Darf mein Chef mir während meines Urlaubs kündigen?

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Dieser Artikel beschäftigt sich mit der Frage, ob eine Kündigung während des Urlaubs wirksam ist. Außerdem wird beleuchtet, wie ein Arbeitnehmer vorgehen kann, wenn man wegen des Urlaubs die Frist zur Einreichung einer Kündigungsschutzklage versäumt hat oder diese nur noch knapp einhalten kann. 

 

Ist eine Kündigung im Urlaub rechtmäßig? 

Grundsätzlich ist eine Kündigung während der urlaubsbedingten Abwesenheit des Arbeitnehmers zulässig. Die Kündigung ist nicht allein deshalb unwirksam, weil die Zustellung der Kündigung während des Urlaubs des Arbeitnehmers erfolgt. Der Arbeitgeber ist auch in der Urlaubszeit des Arbeitnehmers dazu berechtigt, eine Kündigung auszusprechen. Für die rechtliche Wirksamkeit ist bedeutend, dass die Kündigung dem Mitarbeiter zugeht. Für den Zeitpunkt des Zugangs im Sinne des § 130 Abs. 1 BGB ist grundsätzlich nicht (nur) das Gelangen in den Machtbereich des Empfängers entscheidend, sondern vielmehr, wann nach gewöhnlichen Umständen mit einer Kenntnisnahme durch den Empfänger zu rechnen ist. Ob eine Kenntnisnahme zu diesem Zeitpunkt auch wirklich erfolgt, ist allerdings unerheblich. 

Das heißt, selbst wenn der Chef weiß, dass der Arbeitnehmer zu dieser Zeit nicht zu Hause ist, kann die Kündigung trotzdem wirksam zugestellt werden.

Wann ist der Zugang der Kündigung erfolgt? 

Wenn der Arbeitnehmer mittels Kündigungsschutzklage gegen die Kündigung vorgehen möchte, muss er die dreiwöchige Klagefrist des § 4 KSchG beachten. Die Frist beginnt zu laufen, sobald dem Arbeitnehmer die Kündigung zugegangen ist. Wurde die Kündigung ordnungsgemäß abgegeben, so wird sie durch Zugang wirksam, wenn sie in den Bereich des Empfängers gelangt ist und nach gewöhnlichen Umständen damit zu rechnen ist, dass sie zur Kenntnis genommen wird. Deshalb ist die Kündigung zugegangen, sobald sie in den Briefkasten des Arbeitnehmers gelangt und mit einer Leerung des Briefkastens normalerweise zu rechnen ist. Eine Kündigung geht - in der Regel und je nach Tageszeit - also am gleichen bzw. spätestens am Folgetag zu. Dies gilt auch, wenn der Arbeitnehmer sich zu der Zeit des Zugangs der Kündigung im Urlaub befindet. Denn den Adressaten des Kündigungsschreibens trifft die Obliegenheit, die für eine tatsächliche Kenntnisnahme notwendigen Vorkehrungen zu treffen; ein Unterlassen beeinträchtigt den Zugang nicht. Der Arbeitgeber muss indes den Zugang im Prozess beweisen können.   

Klagefrist abgelaufen – was nun? 

Hat der Arbeitnehmer urlaubsbedingt eine rechtzeitige Klageeinreichung verpasst, kann er einen Antrag auf Zulassung der verspäteten Klage gem. § 5 Abs.1 KSchG stellen. Danach hat der Arbeitnehmer die Möglichkeit, gegen die Kündigung vorzugehen, obwohl die Frist für die Klageerhebung bereits abgelaufen ist. Sowohl die Kündigungsschutzklage als auch der Antrag auf Zulassung der verspäteten Klage müssen spätestens innerhalb von zwei Wochen beim zuständigen Arbeitsgericht eingereicht werden, nachdem der Arbeitnehmer aus seinem Urlaub zurückgekehrt ist.  

Voraussetzung für die Zulassung einer verspäteten Klage ist, dass der Arbeitnehmer die Frist schuldlos versäumt hat. Nach der ständigen Rechtsprechung ist eine Schuldlosigkeit des Arbeitnehmers gegeben, wenn die Kündigungserklärung während der urlaubsbedingten Abwesenheit zugegangen ist (BAG, Urteil vom 24. 6. 2004 - 2 AZR 461/03, LAG Berlin, Beschluss vom 23. 8. 2001 - 7 Ta 1587/01). 

Der Arbeitnehmer muss gegenüber dem Gericht die Gründe für das Versäumen der üblichen Drei-Wochen-Frist glaubhaft machen und belegen können.  

Die Situation ist anders zu bewerten, wenn der Arbeitnehmer mit der Kündigung hätte rechnen müssen. In dem Fall hätte er entsprechende Vorkehrungen für die rechtzeitige Kenntnisnahme der Kündigung treffen müssen. Außerdem ist es anders zu bewerten, sollte der Arbeitnehmer langfristig urlaubsbedingt abwesend sein. In dem Fall ist es ihm zuzumuten, besondere Vorkehrungen zu treffen, um rechtzeitig Kenntnis von Zustellungen zu erlangen (BAG, Urt. v. 25.4.2018 – 2 AZR 493/17). 

 

Wie sollte sich der Arbeitnehmer verhalten, wenn die Kündigungsfrist noch nicht abgelaufen ist? 

Sollte die Klagefrist nach der Rückkehr des Arbeitnehmers noch nicht abgelaufen sein, sollte er die restliche Zeit nutzen, um fristgerecht Klage zu erheben. Sollte er die Frist versäumen, wird die Kündigungsschutzklage als unzulässig abgewiesen. Zwar wird teilweise in der Literatur eine Überlegungsfrist von drei Tagen diskutiert, wodurch der Arbeitnehmer einen Antrag auf Zulassung einer verspäteten Klage auch in einem solchen Fall stellen könnte. Die Möglichkeit einer kostenfreien Klagerücknahme steht der Gewährung einer solchen Frist aber entgegen. Ein Arbeitnehmer sollte sich somit nicht darauf verlassen und stattdessen schnell handeln. 

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*Aus Gründen besserer Lesbarkeit wurde im Text die männliche Form gewählt, nichtsdestoweniger beziehen sich die Angaben auf Angehörige aller Geschlechter 


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