Für den Chef unterwegs – die fünf wichtigsten Rechtsfragen zur Dienstreise
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Die Dienstreise ist aus der heutigen Geschäftswelt nicht mehr wegzudenken. Sie gehört zum Arbeitsalltag der Unternehmen, die häufig explizite Richtlinien und Betriebsvereinbarungen zum Thema Reise und deren innerbetriebliche Abrechnung haben. Arbeitsrechtlich ist die Geschäftsreise ein eigener Themenkomplex, denn wenn Arbeitnehmer für den Chef unterwegs sind oder unterwegs sein sollen, gibt es auch rechtlich eine Menge verschiedenster Fragen zu klären. Zu den wichtigsten arbeitsrechtlichen Rechtsfragen zählen bei der Geschäftsreise die Verpflichtung zum Antritt einer Dienstreise, die Einordnung der Reisezeit, die Vergütung der Überstunden sowie der Anspruch auf Vielfliegerrabatt und Entschädigungszahlungen.
Ist die Geschäftsreise Pflicht?
Die erste arbeitsrechtliche Frage stellt sich schon vor Antritt der Geschäftsreise. Gehört die Geschäftsreise überhaupt zum Pflichtenprogramm von Arbeitnehmern, kann der Chef die Geschäftsreise einfach anordnen oder kann man die Geschäftsreise als Arbeitnehmer ablehnen? Gerade wenn Kinder im Spiel sind oder man die eigenen Eltern pflegt, sorgt die Dienstreise nicht gerade für Jubelschreie. Trotzdem sind Geschäftsreisen im Regelfall Pflicht und keine Kür des Arbeitnehmers. In vielen Bereichen gehört die Geschäftsreise quasi schon mit zur Jobbeschreibung und ist daher stets Pflicht, weil sich der Beruf ohne Dienstreise kaum ausüben lässt. Klassische Beispiele für solche beruflichen Bereiche, die nicht ohne Geschäftsreisen auskommen, sind der Vertrieb, das Management oder der Außendienst.
Aber auch in allen anderen beruflichen Bereichen kann eine Geschäftsreise verpflichtend sein. Rechtsgrundlage ist stets der Arbeitsvertrag. Enthält dieser eine Klausel, wonach Dienstreisen zu den Aufgaben des Arbeitnehmers gehören, sind sie Pflicht. Aber selbst wenn der Arbeitsvertrag zum Thema Dienstreise schweigt, können Arbeitnehmer zur Geschäftsreise verpflichtet werden, denn dem Arbeitgeber steht in diesen Fällen das sog. Direktionsrecht zu. Das Direktionsrecht ist ein arbeitsrechtliches Instrument, das immer dann greift, wenn der Arbeitsvertrag Fragen offen lässt. Das Direktionsrecht oder Weisungsrecht ermöglicht es dem Arbeitgeber, bei solchen Fragen die Arbeitspflicht des Arbeitnehmers rechtlich verbindlich festzulegen. Das Direktionsrecht konkretisiert die arbeitsvertraglichen Pflichten und kann sich auf den Ort, den Inhalt und die Arbeitszeit beziehen. Der Arbeitgeber hat deshalb ein Weisungsrecht, mit dem er auch eine Geschäftsreise anordnen kann. Voraussetzung ist allerdings, dass die Dienstreise zur vertraglich vereinbarten Tätigkeit passt und der Umfang der Reise zumutbar ist. Da sich die Zumutbarkeitsgrenze rechtlich nur schwer definieren lässt, sollte man als Arbeitnehmer die Dienstreise sicherheitshalber antreten.
Geschäftsreisen gehören also im Regelfall zu den arbeitsrechtlichen Pflichten und können daher nicht abgelehnt werden. Rechtsgrundlage für die Anordnung ist dabei der Arbeitsvertrag in Verbindung mit dem Direktionsrecht des Arbeitgebers. Verweigert man den Antritt einer Dienstreise, kann das ernste Konsequenzen haben, denn es droht schlimmstenfalls eine Abmahnung oder Kündigung.
Wann gilt die Reisezeit als Arbeitszeit?
