Blasphemie auf der Heckscheibe kann strafbar sein

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Am 25.02.2016 hatte das Amtsgericht Lüdinghausen über einen heutzutage seltenen Sachverhalt zu befinden (Az. Ds-81 Js 3303/15-174/15). Es ging um einen pensionierten Lehrer, seine Autoheckscheibe und Gotteslästerung. Eine ungewöhnliche Kombination.

Der betroffene Lehrer kommt aus einer christlichen Glaubensfamilie. Im fortgeschrittenen Lebensalter stellte dieser jedoch für sich selber fest, die kirchlichen Aussagen und Auffassungen beinhalten äußerst fragwürdige Elemente. Die Kirche würde seiner Meinung nach eine Verdrängungspolitik führen und ihre Anhänger bewusst im Unklaren lassen.

Darüber hinaus vertritt er die Meinung, die Bevölkerung selber würde unter einer mangelnden Aufklärung leiden. Er beschloss im Herbst 2014 durch verschiedene Sprüche auf der Heckscheibe seines Autos einen Ansatz für solch eine notwendige Aufklärung zu setzen.

Die von ihm aufgeklebten Beschriftungen beinhalteten Aussagen wie „Jesus – 2000 Jahre rumhängen und immer noch kein Krampf!“ oder „Die Papstsau Franz umbringen“. Zu seiner Aufklärungsbewegung gehörten auch die bewusste Verwendung des PKWs im öffentlichen Verkehrsraum, sowie eine „knusprige“ Formulierung der aufgeklebten Sprüche, da dies mehr Aufmerksamkeit erregen würde und möglicherweise zu Diskussionen anstoße.

Das sich mit dem Fall beschäftigende Gericht sah damit die Tatbestandsvoraussetzungen des § 166 Abs. 2 StGB erfüllt.

Sowohl das Papsttum als auch der Leidenstod Christis sind Tatbestandsgegenstände des § 166 Abs.2 StGB. Als Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche ist der Papst der Nachfolger von Petrus und übernimmt damit das leitende Amt.

Das Kreuz gehört zu den spezifischen Glaubenssymbolen des Christentums. Gerade im Opfertod Christi vollzog sich für die Glaubenden die Erlösung des Menschen.

In der Hauptverhandlung ließ der Angeklagte sich zwar insoweit ein, die Sprüche bewusst zur Provokation aufgeklebt zu haben und auch billigend in Kauf genommen zu haben, Verunsicherungen bei betroffene Glaubende zum einen in ihrer religiösen Überzeugung sowie in ihrem Vertrauen in ihre Rechtssicherheit hervorzurufen.

Allerdings führte er dabei zusätzlich noch auf, seine aufgeklebten Sätze seien lediglich eine abgewandelte Form von Zitaten von Martin Luther und dem Moderator Friedrich Küppersbusch. Die Beleidigungen seien daher nicht ihm zuzuordnen.

Das Gericht stellte aber eine fehlende Kenntlichmachung der Zitateigenschaft fest. Hinzukommt, dass der Angeklagte diese vermeintlichen Zitate völlig aus dem Zusammenhang gerissen hat. Dadurch hat er sich diese zu Eigen gemacht.

Auch eine Berufung auf die Meinungs- oder Kunstfreiheit wurde von dem Gericht verworfen. Die Meinungsfreiheit findet ihre Schranken in den allgemeinen Gesetzen, somit auch in den strafbaren Verhaltensweisen des § 166 StGB.

Für eine Rechtfertigung durch die Kunstfreiheit stellte das Gericht bereits das fehlende Vorliegen der Kunsteigenschaft bei den aufgeklebten Sprüchen auf der Heckscheibe fest. Auch Außenstehende würden Schwierigkeiten haben, Aspekte von Kunst darin zu sehen.

Zu guter Letzt musste jedoch noch die Beeinträchtigung des öffentlichen Friedens im Sinne des § 166 Abs.2 StGB festgestellt werden.

Dadurch, dass die Äußerungen des Angeklagten nicht lediglich eine Denkanregung darstellt, sondern beleidigend ist, ist davon auszugehen, dass bei den betroffenen Glaubensanhängern eine Verunsicherung entstehen würde, ob man noch frei von Ängsten in der Gemeinschaft mit seinem Glauben leben könne. Darüber hinaus würde ich eine fehlende Strafbarkeit das Vertrauen von Glaubensanhänger bezüglich der rechtlich gewährleisteten Sicherheit zur Religionsausübung in Frage stellen. Zusätzlich würde die Intoleranz von Dritten gefördert werden, da diese in solch einem Fall davon ausgehen würden, ähnliche Beschimpfungen ohne staatliche Sanktionen ausüben zu können.

Im Ergebnis wurde der Angeklagte zu einer Gesamtgeldstrafe in Höhe von 30 Tagessätzen zu je 100 Euro verurteilt.


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