Corona und das Infektionsschutzgesetz - von Rechten, Pflichten und Straftatbeständen

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I. Corona – eine neue Krankheit

Das Thema Corona und der zugehörige Krankheitserreger sind zurzeit in aller Munde. Und das möglicherweise bald im doppelten Sinne.

Es handelt sich um eine neue Krankheit, weshalb unser Gesetz noch nicht vollständig auf der Höhe ist. Allerdings handelt es sich um eine Krankheit, weshalb unser Gesetz trotz allem ein umfassendes Regelwerk zum Umgang damit hat.

Das wichtigste Gesetz zum Thema ist das Infektionsschutzgesetz. Im Folgenden sollen einige wichtige Paragrafen daraus erklärt werden. Natürlich kann dieser Artikel keinen vollständigen Überblick liefern. Deshalb beschränke ich mich auf einige für meine Arbeit und damit für Sie als möglicherweise Betroffene besonders wichtige Normen.

II. Wie Sie betroffen sein können

Wenn Sie kein Arzt oder Forscher sind, sind Sie von Corona dann betroffen, wenn Sie daran erkrankt sind, wenn Sie Kontakt mit erkrankten Personen hatten oder wenn in Ihrer Umgebung Krankheitsfälle bekannt wurden, bzw. Sie ein Gebiet aufsuchen möchten, in dem Krankheitsfälle bekannt wurden.

Die Gesundheitsämter und die Regierungen haben zahlreiche Möglichkeiten, auf Einzelfälle und allgemein drohende Infektionen zu reagieren. Diese sind in §§ 24 ff. InSG geregelt.

1. Einschränkungen des öffentlichen Lebens

Viele von uns sind bereits in der einen oder anderen Weise von der Befugnis aus § 28 Abs.1 S.2 1.HS InSG betroffen. Danach können Veranstaltungen oder sonstige Ansammlungen einer größeren Zahl von Menschen verboten oder sonst beschränkt werden. Derzeit sind an einigen Orten Veranstaltungen untersagt, zu denen mit mindestens 1.000 Besuchern zu rechnen ist. Ab 500 Besuchern werden strenge Auflagen gemacht. Die Veranstalter erleiden hierdurch große Verluste.

Aber auch Badeanstalten können geschlossen werden sowie Gemeinschaftseinrichtungen, insbesondere Kindertagesstätten, Schulen oder Universitäten. Mich persönlich hat am heutigen Tag eine Benachrichtigung erreicht, dass meine Alma Mater – die Universität Würzburg – vorerst ihren Präsenzbetrieb einstellt. Auch die Hochschule Coburg verschiebt den vorgesehenen Semesterstart.

Der Ausfall zahlreicher Messen, Konzerte, Fußballspiele und sonstiger Veranstaltungen erregt derzeit die Gemüter.

2. Persönliche Betroffenheit light

Weiterhin können Sie nicht nur als Teil der Allgemeinheit, sondern auch ganz individuell als möglicher Infektionsherd betroffen sein. Wenn der Verdacht besteht, dass Sie an Corona erkrankt sind, können Sie unter Beobachtung gestellt werden gem. § 29 InSG. Das bedeutet, Sie haben sich körperlichen Untersuchungen zu unterziehen, Auskünfte zu erteilen und auf Verlangen Zutritt zu Ihrer Wohnung zu gewähren. 

Weiterhin hat die Behörde das Recht, Ihnen zu verbieten, einen bestimmten Ort aufzusuchen oder Ihren derzeitigen Aufenthaltsort zu verlassen, bis die notwendigen Schutzmaßnahmen durchgeführt wurden (§ 28 Abs. 1 S.2 2.HS InSG). Diese Bestimmung beinhaltet viel Ermessensspielraum. Insbesondere die Frage nach dem „aktuellen Aufenthaltsort“ kann erhebliche Bedeutung erlangen. Wenn Sie sich im Zeitpunkt der Anordnung in einem Dorf aufhalten, wird man Ihnen vermutlich zugestehen müssen, auch den angrenzenden Wald aufzusuchen. Wohnen Sie in einer Großstadt in einem Hochhaus, wird man Ihnen sinnvollerweise untersagen müssen, Ihre Wohnung zu verlassen.

