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Corona-Verbote für Prostitutionsbetriebe – rechtlich angreifbar? Wenn ja, wie?

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Prostitutionsstätten wie Bordelle, Dominastudios und Massage-Studios, die Erotik-Massagen anbieten, müssen aktuell aufgrund entsprechender Regelungen in den jeweiligen Verordnungen der Bundesländer gegen SARS-CoV-2 geschlossen bleiben. Prostitutionsvermittler wie Escort-Agenturen dürfen keine entsprechenden Dienstleistungen anbieten. Prostitution an sich ist ebenfalls verboten. 

Es ist bereits in einem anderen Beitrag ausgeführt worden, dass ein Verbot von Erotik-Massagen angesichts der Öffnung von Wellness-Massage-Studios juristisch angreifbar erscheint. Denn es kann im Hinblick auf eine Infektionsgefahr keine Rolle spielen, ob beispielsweise der Rücken oder aber der Intimbereich eines Kunden massiert wird, wenn ansonsten entsprechenden Hygiene- und Sicherheitsmaßnahmen eingehalten werden. 

Wer in juristischer Hinsicht gegen derartige Corona-Verbote vorgehen will, stellt, um eine rasche Wiederherstellung der vorherigen Situation zu bewirken, sinnvollerweise einen Eilantrag beim zuständigen Verwaltungsgericht. 

Beantragt wird sinngemäß vor dem Verwaltungsgericht, im Wege der einstweiligen Anordnung die entsprechende Regelung der jeweiligen "Corona-Verordnung" außer Vollzug zu setzen, soweit das jeweilige Hygienekonzept den Hygieneanforderungen, die für sonstige körpernahe Dienstleistungen aufgestellt worden sind, entspricht. 

Auch ein Antrag, mit dem sinngemäß die Feststellung (im Wege der einstweiligen Anordnung), dass die Verordnung dem Betrieb eines Erotik-Massage-Studios unter einer bestimmten Anschrift nicht entgegensteht, sofern dass vom Antragsteller entwickelte und vorgelegte Hygienekonzept eingehalten wird, ist möglich.

Dass derartige Anträge durchaus von Erfolg gekrönt sein können, zeigt eine am 20.05.20 veröffentlichte Entscheidung des VG Gelsenkirchen, die ebenfalls im Eilverfahren erging (VG Gelsenkirchen, Entscheidung vom 19.05.2020, Az.: 20 L 589/20). Die Schließung von zwei Tantra-Massage-Studios in Essen aufgrund der Corona-Verordnung NRW wurde hier als rechtswidrig angesehen. 

Die Schließung der beiden Betriebe war angeordnet worden, weil es sich nach Ansicht der Stadt Essen bei den dort angebotenen Tantra-Massagen um "sexuelle Handlungen" handelte. Die Studios seien also Prostitutionsstätten, die nach § 10 der dortigen Corona-Verordnung aus Gründen des Gesundheits- und Infektionsschutzes geschlossen bleiben müssten. 

Die Antragstellerin vertrat die Ansicht, dass ihre Betriebsstätten vielmehr mit einem Wellness-Massage-Betrieb zu vergleichen seien. Da Wellness-Massagen wieder erlaubt seien, dürfe auch sie ihre Studios wieder öffnen, und zwar auch für Tantra-Massagen.  

Das VG Gelsenkirchen schloss sich der Ansicht der Antragstellerin an und beurteilte die Schließung als rechtswidrig. Tantra-Massagen seien eine (Wellness-) Massage im Sinne des § 12 der Corona-Verordnung, die unter Beachtung der für Massage-Studios festgelegten Hygiene- und Infektionsschutzstandards inzwischen wieder zulässig sei. Das Gericht setzt Tantra-Massagen damit mit Wellness-Massagen gleich und erteilt der Ansicht, Tantra-Massagen seien mit Prostitution gleichzusetzen, eine Absage. 

In der Entscheidung führte das Gericht aus, dass, wenn es aufgrund des Prinzips der "schrittweisen Lockerungen" zu Ungleichbehandlungen komme, diese zumindest sachlich gerechtfertigt sein müssten, zumal die Schließung von Betrieben existenzbedrohende Ausmaße erreichen könnte. Eine solche sachliche Rechtfertigung konnte das Gericht bei einer Gegenüberstellung von Wellness-Massagen und Tantra-Massagen nicht feststellen. 

Die Entscheidung ist unbedingt zu begrüßen und bestätigt die hier vertretene Ansicht. Sie bedeutet allerdings nicht, dass "automatisch" nunmehr bundesweit sämtliche Erotik-Massage-Studios wieder öffnen dürfen. Aufgrund des Föderalismus kann jedes Bundesland seine eigenen Regelungen erlassen. Es ist auch zu erwarten, dass unterschiedliche Gerichte unterschiedliche Entscheidungen treffen werden, bis letztlich ein Bundesgericht mit der Angelegenheit beschäftigt wird. 

Jedem Betreiber/jeder Betreiberin eines Erotik-Massage-Studios wird dringend angeraten, juristische Schritte gegen die ihn/sie betreffende Verordnung zu prüfen, um eine baldige Wiedereröffnung seines/ihres Betriebs zu erwirken.

Nach hier vertretener Ansicht könnten auch Rechtsmittel von Dominastudios Aussicht auf Erfolg haben, da hier ebenfalls entsprechende Schutz- und Hygienemaßnahmen möglich sind, Geschlechtsverkehr regelmäßig nicht angeboten wird bzw. stattfindet und Abstand zum Gesicht des Kunden eingehalten werden kann. 


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