Betriebsbedingte Kündigung, insbesondere wegen Corona

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I. Ich habe eine Kündigung erhalten, was kann ich tun?

Erhält ein Arbeitnehmer eine Kündigung hat er die Möglichkeit, eine Kündigungsschutzklage nach dem Kündigungsschutzgesetz beim Arbeitsgericht einzureichen. Das Arbeitsgericht überprüft dann, ob die Kündigung wirksam ist.

Zu beachten ist allerdings, dass die Kündigungsschutzklage innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung eingereicht werden muss.

II. Wann findet überhaupt das Kündigungsschutzgesetz Anwendung?

Das Kündigungsschutzgesetz findet Anwendung, wenn der Arbeitgeber in der Regel mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt und der gekündigte Arbeitnehmer mehr als sechs Monat beim Arbeitgeber beschäftigt ist.

III. Welche Möglichkeiten habe ich, wenn das Kündigungsschutzgesetz in meinem Fall keine Anwendung findet? Kann ich trotzdem gerichtlich gegen die Kündigung vorgehen?

Sofern das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung findet, kann auch keine Kündigungsschutzklage erhoben werden. Allerdings besteht die Möglichkeit, Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung zu erheben. Das Arbeitsgericht überprüft dann lediglich, ob Missbrauchsgründe auf Arbeitgeberseite vorliegen.

IV. Welche allgemeinen Anforderungen werden an eine Kündigung gestellt? Gibt es Besonderheiten auf Grund der Corona-Krise?

Die Kündigung muss dem Arbeitnehmer schriftlich ausgesprochen werden und im Original zugehen. Zudem sind die Kündigungsfristen zu beachten. Sofern im Arbeitsvertrag keine besonderen Fristen vereinbart wurden, greifen die gesetzlichen Kündigungsfristen, die von der Dauer des Bestands des Arbeitsverhältnisses abhängig sind. Schließlich muss der Ausspruch der Kündigung immer das letzte Mittel sein.

Diese Anforderungen an die Kündigung gelten auch während der Corona-Krise. Zusätzliche oder besondere allgemeine Anforderungen werden auf Grund der Krise an die Kündigung nicht gestellt.

V. Welche Kündigungsgründe kommen in Betracht?

Nach dem Kündigungsschutzgesetz kommen drei Kündigungsgründe in Betracht: Die verhaltensbedingte, die personenbedingte und die betriebsbedingte Kündigung.

VI. Welcher Kündigungsgrund ist insbesondere während der Corona-Krise von Bedeutung?

Auf Grund der aktuellen Corona-Krise und vor dem Hintergrund des Lockdowns stehen viele Unternehmen vor wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Aus diesem Grund ist vor allem die betriebsbedingte Kündigung von besonderer Relevanz.

VII. Wann ist eine betriebsbedingte Kündigung grundsätzlich sozial gerechtfertigt und damit wirksam?

Eine betriebsbedingte Kündigung ist grundsätzlich sozial gerechtfertigt, wenn:

  1. Der Arbeitnehmer in dem Betrieb nicht weiterbeschäftigt werden kann (dringende betriebliche Erforderlichkeit),
  2. keine anderweitige freie Beschäftigungsmöglichkeit im Betrieb besteht und
  3. eine Sozialauswahl durchgeführt wurde, bei der mit dem zu Kündigenden vergleichbaren Arbeitnehmer einbezogen werden und ermittelt wird, welcher Arbeitnehmer am wenigsten schutzbedürftig ist.

VIII. Wann liegt ein dringendes betriebliches Erfordernis – insbesondere auf Grund der Corona-Krise – vor?

Zu den betrieblichen Erfordernissen zählen sowohl innerbetriebliche als auch außerbetriebliche Umstände. Außerbetriebliche Umstände können bspw. Umsatz- oder Auftragsrückgänge darstellen. Zu den innerbetrieblichen Umständen gehört vor allem die sog. Unternehmerentscheidung. Darunter versteht man eine organisatorische Maßnahme des Arbeitgebers, deren Umsetzung das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung eines oder mehrerer Arbeitnehmer entfallen lässt.

Auf Grund des Lockdowns und den damit verbundenen zahlreichen Betriebsschließungen müssen Arbeitgeber vor allem mit Auftragsrückgängen kämpfen. Stützt der Arbeitgeber seine Kündigung auf solche Auftragsrückgänge, muss er im Kündigungsschutzverfahren beweisen, dass die Beschäftigung für den gekündigten Arbeitnehmer dauerhaft weggefallen ist. Gerade die Begründung der Dauerhaftigkeit kann für den Arbeitgeber im Einzelfall schwer sein, da nicht absehbar ist, wie lange die Corona-Maßnahmen andauern, wie lange der Betrieb des Arbeitgebers geschlossen bleibt und vor allem, ob der Auftragsrückgang nicht nur vorübergehend ist und dieser langfristig aufgeholt werden kann. Denn diese ganzen Corona-Maßnahmen der einzelnen Länder sind befristet.

Stützt der Arbeitgeber dagegen seine Kündigung auf einer unternehmerischen Entscheidung, etwa der Umstrukturierung des Betriebs, führt das Arbeitsgericht lediglich eine Missbrauchskontrolle durch und überprüft ebenfalls, ob der Arbeitsplatz des gekündigten Arbeitnehmers dauerhaft weggefallen ist oder bis zum Ablauf der Kündigungsfrist wegfallen wird.

IX. Wann kommt eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit in Betracht?

Eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit kommt in Betracht, wenn im Betrieb des Arbeitgebers ein freier Arbeitsplatz verfügbar ist. Zu beachten ist, dass u. U. auch solche Arbeitsplätze in Betracht kommen können, die der gekündigte Arbeitnehmer nach einer kurzen Umschulung oder Einarbeitung besetzen kann.

X. Was ist eine Sozialauswahl? Welche Folgen hat eine unterbliebene Sozialauswahl?

Eine Sozialauswahl ist eine Prüfung, bei der der Arbeitgeber ermittelt, welche Arbeitnehmer von einer beabsichtigten Kündigung am wenigsten wirtschaftlich betroffen sein werden. Eine solche Sozialauswahl ist allerdings nur bei betriebsbedingten Kündigungen durchzuführen.

Hierzu muss der Arbeitgeber Vergleichsgruppen bilden und anhand von sozialen Kriterien wie die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, Unterhaltsverpflichtungen und etwaige Schwerbehinderungen des Arbeitnehmers zu berücksichtigen.

Ist eine solche Sozialauswahl unterblieben, ist die Kündigung allein aus diesem Grund unwirksam.

XI. Welche mildere Mittel kommen vor Ausspruch einer Kündigung – vor allem während der Corona-Krise – in Betracht?

Vor Ausspruch einer Kündigung sollte der Arbeitgeber über andere Möglichkeiten, die gleich geeignet sind, nachdenken. In Betracht kommt bspw. der Ausspruch einer Änderungskündigung.

Vor dem Hintergrund der Corona-Krise wurden dir Voraussetzungen zur Einführung von Kurzarbeit gelockert. Daher ist die Einführung von Kurzarbeit vor Ausspruch einer Kündigung zu erwägen.


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