Die Reisezeit zählt bei der Geschäftsreise nicht immer als Arbeitszeit. Entscheidend für die Frage, ob Arbeitnehmer die aufgewendete Reisezeit als Arbeitszeit vergütet bekommen, ist, ob der Chef zur Nutzung der Zeit Vorgaben macht. Reisezeit ist nur dann Arbeitszeit, wenn der Arbeitgeber auf ihr ausdrücklich Arbeitsleistungen verlangt. Schreibt der Arbeitgeber vor, dass man mit dem eigenen Fahrzeug fahren oder im Zug z. B. ein Meeting vorbereiten, Akten lesen, E-Mails beantworten oder Tagungsergebnisse aufarbeiten soll, wird die Reisezeit selbst zur Arbeitszeit. Überlässt der Arbeitgeber dagegen dem Arbeitnehmer, wie er zum Geschäftstermin reist und was er auf der Reise tut, zählt diese nicht als Arbeitszeit, da der Arbeitnehmer die Möglichkeit hat, die Reisezeit als Erholungszeit zu nutzen. Dies hat auch das oberste Arbeitsgericht in einem Urteil klargestellt. Nach dem Bundesarbeitsgericht (BAG) gilt die Reisezeit nicht als vergütungspflichtige Arbeitszeit, wenn der Arbeitgeber nur die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel vorschreibt, aber für die Fahrt selber nichts vorgibt. In diesem Fall können Arbeitnehmer auf der Bahnfahrt z. B. schlafen oder einen Roman lesen. Demzufolge handelt es sich nach den Richtern am BAG um Freizeit. (BAG, Urteil v.11.06.2006, Az.: Az. 9 AZR 519/05)
Die Reisezeit wird damit erst dann zur Arbeitszeit, wenn der Arbeitnehmer konkrete Vorgaben vom Arbeitgeber erhält. Eine bedeutende Ausnahme von dieser Grundregel gibt es für Außendienstmitarbeiter. Nach einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zählt bei Mitarbeitern im Außendienst die Anreise zum ersten Termin sowie die Rückreise vom letzten Termin zur Arbeitszeit. Nach Ansicht der europäischen Richter müssen Außendienstmitarbeiter während dieser Fahrzeit dem Arbeitgeber zur Verfügung stehen und dessen möglicherweise kurzfristige Anweisungen zur Reihenfolge der Termine befolgen. Bei Handwerkern und Co. zählt die Fahrt zum Kunden daher generell zur Arbeitszeit. (EuGH, Urteil v. 10.09.2105, Az.: C‑266/14)
Aus arbeitszeitrechtlicher und entgeltrechtlicher Sicht gehört die Reisezeit also nur dann zur Arbeitszeit, wenn der Arbeitgeber Vorgaben zur Nutzung der Zeit macht oder die Reise mit dem PKW anordnet. Für den großen Bereich der Außendienstmitarbeiter hat der EuGH eine zentrale Grundsatzentscheidung getroffen, sodass deren Anfahrt zum ersten Kunden sowie die Abfahrt vom letzten Kunden nach Hause stets zur Arbeitszeit gehören.
Was gilt bei Überstunden auf einer Geschäftsreise?
Geschäftsreisen sind für Überstunden besonders anfällig – gerade dann, wenn die Arbeitszeit als Reisezeit gilt. Für den Umgang mit diesen Überstunden gilt aber das Gleiche wie für jede andere gesammelte Überstunde auch. Geschäftsreisen führen daher nur dazu, dass man vergleichsweise schnell relativ viele Überstunden ansammelt. Ob und wie diese vergütet oder ausgeglichen werden, ist entweder im Arbeitsvertrag, in einer Betriebsvereinbarung oder einem Tarifvertrag geregelt. Abhängig von der entsprechenden betrieblichen oder arbeitsvertraglichen Regelung werden die gesammelten Überstunden normal oder mit Zuschlägen vergütet oder als Freizeitausgleich abgegolten.
