Berufsunfähigkeitsversicherung muss bei Burn-out des Versicherten zahlen! (Landgericht München)

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Das Landgericht München hatte sich mit dem Burn-out-Syndrom eines Versicherten zu befassen (LG München, Urteil vom 22. 3. 2006, Aktenzeichen 25 O 19798/03).

Dass Depressionen und Burn-out-Syndrome stetig zunehmen, ist mittlerweile auch den Gerichten bewusst. Selbst die Volkskrankheit „Rücken“ tritt mittlerweile in den Hintergrund.

Berufsunfähigkeitsversicherer lehnen jedoch häufig die Leistungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung ab. Ein Problem ist die Darlegung der Berufsunfähigkeit des Versicherten im Rahmen seiner Beweislast. Hierbei werden hohe Anforderungen an den Nachweis der Berufsunfähigkeit gestellt. Dazu gehört u. a. das Beibringen aussagekräftiger ärztlicher Nachweise wie Befunde und Diagnosen.

Der Versicherte trägt die Beweislast für die Berufsunfähigkeit!

Symptome wie u. a. Erschöpfungsbefinden, Gereiztheit, Müdigkeit und Gleichgültigkeit sind Erscheinungsformen und meist Begleiterscheinungen für weitere Krankheiten. Das Burn-out-Syndrom selbst lässt sich schlecht klassifizieren und in eine „Schublade stecken“, die man dann als anerkannte Krankheit im Rahmen der Berufsunfähigkeitsbedingungen „aufziehen“ kann. Dennoch wird jemand, der an dieser Depression leidet, nicht selten nicht mehr arbeiten können. Kann der Versicherte über eine längere Zeit nicht in seinem Beruf tätig sein, kann man von Berufsunfähigkeit sprechen. Dabei kommt es aber auf die vertraglichen Bedingungen an.

Arbeitsunfähigkeit ist jedoch nicht zwingend auch Berufsunfähigkeit!

Nach dem Urteil des Landgerichts München müssen Versicherungen bei Berufsunfähigkeit auch beim sogenannten Burn-out-Syndrom zahlen.

In dem zugrunde liegenden Sachverhalt ging es um einen selbstständigen Finanzmanager, der unter Arbeitsüberlastung und Erfolgsdruck litt. Der Kläger hatte dauernd Arbeitsstress und führte täglich bis zu 200 Telefonate, wobei er in der Woche durchschnittlich 10 Stunden pro Tag arbeitete. Auch war er am Wochenende beruflich tätig. Häufige Dienstreisen waren nicht selten. Der Manager bekam Angstzustände, Kopfschmerzen und Schwindelanfälle. Der Kläger war sozusagen: „ausgebrannt”.

Ein Gutachten bestätigte eine 50%ige Berufsunfähigkeit

Die ärztliche Diagnose lautete: “Burn-out-Syndrom”. Die ärztliche Empfehlung war, nicht mehr in dem Beruf weiter zu arbeiten. Daraufhin beantragte der Kläger bei seiner Berufsunfähigkeits – Versicherung die vertraglich vereinbarte Berufsunfähigkeitsrente. Die Versicherung erkannte das Burn-out-Syndrom als bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit jedoch nicht an und lehnte die Zahlung der Berufsunfähigkeits-Rente ab.

Das Landgericht München verurteilte die Versicherung jedoch zu einer Nachzahlung der Berufsunfähigkeitsrente! Es stützte seine Entscheidung auf das eingeholte Gutachten.

„Ist der im Kapitalhandel mit Banken, Versicherungen und Pensionsfonds als Vermittler tätige VN aufgrund einer schweren Persönlichkeitsstörung mit anankastischen und zwanghaften Zügen in seinem Abstraktionsvermögen und seiner Konzentration so beeinträchtigt, dass er den hohen Anforderungen seiner Tätigkeit zu 50% nicht mehr gewachsen ist, so ist von einer Berufsunfähigkeit auszugehen.“ (LG München, Urteil vom 22. 3. 2006, Aktenzeichen 25 O 19798/03)

Den Versicherten ist meist nicht bewusst, dass sie an Depressionen leiden und vielleicht auch ein „Burn-out“ vorliegt. Auch wissen Versicherte meist nicht, dass Sie in diesem Fall möglicherweise schon Ansprüche bei einer Berufsunfähigkeitsversicherung geltend machen können. Das Urteil des LG München gibt jedoch eine positive Richtung vor!

Wenn der Versicherte die Zahlung von Renten beantragt, muss er diverse Antragsfragen des Versicherers beantworten. Diese Antragsfragen des Versicherers sind nicht selten unübersichtlich und umfassend gestaltet. Auch sind ärztliche und qualifizierte Nachweise zu erbringen. Dieses ist meist nicht von den Versicherten – bei denen akut eine Berufsunfähigkeit vorliegt – alleine zu bewältigen.

Zahlt die Berufsunfähigkeitsversicherung die vereinbarten Renten trotzdem nicht an den Versicherungsnehmer? Lehnt diese den Antrag dennoch ab? Spätestens jetzt ist anzuraten, zeitnah anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Hierbei sollten Sie einen versierten Versicherungsspezialisten aufsuchen.

Nicht immer ist die Leistungsablehnung des Versicherers gerechtfertigt. Auch der Versicherer muss sich an den geschlossen Versicherungsvertrag halten!

Pacta sunt servanda – Verträge sind einzuhalten, sagen die Juristen!

Denken Sie bitte daran: Es wurden meist über Jahre treu und vertragskonform Prämien gezahlt! Nun sollte auch der Versicherer sich an seine vertraglichen Pflichten halten.

Rechtsanwalt Dipl. Mag.- Jur. Björn Thorben M. Jöhnke


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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