BGH klärt Haftungsfrage: Wohnungseigentümer müssen Ansprüche gegen die Gemeinschaft richten
- 3 Minuten Lesezeit

Am 5. Juli 2024 hat der Bundesgerichtshof (BGH) in einem interessanten Urteil (V ZR 34/24) klargestellt, dass Wohnungseigentümer nach der Reform des Wohnungseigentumsgesetzes (WEMoG) seit dem 1. Dezember 2020 keine direkten Ansprüche mehr gegen den Verwalter haben. In der Entscheidung ging es um einen Rechtsstreit, bei dem ein Wohnungseigentümer Schadensersatz von der Verwalterin seiner Eigentümergemeinschaft verlangte. Doch das Gericht entschied, dass Ansprüche wegen Pflichtverletzungen des Verwalters ausschließlich gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE) geltend gemacht werden können, nicht gegen den Verwalter selbst.
Hintergrund des Falls
Im vorliegenden Fall klagte ein Wohnungseigentümer, der zugleich Rechtsanwalt ist, gegen die Verwalterin der Eigentümergemeinschaft. Grund war die verspätete Auszahlung eines Versicherungsbetrags, der nach einem Wasserschaden im Gebäude anfiel. Der Eigentümer hatte die Verwalterin mehrfach vergeblich zur Auszahlung aufgefordert und schließlich anwaltliche Schritte eingeleitet, um die Auszahlung zu erzwingen. Nachdem die Verwalterin dem nachgekommen war, verlangte der Eigentümer die Erstattung seiner Anwaltskosten – jedoch ohne Erfolg vor den Instanzen.
Das Berufungsgericht wies die Klage ab, da die Verwalterin keine vertragliche Pflicht gegenüber dem Kläger habe. Der BGH bestätigte dies in seiner Entscheidung und stellte klar: Der Verwaltervertrag entfaltet keine Schutzwirkung mehr zugunsten einzelner Wohnungseigentümer.
Rechtliche Würdigung aus Anwaltssicht
Vor der Reform des WEG war es möglich, dass ein Verwaltervertrag eine Schutzwirkung zugunsten einzelner Wohnungseigentümer entfalten konnte. Das bedeutete, dass ein Wohnungseigentümer bei Pflichtverletzungen des Verwalters direkt gegen diesen vorgehen konnte. Seit der WEMoG-Reform hat sich jedoch die Rechtslage geändert. Die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums liegt nun vollständig in den Händen der GdWE, und Ansprüche aufgrund von Pflichtverletzungen sind gegen diese zu richten. Dies betrifft sowohl primäre wie auch sekundäre Ansprüche.
Der BGH betonte, dass der Wohnungseigentümer ausreichend dadurch geschützt sei, dass er gegen die GdWE Ansprüche auf ordnungsgemäße Verwaltung geltend machen kann. Die GdWE wiederum muss sich das Verhalten des Verwalters als ihr Erfüllungsgehilfe zurechnen lassen. Daher bestehe keine Schutzlücke, die eine direkte Haftung des Verwalters gegenüber dem Wohnungseigentümer rechtfertigen würde.
Praxistipps für Wohnungseigentümer
Verwaltungsansprüche immer gegen die GdWE richten: Einzelne Eigentümer sollten sich bewusst sein, dass sie Ansprüche nicht mehr direkt gegen den Verwalter, sondern gegen die GdWE richten müssen. Wenn es zu Pflichtverletzungen seitens des Verwalters kommt, ist die GdWE der richtige Adressat.
Gemeinsame Durchsetzung von Regressansprüchen: Sollte die GdWE gegenüber dem Verwalter regresspflichtig werden, kann dies gemeinschaftlich eingefordert werden. Auch wenn dies in der Praxis umständlich sein mag, schützt dies die Wohnungseigentümer vor einer Aufteilung der Haftung.
Beschlussersetzungsklage nutzen: Falls die GdWE untätig bleibt und keinen Regressanspruch gegen den Verwalter durchsetzt, steht den Eigentümern der Weg über eine Beschlussersetzungsklage offen. So kann eine gerichtliche Entscheidung zur Durchsetzung des Schadensersatzanspruchs herbeigeführt werden.
Frühzeitige rechtliche Beratung: Gerade bei komplexen Fragen der WEG-Verwaltung und Haftungsansprüchen empfiehlt es sich, frühzeitig rechtlichen Rat einzuholen, um unnötige Kosten und langwierige Verfahren zu vermeiden.
Fazit
Das aktuelle Urteil des BGH unterstreicht den Paradigmenwechsel im WEG-Recht: Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ist jetzt der zentrale Ansprechpartner für Ansprüche aus Pflichtverletzungen des Verwalters. Für Wohnungseigentümer bedeutet dies, dass sie ihre Rechte im Zweifel über die GdWE und nicht mehr direkt gegenüber dem Verwalter durchsetzen müssen.
Haben Sie Fragen?
Sollten Sie als Wohnungseigentümer Fragen zu Ihren Rechten und Pflichten im Rahmen der WEG-Verwaltung haben oder rechtliche Unterstützung bei der Durchsetzung von Ansprüchen benötigen, stehe ich Ihnen als erfahrene Rechtsanwältin im WEG-Recht gerne zur Seite. Zögern Sie nicht, mich zu kontaktieren!
Artikel teilen: