Corona und Arbeitsrecht II - was nun?

  • 4 Minuten Lesezeit

1.) Was ist Kurzarbeitergeld?

Kurzarbeitergeld ist eine Entgeltersatzleistung, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erhalten können, wenn in ihrem Betrieb ein erheblicher Arbeits- und Entgeltausfall vorliegt. Üblicherweise wird Kurzarbeitergeld gezahlt, wenn aus wirtschaftlichen Gründen vorübergehend die Arbeitszeit verkürzt wird. Kurzarbeitergeld kann auch dann beantragt werden, wenn die Arbeit vorübergehend vollständig ausfällt.

2.) Wer hat keinen Anspruch auf Kurzarbeitergeld?

Kein Kurzarbeitergeld wird bezahlt für

  • geringfügig Beschäftigte, sogenannte Minijobs bis 450,00 €
  • sozialversicherungsfreie Unternehmer

3.) Kann der Arbeitgeber verpflichten, Urlaub zu nehmen und Überstunden abzubauen?

Richtig ist, dass der Arbeitgeber, bevor er Kurzarbeit beantragt, dafür sorgen muss, dass die Mitarbeiter Überstunden- und Arbeitszeitkonten abbauen. Allerdings ist der Arbeitgeber nicht berechtigt, für den Zeitraum ab 01.03. bis 31.12.2020 negative Arbeitszeitkonten aufzubauen.

Soweit Mitarbeiter bereit sind, Resturlaub oder ihnen zustehenden Urlaub des Jahres 2020 zu nehmen, wird der Arbeitgeber dem Rechnung tragen. Gegen den Willen der Arbeitnehmer ist der Arbeitgeber jedoch nicht berechtigt, einseitig Urlaub gegen die Urlaubswünsche der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer festzusetzen.

4.) Kann Kurzarbeit einseitig vom Arbeitgeber festgesetzt werden?

Kurzarbeit kann vom Arbeitgeber nicht einseitig bestimmt werden. Der Arbeitgeber muss prüfen, ob er in seinen Arbeitsverträgen bzw. ob in den Tarifverträgen eine Klausel zur Einführung von Kurzarbeit enthalten ist. Sollte dies nicht der Fall sein, muss über die Kurzarbeit eine Vereinbarung mit dem Arbeitnehmer getroffen werden. Es ist davon auszugehen, dass die Arbeitnehmer dem zustimmen werden, da ansonsten das Arbeitsverhältnis als Ganzes auf dem Spiel steht (betriebsbedingte Kündigungen).

5.) Kann Urlaub auch während der Kurzarbeit genommen werden?

Urlaub kann auch während der Kurzarbeit genommen werden. Im Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) ist geregelt, dass Verdienstkürzungen, die durch Kurzarbeit eintreten, unberücksichtigt bleiben. Deshalb ist der Arbeitgeber verpflichtet, das Urlaubsentgelt, also das während des Urlaubs gezahlte Gehalt, in der üblichen Höhe zu zahlen. Bereits festgelegter Urlaub durch Betriebsferien oder genehmigter Urlaub wird nicht von der Kurzarbeit erfasst. Dies bedeutet, dass der Urlaub bestehen bleibt und während dieser Zeit Urlaubsentgelt und kein Kurzarbeitergeld bezahlt wird.

6.) Wer muss die Kurzarbeit anzeigen?

Generell ist der Arbeitgeber verpflichtet, der Bundesagentur für Arbeit die Kurzarbeit anzuzeigen. Hierfür hat die Bundesagentur für Arbeit ein Formular zur Verfügung gestellt, welches zu verwenden ist (https://www.arbeitsagentur.de/datei/anzeige-kug101_ba013134.pdf).

Den Arbeitgebern wird geraten, dies unverzüglich (ohne schuldhaftes Zögern) zu beanspruchen, wenn mindestens 10 % der Belegschaft von der Kurzarbeit betroffen sind und durch die Kurzarbeit auch Lohneinbußen von mindestens 10 % die Folge sein werden.

Kurzarbeitergeld wird nämlich nur ab Antragstellung von der Bundesagentur für Arbeit bezahlt. Der Antrag kann per Telefax oder auch per E-Mail mit eingescannter Unterschrift erfolgen.

