Darf die Corona-Soforthilfe auf Arbeitslosengeld II angerechnet werden?

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Die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie treffen insbesondere Selbstständige und Gewerbetreibende schwer.

Um den wirtschaftlichen Schaden für Solo-Selbstständige und Kleinstunternehmen, der aus der Corona-Krise entsteht, zu minimieren, wurde das Soforthilfeprogramm Corona aufgelegt.

Die Soforthilfe

Anträge können von gewerblichen und gemeinnützigen Unternehmen, Solo-Selbstständigen und von Angehörigen der Freien Berufe, einschließlich Künstler/innen, mit bis zu 10 Vollzeit-Beschäftigten gestellt werden, die

  • wirtschaftlich und damit dauerhaft am Markt als Unternehmen oder im Haupterwerb als Freiberufler oder Selbstständige tätig sind,
  • bei einem deutschen Finanzamt angemeldet sind,
  • ihre Waren oder Dienstleistungen bereits vor dem 31. Dezember 2019 am Markt angeboten haben.

Weitere Voraussetzung ist, dass  

  • mehr als die Hälfte der Aufträge aus der Zeit vor dem 1. März 2020 durch die Corona-Krise weggefallen sind
  • oder der Umsatz sich im Vergleich zum Vorjahresmonat halbiert hat
  • oder der Betrieb auf behördliche Anordnung massiv eingeschränkt wurde oder
  • Zahlungsverpflichtungen nicht erfüllt werden können, zum Beispiel: Mieten, Kredite für Betriebsräume, Leasingraten.

Die Soforthilfe wird im Rahmen eines einmaligen, nicht rückzahlbaren Zuschusses ausgezahlt. Sie ist nach der Zahl der Beschäftigten gestaffelt und ist je nach Bundesland unterschiedlich hoch.

Da der Leistungsbezug von Leistungen nach dem SGB II (sog. Arbeitslosengeld II) nicht förderschädlich ist, können auch Selbstständige, die aufstockend Leistungen nach dem SGB II beziehen, die Soforthilfe beantragen.

Darf die Soforthilfe angerechnet werden?

Fraglich ist jedoch, wie sich die Auszahlung der Soforthilfe auf den Leistungsanspruch nach dem SGB II auswirkt.

Laut den Dienstanweisungen der Bundesagentur für Arbeit (Stand 29.04.2020) stellt die Soforthilfe kein anrechenbares Einkommen dar, da sie für einen anderen Zweck als das SGB II zweckgebunden ausgezahlt wird.

Auch wenn dies zunächst beruhigend erscheint, ist es dies leider nicht.

Die Dienstanweisung führt weiter aus, dass die Liquiditätshilfe aber als Betriebseinnahme zu berücksichtigen sei.

Soweit sich unter Berücksichtigung der Soforthilfe sowie der weiteren Einnahmen des Betriebs kein Betriebsgewinn ergebe, bliebe – so die Bundesagentur – kein zu berücksichtigendes Einkommen nach §§ 11–11b SGB II übrig.

Sofern der Betrieb jedoch wegen der Soforthilfe einen Betriebsgewinn erwirtschaften sollte, wird der Überschuss wie ein selbst erwirtschafteter Betriebsgewinn behandelt. Solche Betriebsgewinne wären also nach den allgemeinen Regeln als Einkommen zu berücksichtigen.

Fraglich ist hier bereits, wie die Soforthilfe auf die Monate der Bewilligung aufgeteilt wird. Laut dem Soforthilfebescheid wird die Hilfe für 3 Monate gewährt, wäre somit auf 3 Monate aufzuteilen.

Gehen wir von einem Kleinunternehmer mit weniger als 5 Mitarbeitern in NRW aus, so würden somit 3.000 € für 3 Monate als Betriebseinnahmen berücksichtigt.

Sollte nach Abzug der notwendigen Betriebsausgaben ein Überschuss bestehen bleiben, wäre dies nach der Dienstanweisungen der Bundesagentur für Arbeit als betrieblicher Gewinn und somit als Einkommen im Rahmen des SGB II anzurechnen. Entsprechend würde sich der Leistungsanspruch, der den Lebensunterhalt sichern soll, verringern.

Diesbezüglich bestehen jedoch erhebliche Zweifel.

Zum einen wird – wie bereits dargestellt – die Soforthilfe zweckgebunden zur Vermeidung von Liquiditätsengpässen des Betriebs ausgezahlt und darf nicht für private Ausgaben bzw. zum Bestreiten des Lebensunterhalts genutzt werden. Dies würde jedoch die von der Bundesagentur vertretende Auffassung indirekt erzwingen.

Zum anderen sind Überkompensationen der Soforthilfe, also nicht genutzte Teile, nach Ablauf der 3 Monate an die ausgebende Stelle zurückzuzahlen. Da dies bereits in den Bescheiden festgelegt wird, halten ich eine Berücksichtigung der nicht genutzten Beträge als Betriebseinkommen für rechtswidrig.

Da die Dienstanweisungen der Bundesagentur nur die Agenturen für Arbeit binden, jedoch nicht die optierenden Kommunen, bleibt zu hoffen, dass diese der Bundesagentur nicht folgen werden.

Wehren Sie sich!

Sollte die Soforthilfe auf Ihre Leistungen direkt als Einkommen bzw. indirekt als Betriebseinnahme angerechnet werden, sollten Sie sich hiergegen wehren.

Gegen entsprechende Bescheide ist innerhalb von 1 Monat ab Zustellung Widerspruch bei der jeweiligen Behörde zu erheben.

Gegen Widerspruchsbescheide können Sie ebenfalls innerhalb eines Monats Klage beim Sozialgericht erheben.

Ebenfalls ist über einen einstweiligen Antrag vor dem Sozialgericht nachzudenken.

Haben Sie weitere Fragen, dann rufen Sie mich direkt an oder schreiben Sie mir eine Nachricht.

Magnus C. Hömberg

Rechtsanwalt

Fachanwalt für Sozialrecht


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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