Daimler-Abgasskandal: Vier weitere obsiegende Urteile zum OM651 vor dem Landgericht Stuttgart

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Das Landgericht Stuttgart hat die Daimler AG viermal in Folge wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung nach § 826 BGB verurteilt. Die Richter machen deutlich, dass der Dieselmotor OM651 sowohl mit Euro 5- und als auch mit Euro 6-Abgasnorm mit einer unzulässigen Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung ausgestattet ist. 

Mit gleich drei Urteilen in Serie zu den Manipulationen am Dieselmotor OM651 hat das Landgericht Stuttgart seinem Ruf als Schrecken der Daimler AG im Dieselabgasskandal einmal mehr alle Ehre gemacht. Mit den Urteilen vom 19. November 2020 (Az.: 12 O 257/20), 9. Dezember (Az.: 16 O 467/20), 16. Dezember 2020 (Az.: 46 O 70/20) und nochmals 16. Dezember 2020 (Az.: 46 O 73/20) wird nochmals deutlich, dass geschädigte Verbraucher sich im Dieselskandal nicht vor der Daimler AG zu verstecken brauchen. Sie haben besten Chancen, auf dem Wege der Betrugshaftungsklage wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung nach § 826 BGB Schadenersatz zu erhalten – ganz so wie die drei Verbraucher, die kürzlich vor dem Landgericht Stuttgart Recht erhalten haben. 

In zwei Fällen ging es um einen Mercedes-Bent GLK 220 CDI 4Matic mit der Abgasnorm Euro 5. Beide Fahrzeugen wurden von ihren Haltern 2014 gebraucht erworben. Für das Fahrzeug mit einer Laufleistung von 82.958 Kilometern (bei Kauf 7941 Kilometer) erhält der geschädigte Verbraucher 31.063,43 Euro zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozent über dem Basiszinssatz seit 6. August 2020, ebenso muss die Daimler AG den Kläger von den außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 1706,94 Euro freistellen und 61 Prozent der Kosten des Rechtsstreits tragen. An den Halter des Wagens mit einem Kilometerstand von 46.799 Kilometern (bei Kauf 18.132 Kilometer) muss die Daimler AG Schadenersatz in Höhe von 31.799,69 Euro zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozent über dem Basiszinssatz seit 9. Juni 2020 zahlen und 67 Prozent der Gerichtskosten tragen. 

„Bei beiden Fahrzeugen legt das Landgericht Stuttgart schlüssig dar, dass eine illegale Abschalteinrichtung im Form der Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung vorliegt. Dadurch wird bekanntlich die Abgasreinigung im Prüfbetrieb heruntergeregelt, um während des Prüfzyklus die Grenzwerte einzuhalten. Die Fahrzeuge unterliegen wegen der unzulässigen Reduzierung der Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems bereits einem amtlichen Rückruf des Kraftfahrt-Bundesamts. Die Behörde hat auch bestätigt, dass es sich bei der Kühlmittel-Sollwert-Temperaturregelung um eine unzulässige Abschalteinrichtung handelt“, sagt der Mönchengladbacher Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung von der Dr. Hartung Rechtsanwaltsgesellschaft mbH (www.hartung-rechtsanwaelte.de). Die Kanzlei befasst sich ausschließlich mit Anleger- und Verbraucherschutzthemen und hat sich auf die Beratung von Betroffenen des Abgasskandals spezialisiert. Dr. Gerrit W. Hartung gilt als „Dieselanwalt“ der ersten Stunde. Daraus ergebe sich das vorsätzlich sittenwidrige Verhalten, das durch die arglistige Täuschung einen deliktischen Schadenersatzanspruch begründe. 

Die Kühlmittel-Sollwert-Temperaturregelung als illegale Abschalteinrichtung steht auch beim Mercedes-Benz E 250 4Matic im Fokus. Im Zuge des Betrugshaftungsprozesses erhält der geschädigte Verbraucher für sein Fahrzeug mit einer Laufleistung von 93.958 Kilometern (bei Kauf 22.671 Kilometer) 28.232,16 Euro zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozent über dem Basiszinssatz seit 9. Juni 2020, ebenso muss die Daimler AG 58 Prozent der Kosten des Rechtsstreits tragen. 

Auch hier sind die Argumente hinsichtlich der Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung nachvollziehbar. Während des Warmlaufens des Motors nach einem Kaltstart wird über den Einsatz von Kühlmittel die Temperatur in den Zylindern reduziert. Hierdurch entsteht bei der Kraftstoffverbrennung im Zylinder weniger Stickstoffoxid. Im tatsächlichen Fahrbetrieb wird der Kühlmitteleinsatz reduziert, sodass der Stickstoffoxidausstoß höher ist als im Prüfzyklus, erläutert Dieselanwalt Dr. Gerrit W. Hartung. 

Für einen am 15. Februar 2016 für 55.263,20 Euro neu gekauften Mercedes-Benz GLC 250 d 4Matic (OM651, Abgasnorm Euro 6) erhält ein Kläger 45.735,02 Euro zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozent über dem Basiszinssatz seit 8. September 2020. Daimler muss 90 Prozent der Verfahrenskosten tragen. Der Halter hat das Fahrzeug 43.104 Kilometer genutzt. Das Landgericht Stuttgart bezieht sich auch dezidiert auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs beziehe, dass er gemeinsam mit einem kooperierenden BGH-Anwalt erstritten hat. Danach können Schadensersatzansprüche im Abgasskandal gegen die Daimler AG von einem Gericht nicht einfach als Behauptungen „ins Blaue hinein“ abgewiesen werden. Im umgekehrten Falle könne auch die Daimler AG nicht einfach das Vorliegen ohne jede weitere Erklärung bestreiten. Die Daimler AG trifft damit die sekundäre Darlegungslast. In diesem Rahmen muss der Autohersteller sich von den Vorwürfen aktiv und mit weitreichenden Erklärungen zur Funktionsweise der Technologien entlasten. Dem hat das Unternehmen nicht entsprochen. 

Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung betont zudem: „Viele Mercedes-Benz-Diesel sind mit illegalen Abschalteinrichtungen ausgestattet. Besonders betroffen sind die Motoren des Typs OM651, OM622, OM626, OM654, OM642 und OM656. Geschädigte Verbraucher haben also weitreichende Chancen, von der Daimler AG wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung im Wege der Betrugshaftungsklage Schadensersatz zu erhalten und das Skandalfahrzeug abzugeben.“



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