Coronavirus und Urlaub – was gilt für Reisende, Urlauber und Reiseveranstalter?

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Zunächst einmal gilt, dass abgeschlossene Reiseverträge grundsätzlich bindend sind. Dies gilt sowohl für Pauschalreisen, Kreuzfahrten, Hotels als auch für Ferienwohnungen. Regelmäßig haben die Reiseveranstalter und Reiseanbieter Regelungen bei Stornierung getroffen, üblicherweise muss von den Reisenden bei Storno ein Teil des Reisepreises gezahlt werden.

Anders ist dies allerdings dann, wenn ein außergewöhnlicher Umstand bzw. höhere Gewalt vorliegt und die Reise deshalb nicht durchgeführt werden kann. In diesen Fällen kann eine Reise kostenfrei storniert werden, und zwar sowohl vom Reisenden als auch vom Reiseveranstalter.

Gegenwärtig sind hier zwei Konstellationen zu betrachten. Ein außergewöhnlicher Umstand bzw. höhere Gewalt ist bei Gesundheitsgefahren anzunehmen, wenn es überwiegend wahrscheinlich ist, dass sich das gesundheitliche Risiko verwirklichen wird. Die Gesundheit muss mithin aufgrund des Coronavirus konkret gefährdet sein. Des Weiteren liegt ein außergewöhnlicher Umstand dann vor, wenn staatliche Maßnahmen der Länder, wie zum Beispiel behördliche Einreisebestimmungen oder Verbote, zur Undurchführbarkeit der Reise führen.

Zur Beurteilung, ob ein außergewöhnlicher Umstand bzw. höhere Gewalt vorliegen, gelten die Reisewarnungen des Auswärtigen Amtes als Indiz. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass ein außergewöhnlicher Umstand bzw. höhere Gewalt grundsätzlich auch dann vorliegen kann, wenn es noch keine Reisewarnung des Auswärtigen Amtes gibt.

Warnungen des Auswärtigen Amtes

Zurzeit rät das Auswärtige Amt von Reisen in die VR China, nach Südkorea, Italien und in den Iran ab, wobei es sich jeweils um Teil-Reisewarnungen handelt. Konkrete Angaben sind auf der Internetseite des Auswärtigen Amtes zu finden.

Pauschalreise – kann die Pauschalreise wegen Corona kostenlos storniert werden?

Die Pauschalreise kann dann kostenlos storniert werden, wenn ein außergewöhnlicher Umstand vorliegt. Das Recht zur kostenfreien Stornierung gilt sowohl für den Reiseveranstalter als auch für den Reisenden. Beispielhaft ist auf Reisen nach China zu verweisen, da hier mit Gesundheitsgefährdungen zu rechnen ist. Weiter ist beispielhaft auf Italien zu verweisen, da Urlaubsaktivitäten aufgrund der behördlichen Maßnahmen nicht mehr möglich sind. In beiden Fällen liegt ein außergewöhnlicher Umstand vor, der zur kostenfreien Stornierung berechtigt.

Die Reisenden erhalten ihren Reisepreis zurück, Ansprüche auf Schadensersatz oder entgangene Urlaubsfreude stehen den Reisenden in diesen Fällen nicht zu.

Anders ist dies allerdings dann, wenn die beschriebenen außergewöhnlichen Umstände gar nicht vorliegen. Derzeit gibt es einige Reisende, die ihre Reise stornieren möchten, weil sie sich keinen Gesundheitsgefahren aussetzen möchten. Des Weiteren versuchen nunmehr einige Reiseveranstalter Reisen zu stornieren, da diese aufgrund von Absagen und Einschränkungen vor Ort wirtschaftlich für den Veranstalter nicht mehr attraktiv sind. Aus diesen Umständen ergibt sich jedoch kein kostenfreies Rücktrittsrecht. Bei Stornierung des Reisenden muss dieser also damit rechnen, dass er eine Entschädigung an den Reiseveranstalter zu leisten hat.

Bei unberechtigter Stornierung der Reise durch den Reiseveranstalter muss dieser nicht nur den Reisepreis an den Reisenden zurückzahlen, sondern darüber hinaus hat er Schadensersatz und einen Ausgleich wegen entgangener Urlaubsfreude an die Reisenden zu zahlen!

Kreuzfahrt – kann meine Kreuzfahrt einfach abgesagt werden?

Auch bei der Kreuzfahrt gilt, dass diese nur dann abgesagt werden darf, wenn außergewöhnliche Umstände vorliegen. Beim Coronavirus ist dies dann der Fall, wenn mit einer erheblichen Gesundheitsgefährdung zu rechnen ist. Unseres Erachtens ist dies gegenwärtig tatsächlich nur in den Ländern der Fall, bei denen nach den Hinweisen des Auswärtigen Amtes eine Reisewarnung besteht. Bei Kreuzfahrten kommt allerdings hinzu, dass inzwischen diverse Länder das Einlaufen in die Häfen untersagen bzw. Landgänge verboten werden. Hierbei handelt sich um behördliche Maßnahmen, die nicht in den Verantwortungsbereich des Kreuzfahrtveranstalters fallen. Wird dadurch die Reise insgesamt gefährdet, so kann kostenfrei storniert werden.

Aber auch bei den Kreuzfahrten gilt, dass ein außergewöhnlicher Umstand bestehen muss, andernfalls ist die Absage der Kreuzfahrt unzulässig. Der Kreuzfahrtanbieter hat dann nicht nur den Reisepreis zurückzuzahlen, sondern auch Schadensersatz und einen Ausgleich wegen entgangener Urlaubsfreude zu leisten.

