Blindengeld trotz Sehvermögens bei schwerer Demenz

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Das Bayerische Landessozialgericht hat im Urteil vom 19.12.2016 (Az. L 15 BL 9/14) entschieden, dass Blindheit im Sinne des Blindengeldgesetzes auch bei Vorhandensein eines Sehvermögens angenommen werden kann, wenn die Verarbeitung visueller Eindrücke aufgrund einer schweren Demenz nicht mehr möglich ist. Demnach wurde einer Klägerin Blindengeld gewährt, obwohl ihre Sehschärfe nicht konkret feststellbar war und keine spezifischen Schädigungen der Sehstrukturen nachgewiesen wurden. Der Fall ist bedeutend, da ihre Erkrankung nicht in den Richtlinien der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft verzeichnet ist, ihre Sinnesfunktionen jedoch aufgrund der Demenz hochgradig eingeschränkt sind und sie visuelle Eindrücke nicht verarbeiten kann. Dieses Urteil erweitert die Auslegung des Blindengeldgesetzes über die physische Sehfähigkeit hinaus auf die Verarbeitungsfähigkeit von Seheindrücken. Für weitere Informationen und Unterstützung zum Thema bietet Rechtsanwalt Markus Karpinski, Fachanwalt für Medizinrecht und Sozialrecht, seine Expertise an.

Blindheit ist auch dann anzunehmen, wenn zwar ein Sehvermögen vorhanden ist, die Verarbeitung des visuell Wahrgenommenen aber in Folge einer schweren Demenz nicht möglich ist. Dies entschied das Bayerische Landessozialgericht in seinem Urteil vom 19.12.2016 (Az. L 15 BL 9/14).

Für die Gewährung von Blindengeld muss der Antragssteller blind im Sinne des Blindengeldgesetzes sein. Demnach ist blind, wem das Augenlicht vollständig fehlt. Als blind gelten auch Personen, deren Sehschärfe auf dem besseren Auge nicht mehr als 1/50 beträgt und Personen, deren Sehschärfe auf dem besseren Auge zwar mehr als 1/50 beträgt, bei denen aber Störungen des Sehvermögens von einem dem vergleichbaren Schweregrad bestehen. In welchen Fällen eine Störung vorliegt, die einer Herabsetzung der Sehschärfe auf 1/50 oder weniger gleichzusetzen ist, ergibt sich aus den Richtlinien der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft. 

In dem entschiedenen Fall konnte die Sehschärfe der Klägerin nicht festgestellt werden, weil mit ihr auf Grund ihrer weit fortgeschrittenen Demenz keine Kommunikation mehr möglich war. Bei verschiedenen Untersuchungen konnten jedoch auch keine Anhaltspunkte für spezielle Schädigungen der Sehstrukturen festgestellt werden. D. h. es ist davon auszugehen, dass ihr das Augenlicht nicht vollständig fehlte und die Sehschärfe auch nicht unterhalb von 1/50 lag. Die bei der Klägerin vorliegende Erkrankung ist ebenfalls nicht in den Richtlinien aufgeführt. Dem ersten Anschein nach ist die Klägerin so nicht blind im Sinne des Blindengeldgesetzes.

Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Landessozialgerichts ist die Annahme von Blindheit im Sinne des Blindengesetzes bei speziellen Krankheitsbildern ausnahmsweise auch möglich, wenn dieses Krankheitsbild nicht in den Richtlinien genannt wird.

Bei der Klägerin liegt ein solcher Ausnahmefall vor, weil alle ihre Sinnesfunktionen auf Grund der Demenz hochgradig eingeschränkt sind. Durch diverse Gutachten wurde nachgewiesen, dass die Klägerin nicht mehr in der Lage ist, visuelle Eindrücke zu verarbeiten. D. h. sie kann Signale der visuellen Sinnesmodalitäten nicht identifizieren, mit früheren Erinnerungen nicht vergleichen und nicht benennen.

Sie ist also als blind im Sinne des Bayerischen Blindengeldgesetzes anzusehen, weil der Sehvorgang neben der optischen Reizaufnahme auch die weitere Verarbeitung der optischen Reize im Bewusstsein des Menschen umfasst.

Kontaktieren Sie mich, Rechtsanwalt Markus Karpinski, Fachanwalt für Medizinrecht und Fachanwalt für Sozialrecht von der Kanzlei für Pflegerecht in Lüdinghausen unter 0 25 91 – 20 88 58 und Dortmund unter  02 31 - 22 25 568 .


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