Betriebsschließungsversicherung: Corona als Super-GAU für die Versicherungswirtschaft?

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Gastronomen, Hoteliers und Ladenbesitzer ist es seit Kurzem wieder möglich Gäste und Kunden zu empfangen, wenn auch mit einigen Auflagen. Über Wochen mussten sie aufgrund Allgemeinverfügung ihre Restaurants, Hotels und Läden wegen der Corona-Pandemie schließen. Dies hat hohe wirtschaftliche Schäden verursacht.

In Erwartung, dass dieser Schaden durch Leistungen ihrer Betriebsschließungsversicherung kompensiert werden würde, haben sie den Schadensfall bei ihrer Versicherung angezeigt. Regelmäßig erteilen Versicherer jedoch eine Absage. Sie behaupten, sie seien nicht zur Leistung verpflichtet, beispielsweise, weil das Coronavirus nicht vom Versicherungsvertrag umfasst sei, weil eine Leistungspflicht nur bestehe, wenn ein solcher Virus im Hotel, Restaurant oder Laden des Versicherungsnehmers eingetreten sei, nicht aber, wenn die Schließung ohne diesen konkreten Bezug angeordnet oder weil man als Hotel ja immer noch Geschäftskunden beherbergen konnte bzw. Gerichte „take away“ anbieten könne.

Zahlreiche Unternehmer geben sich mit solchen Begründungen nicht zufrieden und setzen sich gegen die Ablehnung ihrer Versicherung zur Wehr. Dass dies nicht ohne Erfolgsaussichten ist zeigt eine aktuelle Entscheidung des Landgerichts Mannheim vom 29.04.2020 – 11 O 66/20.

Zwar ist jeder Fall gesondert zu betrachten. Dies gilt insbesondere für die dem jeweiligen Versicherungsvertrag zugrunde zu legenden Vertragsbedingungen. Aber nach einer Auswertung zahlreicher Vertragswerke verschiedener Betriebsschließungsversicherungen, die wir in unserer Kanzlei vorgenommen haben, ist festzustellen, dass voraussichtlich ein weitaus überwiegender Teil von Hoteliers, Gastwirten und auch Ladenbesitzer gute Chancen haben werden, Ansprüche gegen ihre Versicherung aus der Betriebsschließungsversicherung erfolgreich durchzusetzen.

So bestätigt das Landgericht Mannheim die auch von uns vertretene Auffassung, dass der Anspruch eines Hoteliers nicht deswegen zurückgewiesen werden kann, weil er immer noch Geschäftskunden beherbergen konnte und daher keine Betriebsschließung vorläge. Tatsächlich ist häufig von einer faktischen Betriebsschließung auszugehen, insbesondere, wenn ein Hotel regelmäßig nur einen kleinen Anteil an geschäftlichen Übernachtungen verzeichnet. Gleiches gilt für Restaurants, bei denen „Take away“-Angebote regelmäßig bei weitem nicht die Umsätze erzielen lassen, welche üblicherweise im normalen Restaurantbetrieb, in welchem Gäste mehrere Gänge und ausgiebig Getränke ordern, zu erzielen sind. Insofern ist dies rein tatsächlich einer vollständigen Betriebsschließung gleichzusetzen.

Insofern sollten Hoteliers, Gastwirte und Gewerbetreibende sehr gut überlegen, ob sie sich mit einer Leistungsablehnung ihrer Versicherung abfinden oder beispielsweise freiwillige Angebote von Versicherern unter gleichzeitiger Abgeltung aller weiteren Ansprüche vorschnell annehmen. Jedenfalls sollten sie die Vertragsbedingungen ihrer Betriebsschließungsversicherungen anwaltlich prüfen lassen.

KSR Rechtsanwaltskanzlei

Rechtsanwalt/Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht 

Siegfried Reulein 

Rechtsanwaltskanzlei KSR, Nürnberg. Wir beraten und vertreten als Fachanwaltskanzlei für Bank- und Kapitalmarktrecht seit mehr als 15 Jahren Mandanten im Zusammenhang mit der Vermittlung von Kapitalanlagen und der fehlerhaften Beratung von Kapitalanlegern in ganz Deutschland.


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