BGH zum gemeinsamen Vertreter: Vergütungsanspruch nach § 39 InsO nachrangig

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Der Anspruch eines – von den Anleihegläubigern im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Emittenten nach § 19 Abs. 2 SchVG bestellten – gemeinsamen Vertreters auf Vergütung für seine Tätigkeit zählt weder zu den Kosten des Insolvenzverfahrens nach § 54 InsO noch stellt er eine sonstige Masseverbindlichkeit im Sinne von § 55 InsO dar, die gemäß § 53 InsO aus der Insolvenzmasse vorab zu berichtigen wäre, BGH, Urteil vom 12.01.2017 – IX ZR 87/16; LG Dresden (lexetius.com/2017,148), Rndr. 13.

Nach einer in der Literatur vertretenen Auffassung ist der Anspruch gegen den Insolvenzschuldner aus § 7 Abs. 6 SchVG keine Masseverbindlichkeit, sondern eine bloße Insolvenzforderung, die teilweise als nachrangig gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 2 InsO beurteilt wird. Dieser Auffassung schließt sich der BGH-Senat an, ebenda, Rdnrn 12, 13.

Zwischenfazit: Hiernach geht der gemeinsame Vertreter leer aus. Er bekommt seine Kostenansprüche im Regelfall nicht erstattet. Denn seine Forderung ist nachrangig.

Vergütungsanspruch gesetzlich nicht geregelt

Weder das Schuldverschreibungsgesetz noch die Insolvenzordnung regelten, wie die Kosten und Aufwendungen eines erst im Insolvenzverfahren bestellten gemeinsamen Vertreters im Insolvenzverfahren geltend zu machen seien, ebenda, Rdnr. 10.

Der erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nach § 19 Abs. 2 Satz 1 SchVG bestellte gemeinsame Vertreter kann den ihm selbst nach § 7 Abs. 6 SchVG gegen den Insolvenzschuldner zustehenden Vergütungsanspruch im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners auch nicht als Insolvenzforderung geltend machen, denn sein Vergütungsanspruch war zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch nicht begründet. Er ist mit seinem Anspruch Neugläubiger, dem der Schuldner nur nach Maßgabe des § 89 Abs. 2 InsO mit seinem insolvenzfreien Vermögen hafte (vgl. BGH, Urteil vom 26.09.2013 – IX ZR 3/13, ZIP 2014, 137 Rn. 8), ebenda Rdnr. 29.

Vertragliche Vergütungsregelungen empfehlenswert

Dem gemeinsamen Vertreter bliebe die Möglichkeit, die Übernahme der Tätigkeit davon abhängig zu machen, dass die ihm zustehende Vergütung von den Anleihegläubigern direkt oder mittelbar aus der – vom gemeinsamen Vertreter – erzielten Befriedigungsquote aufgebracht wird (vgl. LG Düsseldorf, ZIP 2016, 1036, 1038; Antoniadis, NZI 2014, 785, 789; Scholz, DZWIR 2016, 451, 459). Im Einzelfall kann es auch zulässig sein, durch eine Vergütungsvereinbarung zwischen dem Insolvenzverwalter und dem gemeinsamen Vertreter eine Masseverbindlichkeit nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 Fall 1 InsO zu begründen, wenn die der Masse daraus entstehenden Kosten durch die aus der Tätigkeit des gemeinsamen Vertreters entstehenden Vorteile zumindest ausgeglichen werden, ebenda, Rdnr. 31.

Fazit

Die Kostenansprüche des gemeinsamen Vertreters errechnen sich aus einer 0,5-fachen Gebühr gemäß § 2 Abs. 2, § 13 RVG, Nr. 3320 VV-RVG zuzüglich einer Auslagenpauschale in Höhe von 20 € nach Nr. 7002 VV-RVG und der anfallenden Umsatzsteuer pro Einzelgläubiger als Mindestvergütung. Die Abrechnung nach dem Gesamtstreitwert ist nicht zulässig. Die Idee einer Win-win-Situation durch eine Vergütungsvereinbarung bleibt eröffnet.


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