Auch ein vorläufiges berufliches Tätigkeitsverbot kann Ihnen gegenüber ausgesprochen werden (§ 31 IfSG). Ob das veranlasst ist, hängt natürlich von Ihrer beruflichen Tätigkeit ab. Wenn Sie an einer Supermarktkasse arbeiten, sind Sie als erkrankte Person ein erheblicher Risikofaktor. Wenn Sie Ihr Geld als Influencer mit Verkaufsvideos verdienen, wird man Ihnen das nicht untersagen können, solange keine weiteren Personen beim Dreh Ihrer Filme beteiligt sind.

Wir sehen: Bereits die „light-Maßnahmen“ lassen uns den Ärger über ein abgesagtes Fußballspiel fast vergessen, wenngleich manch einer sich nach einem vorläufigen beruflichen Tätigkeitsverbot sehnen mag – mein Berufsstand dürfte von dieser Sehnsucht besonders betroffen sein.

3. Persönliche Betroffenheit extrem – Quarantäne! 

Nach allen diesen noch hinnehmbaren Maßnahmen sieht das Gesetz eine für den Betroffenen wirklich einschneidende Maßnahme vor: die Quarantäne (§ 30 InSG).

Wird Quarantäne angeordnet, so hat der Betroffene sich in ein dafür vorgesehenes Krankenhaus zu begeben und sämtlichen dort erteilten Weisungen Folge zu leisten. Besuch kann in der Regel nicht empfangen werden. Die Quarantäne kann erst beendet werden, wenn ihr Zweck erreicht ist. Der Betroffene hat keine Möglichkeit, selbst ein Ende der Quarantäne herbeizuführen.

Sträubt der Betroffene sich gegen die angeordnete Quarantäne oder ist davon auszugehen, dass er der Quarantäneweisung nicht nachkommen wird, so ist er zwangsweise in ein abgeschlossenes Krankenhaus bzw. in einen abgeschlossenen Teil eines Krankenhauses zu verbringen.

„Abgeschlossenes Krankenhaus“ ist hier so zu verstehen, wie die aus der Psychiatrie bekannte geschlossene Station. Wer schon mal dort war, weiß, dass der Aufenthalt kein schönes Erlebnis wird.

4. Was Ihnen nicht passieren kann

Das Gesetz schränkt allerdings nicht nur persönliche Freiheiten ein, es lässt einem jeden auch die Freiheit, an einer einmal erworbenen Krankheit zugrunde zu gehen:

Gegen seinen Willen darf niemand geheilt werden! So steht es unmissverständlich in § 28 I S.3 InSG.

III. Kompensation

Falls Sie durch eine der bereits erläuterten Maßnahmen einen Verdienstausfall oder sonstigen Vermögensschaden erleiden, haben Sie vermutlich einen Anspruch auf eine Entschädigung (§ 56 IfSG).

Ihr Rechtsanwalt wird Ihnen gerne dabei helfen, Ihre Ansprüche mit Ihnen zu ermitteln und durchzusetzen.

IV. Verstöße und Straftaten

Da es sich bei dem hier besprochenen Gesetz um eines handelt, das für die Gesundheit des deutschen Volkes – wie das konkrete Beispiel zeigt gar der Weltbevölkerung – überragend wichtig ist, droht der Gesetzgeber für bestimmte Verstöße auch Strafverfolgung an.

So ist in §§ 73 ff IfSG umfangreich geregelt, welche Art von Verstoß gegen das Infektionsschutzgesetz welche Sanktion nach sich zieht.

Von besonderer Bedeutung dürfte bald § 75 Abs. 1 Nr. 1 IfSG sein. Danach wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wer einer Anordnung nach § 28 Abs. 1 S. 2, 30 Abs. 1 oder 31 InSG zuwiderhandelt.

Wer also Adressat einer der oben genannten Maßnahmen ist und sich nicht daranhält, macht sich strafbar.

Wer insbesondere ein behördliches Verbot, einen bestimmten Ort zu verlassen oder ein behördliches Gebot, sich in Quarantäne zu begeben, missachtet, wird bestraft.

Wer durch sein entsprechendes Verhalten eine Krankheit oder einen Krankheitserreger der in §§ 6, 7 InSG genannten Art verbreitet, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft (§ 75 Abs. 3 InSG). Dies betrifft den Fall Corona allerdings noch nicht – weil Corona zu neu ist, um in die Liste mit den besonders relevanten Krankheiten aufgenommen worden zu sein. Sollte die Corona-Epidemie weiterhin anhalten, ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber die derzeitige Regelungslücke schließt.

Sollten Sie sich in einem entsprechenden Strafverfahren wiederfinden, suchen Sie einen Anwalt auf – einen mutigen Anwalt, der keine Angst vor Corona hat!



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