7.) Wie lange wird das Kurzarbeitergeld bezahlt?

Das Kurzarbeitergeld wird für maximal 12 Monate bezahlt. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) kann die Bezugsdauer jedoch durch Rechtsverordnung auf bis zu 24 Monate verlängern.

8.) Wer zahlt das Kurzarbeitergeld?

Grundsätzlich ist der Arbeitgeber verpflichtet, die Höhe des Kurzarbeitergeldes kostenlos zu errechnen und an den Mitarbeiter auszubezahlen. Auf Antrag erhält er das gezahlte Kurzarbeitergeld von der Bundesagentur für Arbeit erstattet. Auch hierfür gibt es ein Formular, welches zu verwenden ist (https://www.arbeitsagentur.de/datei/antrag-kug107_ba015344.pdf). Beigefügt werden muss diesem Formular eine sogenannte „KUG-Abrechnungsliste“, die ebenfalls heruntergeladen werden kann (https://www.arbeitsagentur.de/datei/kug108_ba013010.pdf).

Eine Erstattung seitens der Bundesagentur für Arbeit erfolgt jedoch nur, wenn der Leistungsantrag innerhalb einer Frist von 3 Monaten gestellt wird, wobei die Frist mit Ablauf des Kalendermonates beginnt, in welchem das Kurzarbeitergeld beantragt wurde.

9.) Wie hoch wird Kurzarbeitergeld bezahlt?

Bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen beträgt die Höhe des Kurzarbeitergeldes 60 % des ausgefallenen Nettolohns. Soweit Unterhaltspflichten bestehen, beträgt die Höhe 67 % des ausgefallenen pauschalierten Nettoentgeltes. Wird die Arbeitszeit nur um beispielsweise 50 % reduziert, erhalten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer 50 % des regulären Gehalts und zusätzlich 60 bzw. 67 % des ausgefallenen restlichen Nettoentgelts. Somit setzt sich das Kurzarbeitergeld grundsätzlich aus 2 Komponenten zusammen. Zum einen erhalten die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einen aus einem Teil des regulären Gehalts und zum anderen einen Teil aus dem Kurzarbeitergeld.

10.) Wer führt während der Kurzarbeit die Sozialversicherungsbeiträge ab?

Die Sozialversicherungsbeiträge führt weiterhin der Arbeitgeber an. Grundsätzlich sind während des Bezugs von Kurzarbeitergeld die Sozialversicherungsbeiträge vollständig vom Arbeitgeber zu übernehmen. Die Bundesregierung hat am 13.03.2020 entschieden, anfallende Sozialversicherungsbeiträge für ausgefallene Arbeitsstunden zu 100 % zu erstatten. Kurzarbeitergeld wird nicht auf Arbeitslosengeld angerechnet.

11.) Kann der Arbeitgeber auch während der Kurzarbeit Kündigungen aussprechen?

Auch während der Kurzarbeit kann der Arbeitgeber personen-, verhaltens- oder betriebsbedingte Kündigungen aussprechen.

Bei einer betriebsbedingten Kündigung müssen neben den Gründen der Kurzarbeit aber noch weitere Gründe dazu kommen. Es muss sich also nach der Einführung der Kurzarbeit die betriebliche Situation nochmals verschlechtert oder geändert haben, die letztlich zu einer neuen Unternehmerentscheidung dergestalt führt, eine betriebsbedingte Kündigung auszusprechen.

Solche zusätzlichen Gründe können sein, dass nach Beantragung von Kurzarbeit ein weiterer Auftragsrückgang zu verzeichnen ist, der Arbeitgeber die Unternehmerentscheidung trifft, Outsourcing zu betreiben oder aufgrund der Krise nachträglich z. B. wegen Lieferschwierigkeiten eines Zulieferers größere Kunden wegbrechen.

Während der Kurzarbeit ist deshalb bezogen auf die betriebsbedingte Kündigung erforderlich, dass unabhängig von den Gründen, die den Arbeitgeber bewogen haben, Kurzarbeit anzumelden, nachfolgend weitere betriebsbedingte Gründe hinzugekommen sind, die letztlich zum Wegfall der Beschäftigung des Arbeitnehmers führen.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt LL.M.Eur. Daniel Müller

Beiträge zum Thema