Bundesgerichtshof: Anleger muss trotz Abwicklung eines geschlossenen Fonds weiterzahlen

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Am 30. Januar 2018 entschied der zweite Zivilsenat des Bundesgerichthofs, dass die vertraglich vereinbarte Ratenzahlung eines Anlegers trotz Abwicklung eines geschlossenen Fonds bestehen bleibt (Az.: II ZR 95/16). Die Zahlungsverpflichtung entfalle nicht durch eine Abwicklungsverfügung durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), eines Widerrufs oder einer erklärten Kündigung durch den Anleger.

Bei der Klägerin handelte es sich um eine Publikumsgesellschaft in Form einer GmbH & Co. KG, die liquidiert wurde. Der Beklagte war Treugeberkommanditist und trat der Klägerin mit Beitrittserklärung vom 01. April 2009 und einem Gesamtbetrag von 127.200 Euro inklusive Agio bei. Nach einer Einmalzahlung von 37.200 Euro sollte der Investor monatliche Raten in Höhe von 1.000 Euro erbringen. Mit Bescheid vom 06. Oktober 2011 ordnete die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) wegen eines Verstoßes gegen das Kreditwesengesetz die Abwicklung des Portfolios an. Die Gesellschaft befand sich seither in Liquidation. Im Mai 2012 stellte der Beklagte seine Ratenzahlungen ein, widerrief seine Beitritts- und Treuhandvertragserklärung und erklärte die Kündigung der Beteiligung aus wichtigem Grund. Die Klägerin klagte jedoch gegen den Anleger und forderte die Nachzahlung der noch offenen Raten nebst Zinsen.

Der Bundesgerichtshof führte aus, dass die Klägerin vom Beklagten grundsätzlich unmittelbar aus eigenem Recht die Leistung der Anlage fordern könne, sofern der Treugeber im Innenverhältnis die Stellung eines unmittelbaren Gesellschafters habe. Dem Beklagten käme als Treugeberkommanditist im Innenverhältnis eine Stellung als Quasi-Gesellschafter zu. Bei einer offenen oder qualifizierten Treuhand kann das gesellschafterliche Innenverhältnis so gestaltet werden, als ob die Treugeber selbst Gesellschafter wären. Ein Vertragsverhältnis dieser Art könne laut Bundesgerichtshof dann vorliegen, wenn bestimmte Rechte und Pflichten und eine Verzahnung von Gesellschaft und Treuhand im Gesellschaftsvertrag geregelt sind. Es handele sich nach Auslegung des Gesellschaftsvertrages nicht um ein einfaches Treuhandverhältnis, sondern um eine von gesellschaftsrechtlichen Bindungen überlagerte Treuhandbeziehung.

Das aktive Geschäft des Fonds wurde zwischenzeitlich veräußert, sodass ausgenommen der laufenden Kosten keine Verbindlichkeiten mehr bestünden. Dem Kläger zufolge seien aber die ausstehenden Einlagen des Beklagten für die Beitreibung noch offener Leasingforderungen und die Geltendmachung von Haftungsansprüchen gegenüber der früheren Geschäftsführung erforderlich. Auch für Schadensersatzansprüche einer Anleger-Interessengemeinschaft in Höhe von 1,7 Mio. Euro seien die ausstehenden Einlagen nötig. Die Klägerin habe damit nur noch die Liquidationsmasse erhöhen wollen um einen Ausgleich zwischen den Anlegern herbeiführen zu können. 

Der Abwickler sei im hiesigen Fall auch grundsätzlich berechtigt ausstehende Gelder einzufordern. Ein erforderlicher Ausgleich unter den Gesellschaftern bei einer Vielzahl von Gesellschaftern, die nicht persönlich verbunden sind, könne anders nicht gewährleistet werden oder wäre in zumindest in unzumutbarer Weise erschwert. Dabei müsse keine Gleichbehandlung zwischen den Anlegern gegeben sein. Vielmehr könne der Abwickler rückständige Einlagen in seinem pflichtgemäß auszuübenden Ermessen einfordern. Ein Ausgleich zwischen den Anlegern müsse im Rahmen der Schlussabrechnung stattfinden, so der Bundesgerichtshof. Jedoch sei dies nach Auffassung des Bundesgerichtshofs unerheblich und ändere nichts an der grundsätzlichen Einzahlungsverpflichtung des Beklagten. 

Der Bundesgerichtshof hob das Berufungsurteil auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurück, weil sie noch nicht zur Entscheidung reif ist.

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