AIDA hat die Asiensaison vorzeitig beendet – Entschädigung für Reisende?

AIDA Cruises hat die Asien-Saison vorzeitig beendet. Betroffen sind die Schiffe „Aidavita“ und „Aidabella“ mit insgesamt rund 3300 Passagieren. Regulär hätte das Asien-Programm noch bis April gedauert, für jedes Schiff waren bis dahin noch vier Reisen geplant. Die Stornierungen erfolgten in der Regel Anfang bis Mitte Februar 2020.

Unseres Erachtens sind hier allerdings für die Stornierungen keine außergewöhnlichen Umstände verantwortlich. Daher hat AIDA hier nicht nur den Reisepreis zurückzuzahlen, sondern hat auch Schadensersatz zu leisten, wie zum Beispiel Stornokosten für Flüge und / oder Hotel. Des Weiteren muss AIDA einen Ausgleich wegen entgangener Urlaubsfreude zahlen, welcher sich regelmäßig mit 50 % des Reisepreises bemisst.

Zahlungen auf Entschädigung oder Schadensersatz würden nur dann entfallen, wenn AIDA sich entlasten könnte. AIDA begründet die abgesagten Reisen mit Gesundheitsgefahren und Sicherheitsrisiken bzw. Einschränkungen aufgrund des Coronavirus, also mit „höherer Gewalt“ bzw. außergewöhnlichen Umständen. Dafür reichen aber keine abstrakten Gefahren, die Gefahr für die Gesundheit muss konkret vorliegen. Dies ist unseres Erachtens hier nicht der Fall, AIDA kann sich daher grundsätzlich nicht entlasten.

Absagen von TUI Cruises, MSC 

Nunmehr sagen auch einzelne andere Kreuzfahrt-Veranstalter Reisen ab. Hier gilt es genau zu prüfen, um welche Reiseroute es sich handelt, um konkrete Gesundheitsgefahren einzuschätzen. Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob die Route aufgrund von behördlichen Maßnahmen nicht gefahren werden konnte. Nur dann kann die Reise ausnahmsweise kostenfrei vom Veranstalter abgesagt werden.

Andernfalls stehen den Reisenden auch hier alle Ansprüche zu, also Rückzahlung des Reisepreises, Schadensersatz bzw. Entschädigung und einen Ausgleich wegen entgangener Urlaubsfreude.

Hotel / Ferienwohnungen – bekomme ich mein Geld zurück bei Storno?

Wenn das Hotel oder die Ferienwohnung individuell gebucht wurde, so kommt ein kostenloser Rücktritt nur unter besonderen Voraussetzungen in Betracht. Voraussetzung wäre hier die allgemeine Unzugänglichkeit der Unterkunft durch höhere Gewalt. Hier muss die Konstellation aber tatsächlich so sein, dass bereits die Reise zum Objekt nicht zumutbar ist. Unseres Erachtens kann man dies aber durchaus annehmen, wenn durch stark betroffene Gebiete gereist werden müsste bzw. die Gebiete nicht zu erreichen sind.

Als Beispiel ist die aktuelle Situation in Italien zu nennen. Aufgrund von behördlichen Maßnahmen sind die Objekte faktisch nicht zu erreichen. Hier können die Hotels und Ferienwohnungen ohne Stornogebühren, also kostenfrei storniert werden, sofern deutsches Recht Anwendung findet.

Grundsätzlich wird diese Konstellation allerdings nur in seltenen Fällen vorzufinden sein.

Flüge – darf die Fluggesellschaft meinen Flug streichen?

Die Fluggesellschaft darf gebuchte Flüge grundsätzlich nicht streichen, denn die Beförderungsverträge sind verbindlich. Bei einem behördlichen Einreiseverbot liegt hingegen höhere Gewalt vor, sodass die Flüge kostenfrei storniert werden können, und zwar sowohl durch die Fluggesellschaft als auch durch den Fluggast. Weitere Ansprüche auf Schadensersatz bzw. Ausgleichszahlungen nach der Fluggastrechte-Verordnung sind dann aber nicht gegeben.

Lufthansa – Absage von Flügen wegen fehlender Nachfrage – zulässig?

Lufthansa streicht Flüge wegen des heftigen Nachfrageeinbruchs infolge der Corona-Epidemie drastisch zusammen. Sofern bestehende Buchungen betroffen sind, also Ihre Flüge storniert werden, so ist dies unzulässig. Denn diese Streichung basiert allein auf wirtschaftliche Erwägungen.

Sofern Flugstreichungen länger als 14 Tage vor dem Abflug vorgenommen werden, so stehen Ihnen Schadensersatzansprüche aus dem Beförderungsvertrag zu. Da geht es dann insbesondere um Mehrkosten für Ersatzbuchungen.

Wird die Absage innerhalb von 14 Tagen vor Abflug vorgenommen, so stehen Ihnen als Fluggast Ausgleichsansprüche in Höhe von jeweils bis zu Euro 600 pro Person nach der Fluggastrechte-Verordnung zu.

Fazit:

Das Coronavirus kann grundsätzlich Ursache für außergewöhnliche Umstände bzw. höhere Gewalt sein und damit zum kostenfreien Rücktritt von der Reise berechtigen. Tatsächlich sind aber nur wenige Länder derart betroffen, dass von einem kostenlosen Rücktrittsrecht ausgegangen werden darf.

Stornierungen aus wirtschaftlichen Erwägungen sind unzulässig. Bei Absage Ihrer Reise sollte konkret geprüft werden, ob Ihnen Ansprüche auf Schadensersatz und ein Ausgleich wegen entgangener Urlaubsfreude zustehen.

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