maßnahmen zur Beseitigung oder zumindest zur Reduzierung von Unfallgefahren vorzuschlagen. 

Wozu brauche ich eine Unbedenklichkeitsbescheinigung der Berufsgenossenschaft?

Wenn Unternehmen ein anderes Unternehmen mit einer Dienstleistung beauftragen wollen, wird häufig die Vorlage einer sogenannten Unbedenklichkeitsbescheinigung von der Berufsgenossenschaft verlangt. Der Auftraggeber möchte vor Erteilung eines Auftrags an das Unternehmen sichergehen, dass der potenzielle Auftragnehmer zuverlässig ist und seine gesetzlichen Pflichten erfüllt.  

Mit der Unbedenklichkeitsbescheinigung der Berufsgenossenschaft kann das Unternehmen nachweisen, dass es Mitglied in der zuständigen Berufsgenossenschaft ist und auch keine Zahlungsrückstände bestehen. Die Vorlage einer solchen Unbedenklichkeitsbescheinigung schafft beim potenziellen Vertragspartner Vertrauen.  

Die Unbedenklichkeitsbescheinigung kann einfach bei der Berufsgenossenschaft vom Mitgliedsunternehmen angefordert werden. Mit einer entsprechenden Vollmacht des Mitgliedsunternehmens kann auch der Auftraggeber die Unbedenklichkeitsbescheinigung direkt bei der Berufsgenossenschaft einholen. 

Welche Berufsgenossenschaft ist für meine Branche zuständig?

Es ist immer nur ein Unfallversicherungsträger je Unternehmen zuständig, unabhängig von den verschiedenen Bestandteilen des Unternehmens. Die Berufsgenossenschaften sind nach Branchen strukturiert. In der Trägerübersicht des Bundesamts für Soziale Sicherung finden Sie Informationen über die Art, den Sitz und die Ansprechpartner der relevanten Berufsgenossenschaften, um die für Sie zuständige Berufsgenossenschaft zu ermitteln. Wenn Sie nicht sicher sind, welcher Unfallversicherungsträger für Sie zuständig ist, können Sie sich aber auch entweder direkt an eine Berufsgenossenschaft wenden, eine E-Mail an info@dguv.de senden oder die kostenlose bundesweit einheitliche Rufnummer der gesetzlichen Unfallversicherung (0800 60 50 40 4) anrufen.

Foto(s): ©Adobe Stock/FotoArtist

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