Darf die Polizei mein Handy entsperren? [Update 1.12.23]

  • 2 Minuten Lesezeit

Die Situation: Sie sind in das Visier der Polizei geraten und diese will Ihr Mobiltelefon entsperren, um an die darin vorhandenen Daten zu gelangen. 

Sie nutzen für das Entsperren Ihres Mobiltelefons den Fingerabdrucksensor oder Gesichtserkennung). Die Polizei fordert Sie nun auf Ihr Mobiltelefon zu entsperren. Sie verweigern dies. Daraufhin nimmt die Polizei Ihnen Fingerabdrücke ab. Darf Sie das?

Rechtlich:
Grundsätzlich soll eine Rechtsgrundlage § 81b StPO darstellen, das sind die „erkennungsdienstlichen Maßnahmen“, soweit sie für die Zwecke der Strafverfolgung notwendig sind. Ob darunter auch die Abnahme von Fingerabdrücken zum Entsperren eines Mobilfunkgerätes fällt, ist aber umstritten.

Das Landgericht Ravensburg (Beschl. v. 14.02.2023 – 2 Qs 9/23) stellt klar, dass die Polizei Fingerabdrücke abnehmen darf, um das Mobiltelefon zu entsperren. Der Wortlaut von § 81b StPO sei „technikoffen“ gestaltet und passe deshalb auch die Entsperrung eines Mobiltelefons. Der Wortlaut erlaube auch „ähnliche Maßnahmen“, worunter nach dieser Auffassung auch die Entsperrung des Mobiltelefons durch die Gesichtserkennung fallen dürfte. Weiter geht das Gericht davon aus, dass die Maßnahme der Polizei notwendig und verhältnismäßig sei. Das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung bleibt hinter dem Interesse der Allgemeinheit an einer effektiven Strafrechtspflege zurück. Das halten wir für falsch!

Eine PIN muss nicht  herausgegeben! Ein  Entsperrmuster muss nicht gezeichnet werden muss! Tun Sie das deshalb auch niemals! 

Tipp: Wenn Sie z.B. beim iPhone links und rechts drücken bis "Ausschalten" erscheint und dann "Abbrechen", muss beim nächsten Öffnen zwingend die PIN eingegeben werden. Man kann Sie dann auch nicht festhalten und das Handy vor Ihr Gesicht halten, um dieses zu entsperren. Das ist Ihr gutes Recht und Ausfluss der verfassungsrechtlich garantierten Selbstbelastungsfreiheit, d.h. der Beschuldigte muss sich nicht selbst belasten und auch nicht der Strafverfolgungsbehörde bei der Aufklärung behilflich sein!

Wie verhalte ich mich nun? Zunächst ist anzuraten auf den Fingerabdrucksensor vollständig zu verzichten und die manuelle Eingabe zum Entsperren Ihres Mobiltelefons zu nutzen (PIN oder Entsperrmuster). Geben Sie der Polizei in keinem Fall Ihre PIN-Nummer heraus. Sie sind dazu nicht gesetzlich verpflichtet und erfahren durch die Weigerung auch keine rechtlichen Nachteile, durch die Herausgabe aber auch keinerlei Vorteile. Ob später die Herausgabe sinnvoll ist, klären Sie mit uns als Ihren Verteidigern. Die Polizei wird Ihnen etwas anderes sagen – aber das stimmt nicht! 

Rufen Sie an. Wir beraten bundesweit - per Telefon, Mail, WhatsApp und Zoom und natürlich persönlich. Die telefonische Erstberatung ist kostenfrei.

#701

Dr. Daniel Kötz berät bundesweit in Ermittlungsverfahren und Strafsachen bei Taten, die mit Worten, Daten und Bildern zu tun haben. Außerdem berät er im angrenzenden Familienrecht, d.h. wenn nicht nur die Polizei, sondern auch das Jugendamt vor der Tür steht.

Foto(s): Frank Beer

Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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