Beweislast bei Online-Bewertungen

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Bewertungen von Waren und Dienstleistungen im Internet sind in der heutigen Zeit wohl eines der bedeutendsten Faktoren für eine gute Reputation und damit verbunden wirtschaftlichen Erfolg. Das Thema Reputationsmanagement rückt daher immer mehr in den Fokus von Unternehmern und Freiberuflern. Negative und angeblich falsche Bewertungen sind aus diesem Grund auch vermehrt Gegenstand von Gerichtsverfahren.

Ärzte als Vorreiter bei Bewertungen

Die Berufsgruppe, die quasi Pionierarbeit in diesem Bereich leistet, sind die Ärzte. Sie waren der erste Berufszweig, der sich im großen Stil mit Bewertungen im Internet auseinandersetzen musste. Das Aufkommen von Portalen wie Jameda & Co. hat dazu geführt, dass die Arztwahl vor allem im Internet und auf Grundlage von Bewertungen anderer Patienten stattfindet. Während viele Ärzte und auch Patienten froh sind über die neue Transparenz, erleben wir in unserem Beratungsalltag auch immer wieder die Schattenseiten dieser digitalen Entwicklung. So werden mit dem Druckmittel einer negativen Bewertung Krankschreibungen oder Rezepte „erpresst“ und es gibt vermehrt negative Fake-Bewertungen, z. B. durch Konkurrenten.

Bewertungen mit falschen Tatsachenbehauptungen oder gänzlich falsche – ausgedachte – Bewertungen können bei den einschlägigen Plattformen gelöscht werden. Bei Streit über die Wahr- oder Unwahrheit einer Tatsachenbehauptung stellt sich dann jedoch immer die Frage, wer die Wahr- oder Unwahrheit eigentlich darlegen und beweisen muss.

Brandaktuelle Entscheidung des LG Frankenthal

Das Landgericht Frankenthal (Urteil vom 18. September 2018, 6 O 39/18) hat sich nun genau zu diesem Thema geäußert und die von der bisherigen Rechtsprechung entwickelten Grundsätze fortgeschrieben und weiterentwickelt.

Nach der Rechtsprechung müssen Bewertungen einen tatsächlichen Anknüpfungspunkt haben. Bei einer Arztbewertung muss daher mindestens ein Arzt-Patienten-Verhältnis bestehen und ein Behandlungskontakt stattgefunden haben. Bewertungen, die ohne jeden solchen Kontakt abgegeben werden, sind rechtswidrig und von Plattformen zu löschen. Da Bewertungen in den meisten Fällen aber anonym veröffentlicht werden, ist das Bestehen eines Behandlungskontakts für den betroffenen Arzt einer solchen Bewertung meist nicht nachzuvollziehen. Der Bewertende möchte im Zweifel auch unerkannt bleiben und die Bewertungsplattform hat – neben eigenen wirtschaftlichen Interessen – auch die datenschutz- und persönlichkeitsrechtlichen Aspekte ihrer Nutzer zu berücksichtigen.

Im vom LG Frankenthal zu entscheidenden Fall wehrte sich ein Arzt gegen eine negative und aus seiner Sicht falsche Bewertung und bestritt, dass ein Behandlungskontakt stattgefunden habe. Der Bewertende lehnte es auf Nachfrage der Bewertungsplattform ausdrücklich ab, die Bewertung näher zu begründen und Anknüpfungstatsachen für den Behandlungskontakt darzulegen. In einem übersandten Dokument der Plattform an den Arzt waren der Patientenname und das Datum geschwärzt und es wurde ein Behandlungszeitraum von Juni 2012 bis Juni 2016 angegeben. Allein mit diesen Informationen war nicht nachvollziehbar, ob der Bewertende tatsächlich ein Patient des Arztes war.

Die Richter am LG Frankenthal sahen dies nicht als ausreichend an und stellten die Grundsätze der Beweislast im Rahmen von Bewertungen noch einmal klar. Danach trägt grundsätzlich der Kläger (hier also der Arzt) die Beweislast für die Rechtswidrigkeit einer Bewertung. Aufgrund der Beweisschwierigkeiten bei einer negativen Tatsache (hier das Nicht-Stattfinden einer Behandlung) muss das Bewertungsportal daher im Rahmen der sekundären Darlegungslast Tatsachen vorlegen, die der klägerische Arzt entkräften kann.

Im konkreten Fall reichte das übersandte geschwärzte Dokument aus Sicht des Landgerichts nicht aus. Es sei daher davon auszugehen, dass eine Behandlung nicht stattgefunden habe und die Bewertung somit unwahr und zu löschen sei.

Auswirkungen auf Jameda & Co. 

Das Urteil stellt unter anderem das übliche Vorgehen von Jameda in Frage. Als derjenige, der versucht, eine Bewertung zu löschen, erhält man oft nur zu einem Großteil geschwärzte Dokumente über den angeblichen Behandlungskontakt. Ob dies nach dem Urteil der Frankenthaler Richter wirklich ausreicht, darf bezweifelt werden. 

Bei Löschungsverlangen muss im Sinne eines fairen Interessensausgleichs – neben den verständlichen datenschutzrechtlichen Interessen der Plattform und der Nutzer – der Betroffene in die Lage versetzt werden, den Grund und den Sachverhalt der Bewertung nachvollziehen zu können.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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