BGH schafft Vorerstreckungsklausel in Rechtsschutzverträgen ab

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Klausel in den Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung ARB wegen Intransparenz unwirksam: Urteil des BGH vom 04. Juli 2018 – IV ZR 200/16

Der Sachverhalt

Der Kläger begehrte die Deckungszusage seiner Rechtsschutzversicherung für eine außergerichtliche Tätigkeit seines Anwalts im Streit mit der Bank um die Wirksamkeit des erklärten Widerrufs eines Darlehensvertrages. Die Rechtsschutzversicherung des Klägers hatte die Kostenübernahme verweigert. Daraufhin reichte der Kläger gegen seine Rechtsschutzversicherung Deckungsklage ein und berief sich auf die Unwirksamkeit der Vorerstreckungsklausel.

In den Versicherungsbedingungen (ARB 2008) der Rechtsschutzbedingungen heißt es u. a. häufig: 

„§ 4 Voraussetzungen für den Anspruch auf Rechtsschutz: 

(1) Anspruch auf Rechtsschutz besteht nach Eintritt eines Rechtsschutzfalls 

a) ...

b) ...

c) in allen anderen Fällen von dem Zeitpunkt an, in dem der VN oder ein anderer einen Verstoß gegen Rechtspflichten oder Rechtsvorschriften begangen hat oder begangen haben soll.

Die Voraussetzungen nach a) bis c) müssen nach Beginn des Versicherungsschutzes gem. § 7 und vor dessen Beendigung eingetreten sein. 

(2) ...

(3) Es besteht kein Rechtsschutz, wenn 

a) eine Willenserklärung oder Rechtshandlung, die vor Beginn des Versicherungsschutzes vorgenommen wurde, den Verstoß nach Abs. 1c) ausgelöst hat; ...“ (= Vorerstreckungsklausel)

Bisher übernahmen Rechtsschutzversicherungen die Kosten eines Rechtsstreits bei einem laufenden Vertrag oft nicht, wenn die Streitursache vor dem Abschluss der Versicherung lag. Nunmehr kommt es für die Frage, ob der Rechtsschutzfall erst in der versicherten Zeit eingetreten ist, auf den Zeitpunkt an, in dem die Bank die Anerkennung des Widerrufs verweigert. Der BGH verabschiedete sich somit von der sog. „streitauslösenden Willenserklärung“. Hintergrund ist, dass der Rechtsschutzfall nicht bereits mit der Fehlerhaftigkeit einer Widerrufsbelehrung eintreten soll, sondern erst mit der Ablehnung eines Widerrufs.

Enge Auslegung der Vorerstreckungsklausel

Vorerstreckungsklauseln sind nach ständiger Rechtsprechung eng auszulegen, denn der durchschnittliche Verbraucher braucht nicht mit Lücken im Versicherungsschutz zu rechnen, ohne dass die Klausel ihm das hinreichend verdeutlicht. Eine klare Aussage, inwieweit der Versicherungsschutz eingeschränkt sein soll, enthält die Vorerstreckungsklausel nicht.

Unwirksame Vorerstreckungsklausel – denn kein Kunde kann diese Klausel bei gesundem Menschenverstand verstehen

Zudem enthält die Klausel keine zusätzliche Beschreibung des Rechtsschutzfalls, sondern stellt eine selbstständige, zeitlich begrenzte Leistungsausschlussklausel dar, die sogenannten Zweckabschlüssen von Rechtsschutzversicherungen entgegenwirken soll.

Nach dem Transparenzgebot müssen Klauseln klar und verständlich sein. Zudem muss aus einer Klausel hervorgehen, welche wirtschaftlichen Nachteile damit einhergehen. Laut BGH ist schließlich für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer durch Verwendung von Rechtsbegriffen – die nicht einheitlich ausgelegt werden und missverständlich sind – nicht klar bzw. durchschaubar, in welchen Fällen der Vorerstreckungsklausel Rechtsschutz besteht oder eben nicht, sodass mit dem BGH neuerdings von der Unwirksamkeit der Vorerstreckungsklausel in allen gängigen Allgemeinen Rechtschutzbedingungen ARB auszugehen ist. 


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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