Brauerei-Werbung: Teil 1 - typisches Traditionsbewusstsein

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Bier ist das in Deutschland meist konsumierte alkoholische Getränk. Seit 1516 wacht das Reinheitsgebot über die Inhaltsstoffe des Lieblingsgetränks der Deutschen. Wie steht es aber um die Reinheit des Marketings für Bier?

Bier und Tradition

Bier ist ein Traditionsgetränk. Es ist erwiesen, dass Verbraucher ganz besonders gerne zu einem traditionsreichen Bier greifen. Wer eine lange Historie vorzuweisen hat, kann also auf einen höheren Absatz hoffen. Es gehört daher zum guten Ton bei deutschen Brauereien, mit einer langen Tradition zu werben. Kurioserweise gibt es alleine drei deutsche Brauereien, die sich dessen rühmen, die „älteste Brauerei der Welt zu sein“ (Scheyern, Weihenstephan und Weltenburger). Auch sonst spielen z. B. ortsbezogene Superlativen („Älteste Brauerei Thüringens“) und Jahreszahlen („Privatbrauerei seit 1782“) in der Werbung eine wichtige Rolle. Ebenso andere traditionsbezogene Werbeaussagen, wie z. B. die Darstellung von Mönchen, aus der der geneigte Verkehr auf eine klösterliche Brautradition schließen kann. 

Rechtsprechung

Die Traditionswerbung von Brauereien ist immer wieder bei Wettbewerbsgerichten auf den Prüfstand gestellt worden. Wir wollen hier nur einige Beispiele aufgreifen:

  • So musste sich der Bundesgerichtshof in dem Fall „Klosterbrauerei“ (Urteil vom 7. September 2002 – Aktenzeichen I ZR 276/99) mit der Frage befassen, ob die Werbung mit einer Tradition als Klosterbrauerei auch dann zulässig ist, wenn das Bier nicht mehr aus einer zum Kloster gehörenden Brauerei stammt und auch keine klösterliche Brautradition bestand. Dies wurde unter den besonderen Umständen des Einzelfalls bejaht, da die Bezeichnung seit über 150 Jahren unbeanstandet benutzt wurde, wodurch dem Werbenden ein wertvoller, durch eine länger andauernde redliche und ungestörte Benutzung geschaffener Besitzstand zukam, der höher wiegt als das Individualinteresse des gegen ihn klagenden Mitbewerbers.
  • Mit ähnlicher Begründung entschied der BGH einen Rechtsstreit zwischen zwei Kulmbacher Brauereien, von denen sich eine fälschlich über Jahrzehnte hinweg als „Erste Kulmbacher“ bezeichnet hatte (Urteil vom 28. Januar 1957 – Aktenzeichen I ZR 88/55). Die Klage wurde abgewiesen, da die angeblich „Erste Kulmbacher“-Brauerei diese Bezeichnung bereits über Jahrzehnte hinweg benutzt und damit einen Besitzstand erworben hatte.
  • Um eine irreführende Bezeichnung und einen Wettbewerbsverstoß handelt es sich bei einer in jüngerer Zeit in Betrieb genommenen Braustätte, welche mit der Werbeaussage „Eine jahrhundertealte Brautradition lebt wieder auf. 1276 von den Mönchen gegründet und heute von uns verfeinert” die Aufmerksamkeit auf ihr „Klosterbräu“ aus einer „Klosterbrauerei“ ziehen wollte. Eine Braustätte in einem Gewerbegebiet, 2 km von einer Schlossruine entfernt, welche vor Jahrhunderten ein Kloster beherbergte, reicht nicht aus, um damit werben zu dürfen (OLG Hamburg, Urteil vom 18.09.1997 –Aktenzeichen 3 U 147/96).

Ausblick

In einer ganzen Reihe von Entscheidungen hat die Rechtsprechung Richtlinien dafür entwickelt, unter welchen Voraussetzungen die Traditionswerbung für Brauereien zulässig ist. Wer erfolgreich mit dem Alter seiner Brauerei werben möchte, sollte einen fachkundigen Anwalt zurate ziehen.

C. Oestreich

lexTM Rechtsanwälte


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