Corona: Versicherungsleistung für Hotels und Gastronomiebetriebe?

  • 3 Minuten Lesezeit

Viele Gewerbetreibende haben aufgrund der im März erlassenen Allgemeinverfügung ihre Betriebe schließen müssen. Seitdem herrscht bundesweit Streit darüber, ob Leistungen aus einer Betriebsschließungsversicherung verlangt werden können und auch die Gerichte vertreten hierzu unterschiedliche Auffassungen. Da eine höchstrichterliche Entscheidung noch nicht vorliegt, stellen sich Betroffene häufig die Frage, ob es Sinn macht, den Anspruch weiter zu verfolgen. 

Das Landgericht München I hat in seiner Entscheidung vom 01.10.2020 zum Aktenzeichen 12 O 5895/20 häufige Streitfragen zugunsten des Versicherungsnehmers entschieden und den Anspruch auf die Versicherungsleistung bestätigt.

Streitfrage: Ist eine Schließungsanordnung durch Allgemeinverfügung ausreichend?

Das Landgericht München I hat dies bejaht. Nach Auffassung des Gerichts kommt es weder auf die Rechtsform noch auf die Rechtmäßigkeit der Anordnung an. Darüber hinaus sei der Versicherungsnehmer auch nicht verpflichtet gewesen, gegen die Anordnung vorzugehen.

Streitfrage: Setzt die Leistungspflicht einen Corona Fall in dem betroffenen Betrieb voraus?

Diese Frage wurde eindeutig verneint. Nach den gängigen Bedingungen der Betriebsschließungsversicherungen ist ausreichend, wenn der Betrieb aufgrund des Infektionsschutzgesetzes geschlossen wird. So war es auch in dem dort entschiedenen Fall.

Streitfrage: Entfällt die Versicherungsleistung bei außer Hausverkauf?

In dem zu entscheidenden Fall stellte sich die Frage nicht, da in dem streitgegenständlichen Zeitraum kein außer Hausverkauf stattgefunden hatte. Das Landgericht hat jedoch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass ein solcher dem Versicherungsnehmer zudem unzumutbar gewesen wäre. Begründet wurde dies insbesondere damit, dass der außer Hausverkauf für einen Restaurantbetrieb lediglich ein vollkommen ungeordnetes Mitnahmegeschäft und keinesfalls eine unternehmerische Alternative darstellen würde, auf die sich der Versicherungsnehmer verweisen lassen müsste.

Streitfrage: Sind die AVB abschließend oder nicht?

Nach wie vor ist die meist entscheiden Frage, ob die in den Versicherungsbedingungen aufgezählten Krankheuten und Krankheitserreger abschließend sind. Insbesondere in den Fällen, in denen diese in den Versicherungsbedingungen wörtlich aufgeführt sind, führen die Versicherer berufen sich die Versicherer regelmäßig auf Leistungsfreiheit mit der Begründung, dass das Corona-Virus in der Aufzählung nicht enthalten sei.

So hatte sich auch in dem entschiedenen Fall der Versicherer darauf berufen, dass das Corona Virus in der Auflistung der Krankheiten und Krankheitserreger namentlich nicht benannt worden ist. Das Landgericht ist der Auffassung nicht gefolgt mit der Begründung, dass der Versicherungsvertrag am 04.03.2020 und somit mitten in und gerade aufgrund der Pandemie abgeschlossen habe. Zudem müssen Vertragsbedingungen, die den Versicherungsschutz einschränken, dies dem Versicherungsnehmer verdeutlichen. Erfolgt aber, wie häufig in den Bedingungen, lediglich eine Wiedergabe der Krankheiten und Krankheitserreger, müsste der Versicherungsnehmer diese mit dem Gesetz vergleichen, um feststellen zu können, ob der Versicherungsschutz umfassend sei. Dies könne jedoch nicht gefordert. Eine Klausel, deren Tragweite nur durch den Vergleich mit einer gesetzlichen Vorschrift erkennbar ist, sei intransparent.

Streitfrage: Sind staatliche Leistungen wie das Kurzarbeitergeld anzurechnen?

Nach Auffassung des Landgerichts sind für die Höhe der Versicherungsleistung weder das Kurzarbeitergeld noch staatliche Corona-Liquiditätshilfen anspruchsmindernd zu berücksichtigen.

Wie sollte weiter vorgegangen werden?

Mit der Ablehnung der Leistungspflicht liegt ein Versicherungsfall im Sinne der Rechtsschutzversicherungsbedingungen vor. Bei Klageerhebung sollte vorab geprüft werden, ob das zuständige Landgericht bereits einen vergleichbaren Fall entschieden hat und welche Rechtsauffassung es dabei vertreten hat.

Was ist bei Klageerhebung zu bedenken? 

Nach der Zivilprozessordnung sind Klagen grundsätzlich am Sitz des Beklagten zu geben. Das Versicherungsvertragsgesetz sieht insofern jedoch eine Besonderheit vor, da für Klagen aus dem Versicherungsvertrag auch das Gericht örtlich zuständig ist, in dessen Bezirk der Versicherungsnehmer zurzeit der Klageerhebung seinen Wohnsitz, in Ermangelung eines solchen seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, § 215 VVG. Der Versicherungsnehmer kann also vorab überprüfen lassen, ob eines der beiden zuständigen Landgerichte bereits Verfahren zugunsten der Versicherungsnehmer entschieden hat.

Kompetenz im Versicherungsrecht

Aufgrund meiner Erfahrung und langjährigen Tätigkeit als Fachanwältin für Versicherungsrecht auf Seiten der Versicherungsnehmer stehe ich Ihnen bundesweit für eine fachkundige Überprüfung und Durchsetzung Ihrer Leistungsansprüche gern zur Seite.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwältin Birte Raguse

Beiträge zum Thema