Bundeszentralregister und polizeiliches Führungszeugnis: wo und wie lange bleiben Vorstrafen gespeichert?

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Ist eine Person von einem deutschen Strafgericht rechtskräftig verurteilt worden, so wird die Verurteilung im Bundeszentralregister eingetragen. Anhand des Bundeszentralregisterauszug lassen sich also sämtliche persönlichen Vorstrafen einer Person einsehen.


Das wesentlich besser bekannte Führungszeugnis (umgangssprachlich auch „polizeiliches Führungszeugnis“) ist ein Auszug aus dem Bundeszentralregister.


Grundsätzlich werden alle Eintragungen aus dem Bundeszentralregister in das Führungszeugnis aufgenommen. Es gibt jedoch eine Reihe von Ausnahmen, in denen Eintragungen in das Führungszeugnis nicht aufgenommen werden. Zudem werden im Führungszeugnis Eintragungen schon lange vor ihrer Tilgung im Bundeszentralregister nicht mehr wiedergegeben (dazu weiter unten). Daraus folgt, dass Bundeszentralregisterauszug und Führungszeugnis  nicht deckungsgleich sind.



Die wohl wichtigste Ausnahme ist die erstmalige Eintragung in das Bundeszentralregister. Eine Verurteilung wird in das Führungszeugnis nicht aufgenommen, wenn das Gericht Sie zu einer Geldstrafe von nicht mehr als 90 Tagessätzen oder zu einer Freiheitsstrafe von nicht mehr als drei Monaten verurteilt hat. Dies gilt aber nur die erste Eintragung, also für die erste Verurteilung! Wer beispielsweise vor zwei Jahren wegen Beleidigung zu 30 Tagessätzen verurteilt wurde und in einem neuen Verfahren wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu 60 Tagessätzen verurteilt wird, bei dem wird die zweite Verurteilung auch im Führungszeugnis erscheinen.



Wer kann Einsicht nehmen?

In das Bundeszentralregister haben nur (relativ wenige) unbeschränkt auskunftsberechtigte Stellen Einsicht. Es handelt sich ausschließlich um staatliche Stellen – welche dies im Einzelnen sind, ist in §§ 41 ff. BZRG abschließend geregelt. Dazu gehören unter anderem:

  • Gerichte
  • Staatsanwaltschaften
  • Behörden, die mit der Überprüfung der Zuverlässigkeit von Personen betraut sind (z.B. im Rahmen von Bewerbungsverfahren für bestimmte Berufe)
  • Einbürgerungsbehörden für Einbürgerungsverfahren
  • Ausländerbehörden, BAMF


Hinsichtlich des Führungszeugnisses ist nur die betroffene Person selbst auskunftsberechtigt. Sie müssen also nicht befürchten, dass ein potentieller Arbeitgeber oder Unternehmer direkt Auskunft über Ihre Eintragungen im Register erhält. Lediglich Behörden erhalten erweiterte Auskünfte, wenn der Betroffene kein Führungszeugnis vorlegt und sie diese zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigen.




Viele Arbeitgeber verlangen von ihren Bewerbern und in regelmäßig wiederkehrenden Abständen von ihren Mitarbeitern die Vorlage eines aktuellen polizeilichen Führungszeugnisses. Bestimmte Arbeitgeber sind hierzu sogar gesetzlich verpflichtet, da sie bei Vorliegen bestimmter Straftaten gewissen Beschäftigungsverboten unterliegen. Eine Eintragung im Führungszeugnis kann daher je nach Branche und Tätigkeit unter Umständen erhebliche Schwierigkeiten im Hinblick auf das eigene berufliche Fortkommen bedeuten. Insbesondere bei leichteren Verurteilungen ist es oftmals so, dass weniger die (Geld-)Strafe als solche, sondern vielmehr die Eintragung das eigentliche Übel darstellt.



Wie lange bleibt eine Eintragung bestehen?

Wie lange Verurteilungen im Führungszeugnis wiedergegeben werde, hängt vom Strafmaß ab und ist in § 34 Abs. 1 BZRG geregelt. Leichtere Verurteilungen zu Geldstrafen oder Freiheitsstrafen bis zu einem Jahr werden nach Ablauf von drei Jahren nicht mehr aufgenommen. Bei Verurteilungen zu längeren Freiheitsstrafen wegen Sexualdelikten gilt eine Frist von zehn Jahren. Alle übrigen Verurteilungen werden nach fünf Jahren nicht mehr wiedergegeben. Verurteilungen zu lebenslanger Freiheitsstrafe, Sicherungsverwahrung und Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus werden grundsätzlich für immer im Führungszeugnis wiedergegeben.


Eine andere Frage ist, wann eine Eintragung auch aus dem Bundeszentralregister entfernt wird mit der Folge, dass sie ihnen in sämtlichen justiziellen und verwaltungsrechtlichen Rechtsangelegenheiten nicht mehr vorgehalten werden dürfen (vgl. § 51 BZRG). Man spricht hierbei von „Tilgung“. Die Tilgungsfristen sind in § 46 Abs. 1 BZRG geregelt und hängen ebenfalls vom Strafmaß ab.


Die Tilgungsfristen sind deutlich länger als jene, die für die Nichtaufnahme im Führungszeugnis gelten. Bei leichteren Verurteilungen zu Geldstrafen oder Freiheitsstrafen bis zu drei Monaten beträgt die Frist fünf Jahre. Freiheitsstrafen bis zu einem Jahr bleiben zehn Jahre lang im Bundeszentralregister eingetragen. Sexualstraftaten werden unabhängig vom Strafmaß zwanzig Jahre lang gespeichert. Andere Verurteilungen werden nach fünfzehn Jahren getilgt.


Ist die Tilgungsfrist für eine bestimmte Straftat abgelaufen, ist die Strafe grundsätzlich „tilgungsreif“. Sie wird dann nach Ablauf einer Frist von einem weiteren Jahr („Überliegefrist“) aus dem Bundeszentralregister gelöscht (§ 45 Abs. 2 BZRG).


Weist Ihr Bundeszentralregisterauszug allerdings mehrere Verurteilungen aus, ist die Tilgung einer Eintragung erst dann zulässig, wenn für alle Verurteilungen die Voraussetzungen der Tilgung vorliegen (§ 47 Abs. 3 BZRG). 


Das heißt konkret: Wenn Sie im Jahr 2015 einen (einfachen) Diebstahl begangen haben, der im Januar 2016 abgeurteilt wurde, dann ist die verhängte Strafe ab Januar 2021 grundsätzlich tilgungsreif und wird im Januar 2022 endgültig gelöscht. Wurden Sie jedoch im Januar 2020 wegen einer Beleidigung erneut verurteilt, so wird auch die Voreintragung wegen des Diebstahls aus dem Jahr 2015 erst dann gelöscht, wenn auch die spätere Verurteilung wegen Beleidigung zu tilgen ist, d.h. erst im Januar 2026.


Solange nicht alle Verurteilungen im Bundeszentralregister getilgt wurden, gelten Sie als vorbestraft. Ihnen können alle Verurteilungen, die im Bundeszentralregister aufgeführt sind, auch sehr lange zurückliegende Taten, bei denen die Tilgungsfrist an und für sich schon längst abgelaufen ist, weiterhin „vorgehalten“ werden, insbesondere in Strafverfahren negativ bzw. strafschärfend als Vorverurteilungen angelastet werden (§ 51 BZRG).


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