Erkennungsdienstliche Maßnahme – Darf die Polizei Nacktaufnahmen von mir anfertigen? [Update 10.7.24]

  • 2 Minuten Lesezeit

Die Situation: 

Sie werden verdächtigt, eine sexuell motivierte Straftat begangen zu haben (oder eine andere Straftat) und bekommen nun Post von der Polizei, bei der sie aufgefordert werden, sich bei der Polizeistelle einzufinden. Dort sollen von Ihnen u. a. Lichtbilder angefertigt werden zur Feststellung äußerer Körpermerkmale am gesamten Körper einschließlich des Intimbereiches (sog. Nackt – ED - Behandlung).

Doch darf die Polizei den Intimbereich fotografieren?

Das Gesetz:

Eine erkennungsdienstliche Maßnahme ist die Erfassung von personenbezogenen und biometrischen Daten einer Person durch die Polizei und richtet sich nach § 81b StPO. Sie kann notwendig sein zur Aufklärung und Verhinderung von künftigen Straftaten oder zur Identitätsprüfung. Darunter fällt bspw. die Abnahme von Finger- und Handflächenabdrücken, die Aufnahme von Lichtbildern, Messungen (Körpergröße), oder die Erfassung von besonderen Merkmalen (Narben, Tätowierungen). Wie es sich mit der Aufnahme von Lichtbildern des Intimbereiches verhält, ist umstritten.

Eine solche Maßnahme muss nach § 81b Abs. 1 StPO notwendig sein. Damit muss sich die Maßnahme an den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz halten und für die Erreichung des Zwecks geeignet, erforderlich und angemessen sein.

Bereits im Hinblick auf die Geeignetheit bestehen begründete Zweifel einer solchen Maßnahme.

So hat das VG Osnabrück (Az.: 6 B 43/14) bereits in Frage gestellt, welche Informationen denn aus der angeordneten Feststellung der körperlichen Merkmale im Intimbereich gewonnen werden könnten und wie diese Informationen für den vorausgesetzten Zweck dienlich sind.

Auch das VG Aachen (Az.: 6 K 2066/23) hat entschieden, dass eine solche Nackt–ED unverhältnismäßig und damit rechtswidrig war. Die Verhältnismäßigkeit besteht aus Erforderlichkeit, Eignung, dem Ziel zu dienen und der sog. Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne. Dabei werden die Erforderlichkeit und die Eignung (auch Geeignetheit) noch eimal mit den Rechten des Betroffenen abgewogen.

Fazit: 

Eine erkennungsdienstliche Maßnahme, die auch Aufnahmen des Intimbereichs umfasst, stellt einen tiefgreifenden und schwerwiegenden Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht dar. Um diesen Eingriff zu rechtfertigen, muss die Maßnahme sehr gutbegründet sein.  In vielen Fällen ist eine solche erkennungsdienstliche Maßnahme nicht gerechtfertigt.

Was tun, wenn Ihnen so ein Vorwurf gemacht wird? 

Am wichtigsten ist Ruhe zu bewahren. Ein solche erkennungsdienstliche Maßnahme sollten Sie keinesfalls unterschätzen. Die Polizei wird Ihnen androhen, dass die Sache zu Gericht geht, wenn Sie nicht freiwillig mitmachen. Lassen Sie sich nicht einschüchtern - denn das Gericht steht hier ehr auf ihrer Seite! Lassen Sie sich nicht freiwillig nackt fotografieren! Sprechen Sie vorher mit uns!

Wegen der mit den oben genannten Delikten einhergehenden Stigmatisierung ist es erforderlich, dass Sie den Kreis der Personen, die über die Maßnahme Bescheid wissen, klein halten.

Melden Sie sich gerne bei uns. Unsere Kanzlei ist mit solchen Vorwürfen vertraut und wir beraten Sie gerne, vorurteilsfrei und diskret. Nutzen Sie jederzeit Telefon, E-Mail oder WhatsApp.

Mitteilung: Seit dem 1. Juli 2024 verfügt die Kanzlei Kötz Fusbahn über eine Zweigstelle in Kollmar bei Glückstadt. Rechtsanwalt Dr. Kötz steht Ihnen damit bundesweit zur Verfügung, mit besonderem Fokus auf die Regionen Elmshorn, Itzehoe und Heide.


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Dr. Daniel Kötz ist Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht der ersten Stunde und auch die Ausbildung zum Fachanwalt für Strafrecht absolviert.

Foto(s): Frank Beer, Privat

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