Bei der einzelvertraglichen Regelung gibt es Grenzen. Wenn die Frage zum Umgang mit Überstunden im Arbeitsvertrag geregelt ist, gilt nämlich zum Schutz der Arbeitnehmer, dass dieser ihn nicht unzumutbar benachteiligen darf. So ist z. B. eine Regelung unwirksam, wonach erforderliche Überstunden überhaupt nicht vergütet oder mit dem normalen Arbeitslohn abgegolten sind. Ebenfalls unzulässig ist eine pauschale Vergütung, wenn nicht eindeutig ist, welche Leistungen davon erfasst werden.
Wer bekommt den Vielfliegerrabatt?
Gerade wenn die Dienstreise zur Jobbeschreibung gehört und die Geschäftsreise fester Bestandteil des arbeitsrechtlichen Alltags ist, sammeln Arbeitnehmer auf ihren Geschäftsreisen zahlreiche Flugmeilen. Diese Flugmeilen führen durch die Bonus-Programme der Fluggesellschaften zu Kostenvorteilen. Die Frage, wer diesen Kostenvorteil bekommt, musste das oberste deutsche Arbeitsgericht in Erfurt beantworten. Nach der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) entscheidet der Arbeitsvertrag darüber, ob die Bonusmeilen dem Arbeitgeber oder dem Arbeitnehmer zustehen. Enthält der Arbeitsvertrag keine explizite Regelung zu den Bonusmeilen, stehen diese grundsätzlich dem Arbeitgeber zu. Grund dafür ist nach dem BAG, dass Geschäftsreisen regelmäßig im Auftrag und auf Kosten des Arbeitgebers durchgeführt werden. Deshalb stehen ihm auch die Sondervorteile der genutzten Fluggesellschaft zu, solange es keine andere Regelung gibt. (BAG, Urteil v. 11.04.2006, Az.: 9 AZR 500/05)
Arbeitnehmer haben daher nur Anspruch auf die gesammelten Bonusmeilen, wenn ihr Arbeitsvertrag, eine Betriebsvereinbarung oder ein Tarifvertrag eine entsprechende Regelung enthält. Arbeitnehmern können gesammelte Flugmeilen aber auch zustehen, wenn der Arbeitgeber die private Nutzung der Flugmeilen über einen längeren Zeitraum hinweg duldet, wodurch eine betriebliche Übung entsteht. Die betriebliche Übung ist ein arbeitsrechtlicher Gestaltungsfaktor, bei dem Arbeitnehmern ein Rechtsanspruch auf eine Leistung entsteht, die der Arbeitgeber über einen längeren Zeitraum freiwillig gewährt hat. Absoluter Klassiker der betrieblichen Übung ist das Weihnachtsgeld oder Urlaubsgeld, aber auch die Duldung bestimmter Verhaltensweisen wie die Gestaltung des Arbeitsplatzes mit persönlichen Gegenständen oder eben die Verwendung beruflich gesammelter Bonusmeilen für private Reisen.
Wer beruflich viel mit dem Flugzeug unterwegs ist, sammelt so schnell ein dickes Bonusmeilenkonto an. Der hierdurch entstehende Vielfliegerrabatt steht grundsätzlich dem Arbeitgeber zu, außer es gibt eine andere vertragliche Regelung oder eine entsprechende betriebliche Übung.
Entschädigung bei Verspätungen von Bahn, Flug & Co.?
Wenn für die Geschäftsreise nicht der Firmenwagen, sondern öffentliche Verkehrsmittel benutzt werden, stellt sich die Frage wem bei Verspätungen die entsprechende Entschädigung zusteht. Sowohl bei der Bahn als auch im Flugverkehr gibt es verschiedene Vorschriften, wonach Reisende bei Verspätungen und Ausfällen einen Entschädigungsanspruch haben. So bekommen Flugreisende nach einer europäischen Verordnung z. B. bis zu 600 Euro als Entschädigung, während die Bahn für Verspätungen bis zu 50 % des ursprünglichen Reisepreises erstattet. Diese Ausgleichsansprüche für Flugverspätungen stehen nach dem Wortlaut der Fluggastrechte-Verordnung dem Geschäftsreisenden selbst zu, auch wenn das Unternehmen den Flug bezahlt hat. Jedoch treffen viele Unternehmen mit ihren Angestellten eine Vereinbarung, wonach der Arbeitnehmer etwaige Entschädigungsansprüche an den Arbeitgeber abtritt.
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