Corona-Impfung am Arbeitsplatz - Darf mein Chef einen Impfnachweis verlangen?

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Nachdem die Wissenschaft mit Nachdruck geforscht hat, zeichnet sich ab, dass mit ersten Impfstoffen gegen das Coronavirus Ende Dezember 2020 bzw. Anfang Januar 2021 zu rechnen ist.

Auch wenn es noch einige Zeit dauern wird, bis der Impfstoff der gesamten Bevölkerung zur Verfügung stehen wird, sehen sich bereits jetzt viele mit der Frage konfrontiert, ob sie sich impfen lassen sollen oder nicht. Egal aus welchen Gründen - eine solche Entscheidung für oder gegen die Corona-Impfung ist zu respektieren!

Aber kann der Arbeitgeber Druck auf seine Arbeitnehmer ausüben, um sie zur Impfung zu drängen? Müssen die Beschäftigten mit negativen Konsequenzen rechnen, wenn sie sich zunächst nicht impfen lassen wollen? Diesen und anderen Fragen im Zusammenhang mit dem Impfstoff gehen wir in diesem Rechtstipp auf den Grund!

  

1. Coronavirus und die Impfpflicht 

Bereits 1959 hatte das Bundesverwaltungsgericht über die Zulässigkeit einer Impfpflicht zu entschieden. Damals stand der Zwang zur Pockenschutzimpfung in Diskussion. Seinerzeit hat das Gericht befunden, dass die Pocken-Impfpflicht mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Allerdings betonten die Richter bereits damals, dass ein solcher Zwang nicht pauschal auf jede Impfung übertragbar sei. Konkret sei eine Impfpflicht nur bei Krankheiten gerechtfertigt, die außerordentlich schwere Folgen haben.

Die Bundesregierung versichert, dass die Corona-Impfung freiwillig ist! Es besteht keine Impfpflicht.

 

2. Darf mein Arbeitgeber einen Impfnachweis verlangen?

Grundsätzlich steht dem Arbeitgeber ein Direktionsrecht zu, im Rahmen dessen er Vorgaben für Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung geben kann. Dieses Weisungsrecht aber gilt selbstverständlich nur soweit wie gesetzliche Vorgaben dem nicht entgegenstehen. Ohne gesetzliche Impfpflicht kann der Arbeitgeber seine Beschäftigten daher nicht zu einer Impfung zwingen. Dementsprechend darf Ihr Chef also grundsätzlich auch keinen Impfnachweis verlangen.

 

3. Besonderheiten in der Pflege und Gesundheitsbranche 

Besondere Beschäftigungsgruppen müssen genauer betrachtet werden. Gemeint sind solche, die in hohem Maße Kontakt zu Risikogruppen und kranken Menschen haben. Prinzipiell dürfte die Anweisung zum Impfen auch für Beschäftigte in Altenheim- und Pflegeeinrichtungen, Lungenkliniken und Intensivstationen nicht erlaubt sein. Das Weisungsrecht findet hier seine Grenzen bei zulässigen Anordnungen von regelmäßigen Corona-Schnelltests und ähnlichen pandemiekonformen Verhaltensanweisungen.

Unter dem Pflege- und Klinikpersonal allerdings kann den impfunwilligen Beschäftigten jedoch eine personenbedingte Kündigung drohen: Dort, wo der Einsatz ungeimpfter Arbeitnehmer eine herausgehobene Gesundheitsgefahr darstellt, wird ein Arbeitgeber ungeimpftes Personal wohl nicht bedenkenlos einsetzen können. 

Es kann in diesen Fällen also an einem Aspekt der persönlichen Eignung fehlen, was nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts eine personenbedingte Kündigung nach sich ziehen kann. Zunächst aber müsste geprüft werden, ob der Betroffene nicht mit einer anderen Tätigkeit beschäftigt werden kann, bei der ein Impfschutz nicht zwingend erforderlich ist.

Derartige Fälle werden die Arbeitsgerichte in absehbarer Zukunft sicherlich beschäftigen!

  

4. Pandemiekonforme Arbeitsanweisungen - Das darf Ihr Arbeitgeber!

Arbeitgeber haben bereits aus haftungsrechtlichen Gesichtspunkten ein Interesse daran, ihre Betriebsstätten viren- und krankheitsfrei zu halten. Sie können - was der bisherige Umgang mit der Corona-Pandemie anschaulich gezeigt hat - von ihren Mitarbeitern grundsätzlich pandemiekonformes Verhalten verlangen.

Arbeitgeber dürfen je nach Einzelfall beispielsweise anordnen: 

  • Das Tragen einer Maske
  • Einhaltung von Abstandsregeln
  • Teilnahme an Corona-Schnelltests

Daneben sieht das Infektionsschutzgesetz für Arztpraxen, Heime und Krankenhäuser ausdrücklich vor, dass eine Weiterverbreitung von Krankheitserregern vermieden werden muss!

Übrigens: Es dürfte absehbar sein, dass unter den 80 Millionen Bürgerinnen und Bürgern in Deutschland einige versuchen werden, eine vorzeitige Impfung einzuklagen. Eine solche Impfklage dürfte allerdings wenig erfolgsversprechend sein. Denn die als Rechtsgrundlage fungierende Impfverordnung von Gesundheitsminister Jens Spahn dürfte geeignet, erforderlich und angemessen sein, um eine geordnete und zügige Herdenimmunität zu fördern!

Bei Fragen zum Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Verhältnis, auch im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie, nehmen Sie jederzeit gerne Kontakt zu uns auf!


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