BGH-Urteil zu Filesharing: Keine Antwortpflicht auf Abmahnungen, I ZR 228/19

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Internetanschluss-Inhaber muss wahren Täter außergerichtlich nicht benennen!

So entschied der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 17.12.2020, I ZR 228/19. Die Anwaltskanzlei, die im Auftrag der Koch Media GmbH geklagt hatte, musste sich mit dieser höchstrichterlichen Entscheidung geschlagen geben.

Koch Media GmbH & Filesharing

Die Koch Media GmbH ist auch für die Vermarktung von Computerspielen bekannt und lässt regelmäßig Internetanschluss-Inhaber durch abmahnen, sofern zuvor eine Urheberrechtsverletzung via Filesharing ermittelt worden ist.

Was ist passiert?

Beim Filesharing werden Dateien, hier das Computerspiel Saints Raw 3, aber auch z. B. Filme und Musik, unter den Usern diverser Internet-Tauschbörsen kostenlos getauscht. Das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung hat hierbei ausschließlich der Rechteinhaber inne (19a UrhG) oder jemand, der eine entsprechende Lizenz dafür erworben hat.

Allen anderen ist die Veröffentlichung geschützter Werke untersagt und sie werden bei Aufdeckung von Filesharing entsprechend in Anspruch genommen.

Grundsatz: Abgemahnter = vermuteter Täter

Anfangs wird vermutet, dass der Inhaber des Internetanschlusses auch gleichzeitig der Täter ist, also derjenige, welcher das Computerspiel unrechtmäßig im Internet weiteren Usern kostenlos zur Verfügung gestellt hat.

Die Ermittlung des Täters gestaltet sich jedoch nicht immer so einfach. Der Anschluss läuft zwar auf eine Person, für gewöhnlich haben aber auch andere Personen Zugriff auf diesen Anschluss. In diesem Fall war es der Sohn der Untermieterin.

Aufforderung zur Täterbenennung

In einer Abmahnung werden die Internetanschluss-Inhaber aufgefordert eine Unterlassungserklärung abzugeben, Schadensersatz zu zahlen und Rechtsanwaltskosten zu erstatten.

Neben diesen Forderungen wird in den meisten, wenn nicht sogar in allen Abmahnschreiben, die Möglichkeit eingeräumt, preiszugeben wer der eigentliche Täter ist. Denn oftmals haben Dritte die Urheberrechtsverletzung zu verantworten.

Sofern der Abgemahnte den Tatvorwurf nachweislich nicht begangen hat oder ernsthafte Zweifel daran aufkommen lässt, ist er nicht haftbar zu machen. 

Muss der wahre Täter „ausgeliefert“ werden?

Diese Frage wurde nun mit BGH-Urteil vom 17.12.2020 geklärt: Auskunftspflicht erst im Prozess!

Da der Beklagte den Sohn seiner Untermieterin erst im Gerichtsverfahren als Täter benannte, ließ die Klägerseite nicht locker und die Sache landete vor dem BGH. Sie warf die Frage in den Raum, ob der Beklagte nicht trotzdem haftbar zu machen sei. Denn er habe die Klägerin durch das Zurückhalten dieser Information vorsätzlich geschädigt und die unnötige Klageerhebung sowie in diesem Zusammenhang zusätzliche Kosten provoziert.

Diese Auffassung teilt der BGH jedoch nicht:

Eine Pflicht zur Auskunftserteilung über den wahren Täter bzw. eine dahingehende Vermutung besteht erst in einem Gerichtsverfahren. Folglich wurde die Klage gegen den Internetanschluss-Inhaber abgewiesen. Die Klägerin hat nunmehr die Möglichkeit gegen den eigentlichen Täter, den Sohn der Untermietern, ein Klageverfahren einzuleiten.

Streitfrage Verfahrenskosten

Der BGH entschied weiter, dass die Kosten des Rechtsstreits der Klägerseite zur Last gelegt werden. Da der Beklagte vorgerichtlich nicht verpflichtet gewesen ist, Auskunft zu erteilen, er also nichts falsch gemacht hat, kann er auch nicht zur Verfahrenskostenerstattung herangezogen werden.

Fazit: 
Internetanschluss-Inhaber sind vorgerichtlich nicht dazu verpflichtet, etwaige Kenntnisse über den Täter rauszurücken.

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