BGH: Haftung wegen Lebenserhaltung durch künstliche Ernährung

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Im vorliegenden Fall geht es um den Kläger, dessen Vater im Jahr 2011 verstorben ist. Der Vater des Klägers litt an fortgeschrittener Demenz und war in den letzten Jahren seines Lebens bewegungs- und kommunikationsunfähig. Zudem hatte er mit Lungenentzündungen und einer Gallenblasenentzündung zu kämpfen. Der Patient wurde von September 2006 bis zu seinem Tod mittels einer PEG-Magensonde künstlich ernährt und stand unter der Betreuung eines Rechtsanwalts. Der Beklagte, ein niedergelassener Arzt für Allgemeinmedizin, betreute den Patienten als Hausarzt. Es gab keine Patientenverfügung des Patienten, und sein Wille in Bezug auf lebenserhaltende Maßnahmen konnte nicht anderweitig festgestellt werden.

Der Kläger behauptet, dass die künstliche Ernährung seit Anfang 2010 nur noch dazu führte, das Leiden des Patienten sinnlos zu verlängern. Er argumentiert, dass der Beklagte die Therapie dahingehend ändern hätte müssen, dass das Sterben des Patienten durch Beendigung der lebenserhaltenden Maßnahmen ermöglicht wird. Der Kläger verlangt Schmerzensgeld und Ersatz für Behandlungs- und Pflegeaufwendungen, die er aufgrund des ererbten Rechts seines Vaters geltend macht.

Der Prozessverlauf bisher zeigt, dass das Landgericht die Klage abgewiesen hat, während das Oberlandesgericht dem Kläger ein Schmerzensgeld in Höhe von 40.000 € zugesprochen hat. Das Oberlandesgericht argumentierte, dass der Beklagte seine Aufklärungspflicht vernachlässigt habe, indem er nicht ausführlich mit dem Betreuer die Frage der Fortsetzung oder Beendigung der Sondenernährung erörtert habe. Dies habe zu einer Verlängerung des Leidens des Patienten geführt, was einen ersatzfähigen Schaden darstelle.

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs besagt jedoch, dass der Kläger keinen Anspruch auf Schmerzensgeld hat. Unabhängig davon, ob der Beklagte seine Pflichten verletzt hat, fehlt es an einem immateriellen Schaden. Das Weiterleben des Patienten mit seinen krankheitsbedingten Leiden durch die künstliche Ernährung steht dem Tod gegenüber. Das menschliche Leben ist höchstrangig und absolut erhaltungswürdig, und es ist nicht zulässig, das Leben, auch wenn es von Leiden begleitet ist, als Schaden anzusehen. Die Verfassungsordnung verbietet es, ein solches Urteil über das Leben eines Patienten zu fällen.

Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Ersatz der Behandlungs- und Pflegeaufwendungen, die mit dem Weiterleben des Patienten und den damit verbundenen krankheitsbedingten Leiden zusammenhängen. Solche Aufwendungen sollen nicht durch Aufklärungs- und Behandlungspflichten im Zusammenhang mit lebenserhaltenden Maßnahmen verhindert werden, und sie dienen nicht dazu, das Vermögen des Patienten zu erhalten.

Zusammenfassend hat der Bundesgerichtshof die Klage des Klägers abgewiesen und argumentiert, dass Schmerzensgeld und Ersatz für Behandlungs- und Pflegeaufwendungen nicht gerechtfertigt sind, da das Leben an sich nicht als Schaden betrachtet werden kann.

Foto(s): www.kanzlei-steinwachs.de


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