BGH: Schadenersatz auch im Wohnmobil-Abgasskandal möglich

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Auch im Abgasskandal um Wohnmobile auf Basis eines Fiat Ducato haben die Käufer grundsätzlich Anspruch auf Schadenersatz. Voraussetzung ist, dass der Autohersteller eine unzulässige Abschalteinrichtung verwendet hat. Das hat der BGH mit Urteil vom 27.11.2023 entschieden (Az. VIa ZR 1425/22) und knüpfte dabei an seine Rechtsprechung vom Juni 2023 an, nach der Schadenersatzansprüche im Abgasskandal schon dann bestehen, wenn der Autohersteller eine unzulässige Abschalteinrichtung auch nur fahrlässig verwendet hat.

Der BGH machte deutlich, dass solche Schadenersatzansprüche auch im Wohnmobil-Abgasskandal bestehen. Denn entscheidend sei nicht in welchem Land das Basisfahrzeug, in dem Fall ein Fiat Ducato, seine Typengenehmigung erhalten habe, sondern der Ort, in dem das vervollständigte Wohnmobil zugelassen wurde. Daher sei deutsches Recht anzuwenden, so der BGH.

In dem zu Grunde liegenden Fall hatte der Kläger ein Wohnmobil des Typs Sunlight A 68 als Neufahrzeug in Deutschland erworben. Das Modell basiert auf einen Fiat Ducato mit einem 2,3 Liter Dieselmotor und der Abgasnorm Euro 6. Die EG-Typengenehmigung für den Fiat Ducato wurde in Italien erteilt.

Als das Kraftfahrt-Bundesamt aufgrund hoher Abgaswerte beim Fiat Ducato im Jahr 2016 ein Verfahren eingeleitet hatte, hielten die italienischen Behörden ein Einschreiten nicht für notwendig.

Auch wenn es keinen behördlichen Rückruf für sein Wohnmobil gab, machte der Kläger Schadenersatzansprüche wegen der Verwendung unzulässiger Abschalteinrichtungen geltend. So führe ein Thermofenster dazu, dass die Abgasreinigung in einem vorgegebenen Rahmen zwar vollständig arbeite. Bei niedrigeren oder höheren Temperaturen werde die Abgasreinigung aber reduziert, was einen Anstieg der Stickoxid-Emissionen zur Folge hat.

Der EuGH hat bereits entschieden, dass Funktionen, die schon bei Temperaturen wie sie im Raum der EU im Jahresdurchschnitt üblicherweise herrschen, für eine Reduzierung der Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems sorgen, unzulässige Abschalteinrichtungen sind. Zudem hat der EuGH deutlich gemacht, dass schon bei Fahrlässigkeit des Autoherstellers Schadenersatzansprüche herrschen.

Dieser Rechtsprechung hat sich der BGH mit Urteilen vom 26. Juni 2023 angeschlossen. „Er hat entschieden, dass der Käufer bei Fahrlässigkeit Anspruch auf Ersatz des Differenzschadens hat, der zwischen 5 und 15 Prozent des Kaufpreises liegt. Das Fahrzeug muss der Käufer dann nicht zurückgeben, sondern kann es behalten“, erklärt Rechtsanwalt Dr. Ingo Gasser.

Auch in dem vorliegenden Fall sei davon auszugehen, dass es sich bei dem Thermofenster um eine unzulässige Abschalteinrichtung handelt und der Kläger daher Anspruch auf Ersatz des Differenzschadens habe, so der BGH. Ohne Relevanz sei dabei, dass die italienische Zulassungsbehörde auch nach dem Ersuchen des Kraftfahrt-Bundesamts nicht tätig geworden ist. Denn für den Schadenersatzanspruch komme es nur auf das Vorliegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung an, machten die Karlsruher Richter deutlich.

Der BGH verwies den Fall an die Vorinstanz, das OLG Bamberg, zurück. Das OLG hatte die Schadenersatzklage ursprünglich abgewiesen, da keine vorsätzlich sittenwidrige Schädigung vorliege. „Das war allerdings schon im September 2022, also lange bevor der BGH entschieden hat, dass Schadenersatzansprüche schon bei Fahrlässigkeit bestehen“, so Rechtsanwalt Dr. Gasser. Im Licht dieser Rechtsprechung des BGH muss das OLG den Schadenersatzanspruch jetzt neu bewerten. „Es ist davon auszugehen, dass das OLG Bamberg sich der Rechtsprechung des BGH anschließen und Schadenersatz zusprechen wird“, sagt Rechtanwalt Dr. Gasser, Kooperationspartner der IG Dieselskandal.

Nach der Entscheidung des BGH ist klar, dass im Wohnmobil-Abgasskandal Schadenersatzansprüche nach deutschem Recht bestehen. Rechtsanwalt Dr. Gasser: „Davon können etliche Wohnmobil-Besitzer profitieren und ihre Ansprüche jetzt geltend machen.“

Mehr Informationen: https://www.ingogasser.de/wohnmobile-abgasskandal-2023/



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