BGH bestätigt erneut: Auch demente Personen können Anwälte wirksam bevollmächtigen

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BGH, Beschluss vom 03.05.2023 - XII ZB 442/22


Im Betreuungsverfahren wird die Verfahrensvollmacht eines Anwalts nicht automatisch von Amts wegen überprüft.
Wenn eine betreute Person von einem Anwalt vertreten wird, wird die Vollmacht nur überprüft, wenn es eine Beanstandung durch eine andere beteiligte Partei gibt. Das Gericht müsste die Vollmacht gemäß der Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) nur prüfen, wenn es begründete Zweifel an ihrer Wirksamkeit gibt.


Die fehlende Geschäftsfähigkeit der betreuten Person ist im Betreuungsverfahren kein Argument dafür.
Eine schwer demente Frau hat sich mithilfe ihres Anwalts gegen die Bestellung eines Berufsbetreuers gewehrt, der auf Antrag einer ihrer Enkelinnen eingesetzt werden sollte. Die Frau hatte Jahre zuvor einer anderen Enkelin eine Generalvollmacht erteilt, die nach ihrem Willen weiterhin gültig sein sollte.


Das zuständige Landgericht zweifelte jedoch bereits die Zulässigkeit ihrer Beschwerde an: Die Vollmacht des auftretenden Anwalts war nicht in den Akten verzeichnet und aufgrund ihrer aufgehobenen Geschäftsfähigkeit wahrscheinlich ungültig, so das Landgericht.


Der XII. Zivilsenat des BGH, zuständig für Familienrecht, hat jedoch keine Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit der Beschwerde der dementen Dame, unter Berücksichtigung von § 11 Satz 4 FamFG.
Diese Vorschrift besagt, dass das Gericht im Betreuungsverfahren einen Mangel der Vollmacht von Amts wegen berücksichtigen muss, wenn kein Anwalt oder Notar als Bevollmächtigter auftritt.


Wenn die Betroffenen jedoch durch einen Rechtsanwalt vertreten werden, wird die Vollmacht nur auf Antrag anderer Beteiligter und nicht automatisch von Amts wegen überprüft, so der BGH.
Eine Ausnahme gilt nur bei begründeten Zweifeln an der Wirksamkeit oder dem Fortbestehen der Vollmacht, für die konkrete Anhaltspunkte erforderlich wären, so der Senat unter Berufung auf seine bisherige Rechtsprechung.
Die Richterinnen und Richter in Karlsruhe stellen klar, dass solche Zweifel im Betreuungsverfahren insbesondere nicht deshalb bestehen, weil die Betroffene möglicherweise nicht geschäftsfähig ist.
Schließlich erklärt § 275 FamFG die Betroffenen unabhängig von ihrer Geschäftsfähigkeit für uneingeschränkt verfahrensfähig – und damit auch befugt, einen Verfahrensbevollmächtigten zu beauftragen.


Das erstinstanzliche Gericht muss zusätzlich auch in der Sache neu entscheiden: Der BGH kritisiert, dass die betreute Person vor der Bestellung des Betreuers nicht persönlich angehört wurde.
Er weist vorsorglich darauf hin, dass der Wille der betreuten Person grundsätzlich zu beachten ist, wenn sie eine bestimmte Familienangehörige als Betreuerin wünscht.


Wenn dies jedoch zu erheblichen familiären Konflikten führen würde, die der betreuten Person schaden könnten oder die Regelung der wirtschaftlichen Verhältnisse gefährden könnten, könnten diese Umstände die Eignung dieser Person beeinträchtigen.

Foto(s): ASRA

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